Elon Musk
Reuters/Patrick Pleul
US-Regierung soll bezahlen

Musk stellt Rechnung für Ukraine-Starlink

Nur kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine hat Tech-Milliardär Elon Musk mit der Freischaltung seines Starlink-Dienstes die Ukraine mit einer anhaltend wichtigen Internetverbindung versorgt. Mittlerweile befinden sich in der Ukraine zwischen 20.000 und 25.000 Terminals, so der US-Sender CNN, dessen Angaben zufolge es Musks Satelliteninternet wohl nicht frei Haus geben dürfte.

Das für Starlink zuständige Raumfahrtunternehmen SpaceX habe das US-Verteidigungsministerium nun in einem Brief aufgefordert, die Kosten für die Nutzung von Starlink durch die ukrainische Regierung und deren Armee zu übernehmen. „Wir sind nicht in der Lage, weitere Empfangsanlagen an die Ukraine zu spenden oder die bestehenden Terminals auf unbestimmte Zeit zu finanzieren“, zitierte CNN am Donnerstagabend (Ortszeit) aus dem von SpaceX an das Pentagon gerichteten Schreiben.

Die Operation habe SpaceX bisher 80 Millionen Dollar (rund 82 Mio. Euro) gekostet und werde bis Ende des Jahres wohl die 100-Millionen-Dollar-Schwelle überschreiten, teilte Musk am Freitag via Twitter mit. Er stellte dabei Medienberichte in Abrede, wonach für die Starlink-Terminals und -Dienstleistungen bereits bezahlt worden sei. Das sei „nur für einen kleinen Teil der Fall“, hieß es in Musks Tweet.

Eine Antenne des satellitengestützten Breitbandsystems Starlink in der Region Charkiw
APA/AFP/Yasuyoshi Chiba
Für Beobachter war Musks Starlink im Ukraine-Krieg ein Wendepunkt

Das Paket umfasse neben den Endgeräten auch Satelliten und Bodenstationen. Diese müsse man „entwickeln, starten, warten und nachrüsten“. Musk verwies zudem auf weitere Kosten etwa für Telekommunikationsunternehmen. Dazu komme der zunehmend schwieriger werdende Schutz gegen Cyberangriffe und Störsender – das ergebe in Summe Kosten von 20 Millionen Dollar pro Monat, wie Musk via Twitter vorrechnete.

US-Beamter laut CNN: „Frechheit“

Im US-Verteidigungsministerium fühlt man sich offenbar wie vor den Kopf gestoßen. SpaceX besitze „die Frechheit, wie ein Held dazustehen“, während anderen neben bereits bezahlten Beträgen nun eine weitere Rechnung in zweistelliger Millionenhöhe pro Monat präsentiert werde, sagte ein hochrangiger Ministeriumsbeamter laut CNN.

Neben einer frühen Unterstützung in Höhe von rund drei Millionen Dollar für Hardware und Dienstleistungen der US-Behörde für internationale Entwicklung ist laut CNN Polen mit fast 9.000 Terminals der bisher größte Einzelspender. Von 20.000 Terminals seien 85 Prozent von diversen Ländern und Einrichtungen ganz bzw. teilweise bezahlt worden. Unterschiedliche Angaben gibt es über die Servicekosten. Laut SpaceX sind diese der weitaus teurere Teil, und von diesem habe man in der Ukraine bisher 70 Prozent bezahlt.

„SpaceX vor sehr schwierigen Entscheidungen“

CNN-Angaben zufolge habe SpaceX für dieses Jahr die Kosten des ukrainischen Starlink-Engagements mit 120 Mio. beziffert, für weitere zwölf Monate seien es dann fast 400 Mio. Dollar. Mit Verweis auf dem US-Sender vorliegende Dokumente habe der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj erst im Juli fast 8.000 weitere Starlink-Terminals angefordert.

„SpaceX steht hier vor sehr schwierigen Entscheidungen. Ich glaube nicht, dass sie finanziell in der Lage sind, zusätzliche Terminals oder Dienste wie von General Saluschnyj gefordert bereitzustellen“, zitierte CNN aus einem weiteren Schreiben an das Pentagon, das ein für SpaceX arbeitender externer Berater verfasst haben soll.

Berichte über weitreichende Ausfälle

CNN verwies auch auf Berichte über zuletzt kolportierte, möglicherweise weitreichende Starlink-Ausfälle auf den ukrainischen Kriegsschauplätzen. Die Ausfälle beträfen die gesamte Front, berichtete der US-Sender mit Verweis auf mit der Sache vertraute Quellen.

Einem Bericht der „Financial Times“ („FT“) zufolge hatten ukrainische Truppen jüngst Ausfälle von Starlink-Geräten an der gesamten Front gemeldet. Da das System für die ukrainischen Streitkräfte mittlerweile eine zentrale Rolle spielt, seien die Folgen für die laufende Gegenoffensive nicht absehbar. Das Starlink-Problem verdeutlicht laut „FT“ aber bereits „die Gefahren der digitalen Abhängigkeit“.

Starlink wurde wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges Ende Februar in der Ukraine aktiviert und später die nötigen Empfangsanlagen geliefert. Das System stellt schnelle Internetverbindungen über eigene Satelliten her. In Gebieten, in denen es aufgrund zerstörter Infrastruktur keinen Zugang zu Mobilfunk und Internet mehr gibt, dient es sowohl Zivilisten als auch dem ukrainischen Militär als zentrales Kommunikationsmittel.

Abfuhr für Musks Friedensplan

„Kyjv Post“-Korrespondent Jasons Smart bezeichnete Starlink als einen „Gamechanger“ im Ukraine-Krieg – via Twitter erinnerte Smart aber auch an die jüngsten Verstimmungen zwischen Musk und der ukrainischen Regierung.

Auslöser war Musks Twitter-Aufruf, über einen von ihm vorgeschlagenen Plan zur Beendigung des russischen Krieges in der Ukraine abzustimmen. Konkret schlug Musk für die vier von Russland mittlerweile annektierten ukrainischen Regionen eine von den Vereinten Nationen (UNO) überwachte Wahl vor. Sollte es eine Mehrheit gegen eine russische Annexion geben, dann würde Russland abziehen, so Musk, der sich aber auch dafür aussprach, dass die 2014 von Russland annektierte Krim bei Russland bleibt.

„Welchen Musk mögen Sie mehr?“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte umgehend mit seiner eigenen Umfrage auf der Plattform. „Welchen Elon Musk mögen Sie mehr?“, twitterte er und bot zwei Antworten an: „Einen, der die Ukraine unterstützt“ oder „einen, der Russland unterstützt“. Noch deutlichere Worte kamen in der Folge vom scheidenden ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, der Musk via Twitter die „diplomatische Antwort“ zukommen ließ, sich zum Teufel zu scheren.