Gaspipelne-Verbindungsstelle in Jauniunai (Litauen)
Reuters/Janis Laizans
Ohne Gaspreisdeckel

Neue EU-Pläne gegen hohe Energiepreise

Die EU-Kommission hat am Dienstag neue Maßnahmen vorgestellt, um den Energiepreisen entgegenzuwirken. Dazu soll etwa ein Preisindex für Flüssiggas (LNG) eingeführt werden. Einmal mehr wird auch darauf gepocht, Gas gemeinsam einzukaufen. Ein Gaspreisdeckel, wie er von vielen EU-Staaten gefordert wird, ist allerdings nicht Teil der Vorschläge, die wohl auch Thema auf dem Gipfel der EU-Staats- und -Regierungsspitzen diese Woche sein werden.

Haushalte und Unternehmen in der EU sollen angesichts der Energiepreise mit weiteren knapp 40 Milliarden Euro aus dem Budget der EU entlastet werden. Die Kommission schlug bei einer Pressekonferenz in Straßburg vor, das für die regionale Entwicklung eingeplante Geld wegen der Energiekrise umzuwidmen. Der bis März 2023 geplante Preisindex soll als Ergänzung zum Gaspreisindex des Großhandelsplatzes TTF fungieren.

Viele Kaufverträge in der EU orientieren sich am TTF, der wegen der unterbrochenen Gaslieferungen aus Russland stark schwankt. Für LNG-Lieferungen, die relativ stabil sind, soll es daher einen anderen Richtwert geben. Zusätzlich sollen tägliche Preisspitzen bei kurzfristigen Geschäften mit Gas an Energiebörsen abgefedert werden.

Teil das Pakets sind auch Regeln für den gemeinsamen Einkauf von Gas ab Frühling, um durch die Marktmacht die Preise für den Rohstoff zu drücken. Die EU-Staaten hatten sich schon im März auf gemeinsame Einkäufe geeinigt, kamen damit aber nicht voran. Der Vorschlag sieht nun vor, dass Unternehmen ihre Gasnachfrage zum Teil über eine zentrale Stelle bündeln müssen. Das soll für mindestens 15 Prozent der vorgeschriebenen Speicherfüllstände Pflicht sein. Die Firmen können sich dann zusammentun, um gemeinsam mit Lieferanten zu verhandeln.

Neue EU-Pläne gegen hohe Energiepreise

Die EU-Kommission hat am Nachmittag neue Pläne vorgelegt, um den hohen Energiepreisen entgegenzuwirken. Ein Deckel auf den Gaspreis, wie ihn viele EU-Länder fordern, ist aber vorerst nicht vorgesehen. Die EU-Behörde will vielmehr in den Gaspreisindex eingreifen. Damit sollen Preisschwankungen auf dem Großhandelsmarkt eingedämmt werden. Zudem sollen Gasversorger bis nächsten Sommer gemeinsam eine gewisse Menge Gas einkaufen, um dieses einzuspeichern, und der gemeinsame Einkauf soll dann die Preise drücken. Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sprach sich in Straßburg klar gegen einen Preisdeckel für russisches Gas aus.

Keine konkreten Vorschläge zu Gaspreisdeckel

Zum Thema Gaspreisdeckel stellte die Kommission lediglich in Aussicht, dass im Fall extremer Preise als letztes Mittel ein beweglicher Preisdeckel am TTF vorgeschlagen werden könnte. Nach Auffassung der Brüsseler Behörde stieg der TTF auch durch Spekulationen von Investoren an und trieb die Preise in die Höhe.

Die Brüsseler Behörde schlug zudem vor, dass den Mitgliedsstaaten unter bestimmten Bedingungen und vorübergehend die Möglichkeit eingeräumt wird, den „nicht wesentlichen“ Gasverbrauch von eigentlich geschützten Kundinnen und Kunden zu begrenzen. Dabei geht es etwa um private Haushalte und Krankenhäuser.

Flüssiggasterminal auf der griechischen Insel Revithoussa
Reuters/Costas Baltas
Die EU-Kommission fordert einen eigenen Preisindex für LNG

„Wir handeln geschlossen und haben uns gut auf den kommenden Winter vorbereitet“, so Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Jetzt können wir den überhöhten und volatilen Preisen mit mehr Sicherheit begegnen. Wir werden einen vorübergehenden Mechanismus einführen, um überhöhte Preise in diesem Winter zu begrenzen, während wir eine neue Benchmark entwickeln, damit LNG zu einem faireren Preis gehandelt wird“, so die Kommissionspräsidentin weiter.

Von der Leyen will vermehrt auf Erneuerbare setzen

„Wir stellen rechtliche Instrumente für den gemeinsamen EU-Einkauf von Gas bereit, sorgen für eine solidarische Versorgungssicherheit aller Mitgliedsstaaten und verhandeln mit unseren zuverlässigen Gaslieferanten, um Gas zu erschwinglichen Preisen zu sichern. Aber wir müssen auch die Investitionen in erneuerbare Energien und die Infrastruktur beschleunigen. Mehr und schneller in die saubere Energiewende zu investieren ist unsere strukturelle Antwort auf diese Energiekrise“, sagte von der Leyen.

Das Paket soll „Preisspitzen und Manipulationen verhindern, für mehr Transparenz und Stabilität auf dem Markt sorgen und faire Preise und Gasflüsse auch in Krisensituationen gewährleisten“, so die Kommission in einer Erklärung.

Länder uneins über Maßnahmen

Vor dem Gipfel der EU-Staats- und -Regierungschefs am Donnerstag und Freitag herrscht unterdessen unter den 27 Mitgliedsstaaten keine Einigkeit, die Vorschläge der Kommission werden wohl für weiteren Gesprächsstoff sorgen. Der Kommissionsvorstoß muss von den EU-Staaten verhandelt werden und könnte im November angenommen werden.

EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb in seinem Einladungsschreiben, dass es für die Staats- und -Regierungschefs drei Aufgaben gebe: eine Reduzierung der Nachfrage, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und eine Eindämmung der Preise. „Europa steht vor seiner Woche der Wahrheit“, sagte der belgische Premierminister Alexander De Croo. „In dieser Woche geht es um alles oder nichts.“

EU präsentiert neues Maßnahmenpaket

ORF-Korrespondent Robert Zikmund analysiert aus Straßburg, wie ein Eingriff der EU in den Gaspreisindex aussehen kann.

Bei den Vorbereitungen des Spitzentreffens sprachen sich am Dienstag Vertreter von Kroatien und Litauen für eine Preisobergrenze für alle Gasarten aus. Deutschland bekräftigte, eine Deckelung der Preise abzulehnen, und empfahl stattdessen gemeinsame Gaseinkäufe aller EU-Länder. Finnland und die Slowakei lehnten direkte Subventionen der Verbraucher ab.

Edtstadler gegen Preisdeckel für russisches Gas

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sprach sich klar gegen einen Preisdeckel für russisches Gas aus. „Wir sind gegen eine generelle Obergrenze eines Gaspreises bei Importen aus Russland. Warum? Weil es um unsere Versorgungssicherheit geht“, sagte Edtstadler in Luxemburg.

Die meisten EU-Länder haben die EU-Kommission aufgefordert, eine Obergrenze für den Gaspreis vorzuschlagen, sind sich aber über die Ausgestaltung uneinig. Die Energiepreise sind infolge der russischen Invasion in der Ukraine und der daraufhin vom Westen beschlossenen Sanktionen gegen Russland stark gestiegen.