Demonstration in Paris
Reuters/Stephane Mahe
Zigtausende bei Demo

Melenchon macht gegen Macron mobil

Zehntausende Menschen haben in Paris am Sonntag gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron demonstriert. Zu dem „Marsch gegen das teure Leben und das Nichtstun in der Klimakrise“ hatte die Linkspartei von Jean-Luc Melenchon aufgerufen. Der Protest gegen die Regierungspolitik sollte zugleich auch eine Einigkeit der Linken demonstrieren.

Die Stimmung in Frankreich ist seit Tagen stark angespannt. Wegen des Ukraine-Krieges und des Ausfalls etlicher Atomreaktoren ruft die Regierung die Bürgerinnen und Bürger zum Energiesparen auf. Und wegen eines seit über zwei Wochen anhaltenden Streiks für mehr Lohn von Raffineriepersonal gibt es nach Regierungsangaben etwa bei einem Drittel der Tankstellen im Land Spritmangel.

An manchen Tankstellen wurde der Kraftstoff zu drei Euro pro Liter verkauft. Trotz einer Teileinigung mit den Gewerkschaften setzten die Beschäftigten in den fünf Raffinerien von TotalEnergies ihren Streik fort. Für Dienstag haben bereits mehrere Gewerkschaften zum Streik aufgerufen, insbesondere bei der französischen Bahn und im Pariser Nahverkehr.

Demonstration in Paris
Reuters/Stephane Mahe
Gegen die Regierungspolitik gingen Zehntausende auf die Straßen

Im Elysee-Palast macht sich deshalb die Sorge breit, dass die Situation wieder ähnliche Proteste entzünden könne wie die der „Gelbwesten“ 2018 und 2019. Damals war die Erhöhung von Steuern auf Kraftstoff der Auslöser für umfangreiche Sozialproteste gewesen.

Nobelpreisträgerin marschierte mit

Für Sonntag riefen mehrere Gewerkschaften, Organisationen und linke Parteien zum Protest auf. Gekommen sind nach Initiatorenangaben 140.000 Menschen. Die Polizei sprach von 30.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Rund hundert Busse aus ganz Frankreich brachten Demonstrierende nach Paris. Die Demonstrierenden forderten unter anderem die Pension mit 60, eine Erhöhung der Gehälter, eine Preisbremse, die Besteuerung von Übergewinnen und mehr Gewicht für den Klima- und Umweltschutz.

Die Demonstration selbst verlief ohne größere Zwischenfälle. Am Rande der Kundgebung kam es jedoch zu kleineren Zusammenstößen. Die Polizei setzte Tränengas ein, als sie mit Gegenständen beworfen wurde. Mehrere Fensterscheiben gingen zu Bruch, einige schwarz gekleidete, maskierte Männer verwüsteten eine Bankfiliale.

Annie Ernaux und Jean-Luc Melenchon
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Melenchon marschierte gemeinsam mit der Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux bei der Demonstration

Der frühere linkspopulistische Präsidentschaftskandidat Melenchon marschierte – mit erhobener Faust – neben der designierten Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux. Neben Ernaux hatten etwa 60 bekannte Kulturschaffende zu der Demonstration aufgerufen – darunter auch der Macron-Gegner und Schriftsteller Didier Eribon.

Inflationsrate vergleichsweise gering

Für die Teuerung machten die Demonstrierenden die Regierung verantwortlich. Diese tue zu wenig für die Bevölkerung, hieß es. In Frankreich wurden bereits im vergangenen Herbst die Strom- und Gaspreise gedeckelt. Für rund sechs Millionen Haushalte mit geringem Einkommen wurde zusätzlich ein Energiescheck über 100 Euro ausgezahlt. Im Jänner entschied die Regierung, den Preisanstieg bei Strom für 2022 auf vier Prozent zu begrenzen. In Frankreich liegt die Inflationsrate deutlich unter jener in Österreich.

Macrons Lager befindet sich im Parlament in der Defensive. Bei der Parlamentswahl hatte sein Bündnis die absolute Mehrheit verloren. Das macht es für ihn viel schwieriger, seine innenpolitische Agenda gegen erstarkte Gegner durchzusetzen. Insbesondere die Diskussion über den Haushaltsplan der Regierung für das nächste Jahr erweist sich als schwierig.

Demonstration in Paris
APA/AFP/Christophe Archambault
Rund 2.000 Beamte und Beamtinnen waren im Einsatz

Womöglich wird das Bündnis deshalb einen Sonderartikel der Verfassung nutzen, mit dem der Haushalt am Ende auch ohne Abstimmung im Parlament als angenommen gilt. In einer Rede bei der Demonstration beschuldigte Melenchon Macron, Frankreich ins „Chaos“ zu stürzen.

„Das Volk dürstet nach Gerechtigkeit“

Clemence Guette, Abgeordnete der linkspopulistischen Partei La France Insoumise (LFI), freute sich über die „Demonstration der Stärke“ und sagte: „Da erwacht etwas, und das ist ein sehr gutes Zeichen.“ Auf einem Transparent, das in der Nähe der Place de la Nation hochgehalten wurde, war zu lesen: „Soziale Hitzewelle, das Volk dürstet nach Gerechtigkeit“. Ein anderes Schild warnte: „Die Pension ist gut, die Offensive ist besser“.

Der Generalsekretär der Sozialistischen Partei, Olivier Faure, sagte: „Die Botschaft ist einfach: Wir wollen eine bessere Verteilung des Reichtums.“ Unter den Teilnehmern waren auch viele „Gelbwesten“ und zahlreiche Pensionisten und Pensionistinnen.

Demo gegen Teuerung und „Klimapassivität“

Zehntausende Menschen haben heute in Paris gegen hohe Preise und „Klimapassivität“ demonstriert. Nach Angaben der Organisatoren gingen 140.000 Menschen in der französischen Hauptstadt auf die Straße. Die Demonstrierenden forderten unter anderem die Pension mit 60, eine Erhöhung der Gehälter, eine Preisbremse, die Besteuerung von Übergewinnen und mehr Gewicht für den Umweltschutz.

Der von rund 2.000 Polizisten gesicherte Protestmarsch sollte nicht nur eine Machtdemonstration gegen Macron sein, sondern auch die Einigkeit der Linken gegen die Regierung demonstrieren. In den vergangenen Monaten wurde Frankreichs Linke durch Schlagzeilen über Gewaltvorwürfe gegen Frauen in den eigenen Reihen erschüttert. Zwei Parteifunktionäre der Linkspartei und der Grünen traten daraufhin zurück.

Nicht alle Gewerkschaften ziehen mit

Bei der Vorbereitung der Demonstration zeigten sich aber einmal mehr Risse im links-grünen Bündnis. Der ehemalige grüne Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot lehnte eine Teilnahme ab, ebenso wie der Parteichef der Kommunisten, Fabien Roussel.

Zudem unterstützten nicht alle Gewerkschaften die Demonstration. CGT-Generalsekretär Philippe Martinez kritisierte eine „Parallelaktion“ zu den gewerkschaftlich organisierten Protesten. Er halte nichts von einer nationalen Demonstration in Paris, seine Gewerkschaft bevorzuge örtliche Proteste, sagte er.