Frauen werden in einem Lager in der Nähe von Dollow (Somalia) versorgt
AP/Jerome Delay
Somalia

Zwischen Hunger, Seuchengefahr und Terror

In Somalia spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab. Das ostafrikanische Land bekommt die Klimakrise stark zu spüren und steht kurz vor der Ausrufung einer weiteren Hungerkatastrophe – es wäre die zweite in etwas mehr als einem Jahrzehnt. Hilfsorganisationen gehen von einer drastischen Verschlechterung der Lage aus. Zudem drohen Seuchen. Das Land wird obendrein von Anschlägen der dschihadistischen Al-Schabab-Miliz überzogen.

NGOs und deren Kräfte in dem Land schlagen wegen der sich laufend verschlechternden humanitären Lage Alarm. Es wird erwartet, dass die Regierung bald offiziell eine Hungersnot ausrufen wird, wie CBS News nun berichtete. Das löst zwar keine rechtlichen Schritte aus, aber meist wird damit die internationale Gemeinschaft schneller dazu gebracht zu helfen.

Laut Hilfsorganisationen hat die grassierende Dürre bereits eine Massenmigration verzweifelter Familien ausgelöst. Sie können oft ihre Kinder nicht mehr ernähren. Die vor der Dürre Flüchtenden kommen in Lagern mit Behausungen, die oft selbst gebaut sind und teils nur aus Bretterverschlägen bestehen, oder in den städtischen Zentren und da meist in Slums unter.

Frauen stehen in der Nähe von Mogadischu (Somalia) mit Töpfen in einer Schlange
AP/Farah Abdi Warsameh
Frauen stellen sich um Wasser an

UNO: Wird schlimmer als Hungersnot 2011

Manche machten sich allerdings zu spät in die provisorischen Lager auf, um noch angemessen Hilfe zu erhalten, so CBS News. Der Grund: Sie wollten noch auf Regen warten. Es wird jedoch erwartet, dass sich die Bedingungen mit dem nahenden Winter noch verschlechtern.

Seit Ende 2020 sind vier Regenzeiten in dem Land ausgefallen, auch im Oktober wird es voraussichtlich keinen Niederschlag geben, das wäre der fünfte Ausfall der Regensaison. 7,8 Millionen Menschen – fast die Hälfte der Bevölkerung – sind der UNO zufolge von der Dürre betroffen, 213.000 von ihnen sind akut vom Hungertod bedroht.

Der Leiter des UNO-Nothilfebüros (OCHA), Martin Griffiths, verlangte vor Kurzem sofortige und dringende Hilfe – vor allem in den südlichen Regionen Baidoa und Burhakaba. Laut Griffiths ist die Lage noch schlimmer als bei der letzten Hungersnot 2011, durch die 260.000 Menschen starben, mehr als die Hälfte davon Kinder unter fünf Jahre. Somalia hat rund 17,1 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.

Menschen werden in einem Lager in Mogadischu (Somalia) mit Essenspaketen des Roten Halbmondes versorgt
Reuters/Feisal Omar
Hilfspakete enthalten das Notwendigste

Familien haben durch Dürre oft alles verloren

In Sachen Hilfe, etwa auch in Lagern, ist die Lage äußerst angespannt, wie die BBC schreibt. So sei das Lager nahe der Stadt Dolow an der Grenze zu Äthiopien von der Zahl der Neuankömmlinge überwältigt. Sie suchen dort ein Mindestmaß an Nahrung und Schutz. Ein weiteres großes Problem, ob in den Dürreregionen oder in den Lagern, ist der Zugang zu sauberem Wasser.

Humanitäre Katastrophe in Somalia

In Somalia spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab. Das ostafrikanische Land bekommt die Klimakrise stark zu spüren und steht kurz vor der Ausrufung einer weiteren Hungerkatastrophe – es wäre die zweite in etwas mehr als einem Jahrzehnt.

Zehntausende Familien, die aufgrund der Dürre ihre Tiere, etwa Kühe und Ziegen, verloren haben und deren Land vertrocknet ist, drängen sich in den provisorisch errichteten Lagern, so die BBC weiter. Wie lange sie dort bleiben müssen, ist unklar, da ein Ende der Dürre nicht in Sicht ist.

„Jüngere kennen oft nichts als Hunger“

Hunderttausende Menschenleben stehen wegen der unzureichenden Versorgung auf dem Spiel, so Abdulkadir Mohamed von der Flüchtlingshilfe Norwegian Refugee Council. Menschen stürben allerdings schon jetzt, so Mohamed gegenüber der BBC weiter. Viele, vor allem Jüngere, würden nichts als Hunger kennen, so die BBC. Täglich würden zahlreiche weitere Familien in den Lagern ankommen.

Stationen voll mit unterernährten Kindern

Laut Victor Chinyama vom UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF) kommen die Familien oft ohne Wasser und Nahrung geschwächt in den Lagern an; oft mit den am stärksten gefährdeten und geschwächten Personen – älteren Menschen und Kindern unter fünf Jahre – in einem Zustand, wo jede medizinische Hilfe zu spät kommt. Die Stationen sind voll mit unterernährten kleinen Kindern, für die oft keine Chance auf ein Überleben mehr besteht. Sie seien oft zu geschwächt, so Chinyama zu CBS News.

Ein Eselkarren gefolgt von Menschen in einem Lager in der Nähe von Dollow (Somalia)
AP/Jerome Delay
Die Klimaflüchtlinge haben oft einen schweren Weg hinter sich

Die Bemühungen konzentrierten sich auf die Behandlung von Kindern, die an schwerer Unterernährung leiden. Rund 45.000 Kinder werden jeden Monat in regionalen Spitälern behandelt – rund doppelt so viele wie bei der letzten Hungersnot.

Warnung vor Seuchengefahr

Chinyama warnte auch vor Seuchen: So habe die Bereitstellung von Impfungen und Behandlungen für Cholera und Masern oberste Priorität. Bei Unterernährung nehmen diese Krankheiten einen tödlichen Verlauf.

Ein Soldat vor Menschen in einem Lager in der Nähe von Dollow (Somalia)
IMAGO/ZUMA Wire/Sally Hayden
Menschen mit einem Lager im Hintergrund

Lokale Ausbrüche von Masern und Cholera seit Jänner veranlassten UNICEF dazu, eine neue Masernimpfkampagne zu starten. Ohne Zugang zu sauberem Wasser könnten allerdings beide Krankheiten schnell die durch Unterernährung erschöpften Menschen in den Lagern weiter schwächen und zu Massenansteckungen führen.

Terror seit 15 Jahren

Zur Hungerkrise und der Seuchengefahr kommt der islamistische Terror. Um der Gewalt der seit 15 Jahren wütenden radikalislamischen Al-Schabab-Miliz zu entgehen, verließen geschätzt rund eine Million Somalier und Somalierinnen ihre Dörfer bzw. den ländlichen Raum und zogen in die Städte, vor allem in die Hauptstadt Mogadischu, wo sie in Slums leben.