Ulf Kristersson, Jimmie Åkesson,  Ebba Busch und Johan Pehrson
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Schweden

Rechtspopulisten stützen neue Regierung

Der Konservative Ulf Kristersson hat sich in Schweden mit mehreren Parteien einschließlich der rechtspopulistischen Schwedendemokraten auf eine Regierungsgrundlage geeinigt. Zwar sollen die Rechtspopulisten nicht Teil der Regierung sein, aber eng mit den Regierungsparteien zusammenarbeiten – ein Novum in der Geschichte des skandinavischen Landes.

Kristerssons konservative Moderate werden gemeinsam mit den Christdemokraten und den Liberalen eine Regierung bilden, die im Parlament mit den Schwedendemokraten zusammenarbeiten wird, wie der konservative Parteichef am Freitag auf einer Pressekonferenz in Stockholm bekanntgab.

Parlamentspräsident Andreas Norlen kündigte bereits an, eine Parlamentsabstimmung über Kristersson als neuen Ministerpräsidenten anzusetzen. Der schwedische Reichstag wird dann am Montag über Kristersson abstimmen – spricht sich dabei keine Mehrheit gegen ihn aus, gilt er als gewählt. Seine neue Regierung könnte dann schon am Dienstag präsentiert und vom König im Amt vereidigt werden.

Ulf Kristersson
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Der Konservative Kristersson wird wohl Schwedens nächster Ministerpräsident

Rechtspopulisten zweitstärkste Kraft

Der konservativ-rechte Parteienblock um Kristerssons Moderate und die erstarkten Schwedendemokraten hatte bei der Parlamentswahl am 11. September eine knappe Mehrheit von 176 der 349 Sitze erzielt. Damit wurde nach acht Jahren sozialdemokratischer Führung mit einem Regierungswechsel gerechnet.

Rechtspopulisten unterstützen schwedische Regierung

In Schweden haben sich drei Parteien des rechten Lagers auf die Bildung einer Regierung geeinigt, die erstmals auch von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten unterstützt wird. Die konservativen Moderaten von Ulf Kristersson werden gemeinsam mit den Christdemokraten und den Liberalen eine Regierung bilden.

Die Schwedendemokraten erzielten bei der Wahl mit rund 20 Prozent ein Rekordergebnis und lösten die Moderaten erstmals als zweitstärkste Kraft ab. Die Sozialdemokraten, die traditionell stärkste Kraft in Schweden, kamen mit rund 30 Prozent zwar auf Platz eins. Ministerpräsidentin Magdalena Andersson musste jedoch wegen des schlechten Abschneidens von zwei ihrer drei Unterstützer, insbesondere der Zentrumspartei, den Hut nehmen.

Ulf Kristersson, Jimmie Åkesson,  Ebba Busch und Johan Pehrson
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Die neue Regierung besteht aus drei Parteien aus dem rechten Lager – und wird von den Schwedendemokraten unterstützt

Schwierige Regierungsbildung

Allerdings war lange unklar, ob sich Moderate, Christdemokraten und Liberale mit den Schwedendemokraten auf eine Regierungsgrundlage einigen könnten. Ohne die Rechtspopulisten kommen die drei Parteien auf keine eigene Mehrheit.

Schwedendemokraten

Die aus der Neonazi-Bewegung Ende der 1980er Jahre hervorgegangenen Schwedendemokraten des Vorsitzenden Jimmie Akesson waren 2010 mit 5,7 Prozent der Stimmen erstmals in den schwedischen Reichstag eingezogen, 2018 erreichten sie bereits 17,5 Prozent.

Minderheitsregierungen sind in Skandinavien keine Seltenheit – neu dagegen ist, dass eine solche Konstellation in Schweden auf die Unterstützung der Rechtspopulisten zählen wird.

Kristersson will „gespaltenes Land einen“

Die vier Parteien legten am Freitag auf einer Pressekonferenz Pläne für ihre Zusammenarbeit vor. Darin kündigten sie sowohl den Bau neuer Atomreaktoren als auch ein hartes Vorgehen gegen Kriminalität und bei der Einwanderung an. „Ein Wandel ist nicht nur notwendig, sondern auch möglich, und wir vier können ihn herbeiführen“, sagte Kristersson.

Kristersson kündigte bereits kurz nach der Wahl an, das „gespaltene“ Land wieder zu „einen“. Weiter sagte er: „Jetzt machen wir Ordnung in Schweden.“ Damit spielte er auf die eskalierende Bandengewalt an, die nach Einschätzung vieler Beobachterinnen und Beobachter wahlentscheidend war.

Migration großes Thema

So war auch das Wahlkampfthema Nummer eins die Gewaltspirale der vergangenen Jahre. Erst im Sommer hatte es in Schweden eine Serie von Gewalttaten mit Verbindung zur organisierten (Drogen-)Kriminalität gegeben. Laut dem Schwedendemokraten Akesson ist vor allem die „große, unkontrollierte und nachlässige Migrationspolitik“ schuld an der hohen Bandenkriminalität.

Schweden mit seinen zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern nahm in den vergangenen zehn Jahren fast eine halbe Million Asylwerberinnen und Asylwerber auf. Die klare Ablehnung von Zuwanderung und gleichzeitige Verteidigung des schwedischen Wohlfahrtsstaats haben Beobachtern zufolge die Schwedendemokraten vor allem bei unteren Einkommensschichten und Pensionisten beliebt gemacht.

Akesson erklärte, er hätte es zwar „vorgezogen, in der Regierung zu sitzen“, „am wichtigsten“ sei aber, dass seine Partei als größte rechtsgerichtete Partei Einfluss auf die Politik habe und der Regierungswechsel einen „Paradigmenwechsel“ darstelle. „Wir werden Politik machen, vor allem in den Bereichen, die unsere Wähler für besonders wichtig halten – und die Kriminalitätsbekämpfung ist ein solcher Bereich“, sagte Akesson.