Bundespolizeidirektor Takacs zu Posten in ÖVP-U-Ausschuss

Michael Takacs, Chef der Bundespolizei, ist heute in den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss geladen. Die Abgeordneten interessieren sich dabei für Takacs’ Werdegang: Er stehe exemplarisch dafür, wie die ÖVP „mit Tricks“ dafür sorge, „ihre Leute“ ohne entsprechende Qualifikation in hohe Posten zu bringen, wie NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper sagte.

Takacs stieg vom Handelslehrling über die Polizei und diverse Stationen in der Politik zunächst zum Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung auf und ist nun Polizeichef. NEOS kritisiert etwa, dass er zu diversen Studien zugelassen worden sei, obwohl ihm die Qualifikation gefehlt habe, etwa ein absolvierter „Dienstführendenkurs“.

Diese Studien seien aber Voraussetzung für zu vergebende Posten gewesen. Aus diesem Grund sei Takacs dennoch zugelassen worden. Das sei nicht ungewöhnlich und auch rechtlich in Ordnung, so Takacs nun im Ausschuss. Die betroffene Fachhochschule Wr. Neustadt habe mit dem Innenministerium eine Vereinbarung über fixe Studienplätze. Er habe einen Platz ergattert, weil die Studienplätze noch nicht voll besetzt gewesen seien. Er sei also vom Ministerium an die FH geschickt worden, wenn auch formal nicht qualifiziert. Die Auswahl treffe aber die Bildungseinrichtung über ein Assessment Center. Natürlich sei das Studium so aber innerhalb der Dienstzeit gewesen und auch vom Ministerium bezahlt worden.

Michael Takacs beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 20.10.2022
ORF.at/Peter Pfeiffer

Ochsentour durch ÖVP-Kabinette

Takacs räumte auf eine entsprechende Frage ein, auch parteipolitisch aktiv zu sein. So sei er Gemeinderat für die ÖVP in Groß-Enzersdorf. Auf der entsprechenden Homepage findet sich zu seiner Parteizugehörigkeit allerdings keine Information, anders als bei den anderen Gemeinderäten. Dazu könne er nichts sagen, so Takacs, schließlich betreue er die Seite der Gemeinde nicht.

Takacs war im Laufe der Jahre auch in vielen Kabinetten von ÖVP-Ministern tätig, etwa bei Johanna Mikl-Leitner, Wolfgang Sobotka, Karoline Edtstadler und Karl Nehammer. Daneben, so Takacs auf NEOS-Frage, war er auch weiterhin operativ tätig. Konflikte habe es dabei nicht gegeben, die Aufgaben hätten sich kombinieren lassen: „Zwei Jobs, aber nur ein Gehalt“, so Takacs.

SPÖ-Vorwürfe gegen Edtstadler

Die SPÖ erfragte bei Takacs eine neue Angelegenheit: Fraktionsvorsitzender Jan Krainer geht davon aus, dass die heutige Europaministerin Edtstadler ihren EU-Wahlkampf 2019 teilweise mit Steuergeld finanziert hat. Takacs war damals stellvertretender Büroleiter Edtstadlers, neben seiner Funktion als Leiter der Verkehrsabteilung Wien. Edtstadler bekleidete den Posten der Staatssekretärin im Innenministerium, 2019 wurde sie ins EU-Parlament gewählt. Ein Jahr zuvor war Takacs bei einer Strategieklausur des Büros anwesend, veranstaltet von einer externen Agentur, die bereits mehrmals im U-Ausschuss Thema war. Bei der Klausur ging es laut vorgelegten Dokumenten um das „Hauptprojekt EU-Wahl“.

Krainer legte Mails des Agenturchefs an „Taki“ vor, der nach einer „genauen Positionierung, alle ÖVP/Sommer Daten“ fragte. Auch von „OK“ ist die Rede, Krainer mutmaßte, damit sei Othmar Karas (ÖVP) gemeint gewesen. Zudem seien Fragen über ein geplantes „Promi-Komitee für KE“ behandelt worden.

Der Knackpunkt ist die Frage, ob die ÖVP die vom Innenministerium bezahlte Beratung durch die Agentur nutzte, um Edtstadlers EU-Wahlkampf vorzubereiten, also Steuergeld für Parteiarbeit verwendet zu haben. Takacs konnte die – von der ÖVP heftig beanstandeten – Fragen nicht mehr aus der Erinnerung beantworten.

Aus dem Büro Edtstadlers heißt es dazu laut „Standard“ (Onlineausgabe), dass sie zum Zeitpunkt der erwähnten Klausur noch gar nicht damit gerechnet habe, zur EU-Wahl anzutreten. Bei der Klausur sei es vielmehr um eine „Taskforce Strafrecht“ gegangen.

Ex-BAK-Mitarbeiterin zu Korruptionsbekämpfung

Als zweite Auskunftsperson ist die ehemalige leitende Vertragsbedienstete des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK), Martina K., geladen. Das Amt ist mit den Ermittlungen rund um den „Ibiza“-Komplex betraut, nachdem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) diese der zuvor zuständigen „Soko Tape“ entzogen hatte. K. war bereits im Sommer in den Ausschuss geladen, konnte aufgrund zeitlicher Verzögerungen aber nicht Auskunft geben.

Die Abgeordneten erhoffen sich nicht nur Einblick in die Ermittlungstätigkeit. Sie wollen auch ihre Einschätzungen erfragen, wieso viele wichtige Posten im BAK unbesetzt bzw. nur interimistisch besetzt wurden. So hatte Otto Kerbl, der ebenfalls schon Auskunftsperson im U-Ausschuss war, die Leitung über zwei Jahre interimistisch inne, bevor er fix den Posten übernahm. Erlaubt wären maximal sechs Monate gewesen, so Krisper.

Die Opposition vermutet, dass die wichtige Antikorruptionsbehörde ausgehungert wird. Posten werden nicht nachbesetzt, und die Reform, die noch unter dem damaligen Innenminister Nehammer angekündigt wurde, nicht vollzogen. In einer Anfragebeantwortung von heuer hielt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) fest, dass sich der Prozess „covidbedingt weiter verzögert“ habe. Zuletzt hatte die Antikorruptionsgruppe des Europarates (GRECO) Österreich bei der Umsetzung von Maßnahmen gegen Korruption Säumigkeit vorgeworfen. Ein schon fälliger Bericht dazu steht noch aus.

Schmid weiter dominantes Thema

Freilich ist Thomas Schmid auch am Tag zwei nach den neuen Enthüllungen auch im Ausschuss Thema. Der „Lügenbaron der Nation“, so der ÖVP-Fraktionsvorsitzende Andreas Hanger, sei von zweifelhaftem Charakter. Das von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vorgelegte Telefonprotokoll beweise das Gegenteil von Schmids Aussagen, legte Hanger die Argumentationslinie der ÖVP dar.

„Viele werden sich bei Kurz entschuldigen müssen“

Hanger aber blieb dabei: Er wolle Schmid am 3. November in den U-Ausschuss laden und hoffe sehr, dass dieser auch kommt. Schließlich sei er auch der WKStA 15 Tage lange zur Verfügung gestanden. Ob Einvernahmen durch die WKStA offenbar wegen des U-Ausschusses verschoben wurden, werde man per Anfragen klären. „Es wird der Tag kommen, an dem sich viele bei Sebastian Kurz werden entschuldigen müssen“, so Hanger.

Er könne auch zeigen, dass Schmid etwa in der Causa Alois-Mock-Institut nicht die Wahrheit gesagt habe, so Hanger. Dieses sei nämlich erst 2013 gegründet worden, im Jahr darauf habe das Institut noch keinen Steuerakt gehabt. Daher habe Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) Schmid 2014 auch nicht instruieren können, eine Steuerprüfung abzudrehen. Stimmt nicht, konterte Krainer, das Institut habe schon 2012 seine Arbeit aufgenommen, das sei leicht durch eine Internetsuche nachprüfbar.

Sobotka selbst sagte der APA, zum betreffenden Zeitpunkt sei das Institut gerade einmal fünf Monate „im wirtschaftlichen Bereich am Markt“ gewesen. Es sei damals ein „kleiner Verein“ gewesen, „die Werbeabgaben wurden immer ordnungsgemäß entrichtet“, und es sei „vollkommen unrealistisch, dort vonseiten der Behörde eine Steuerprüfung zu erwarten“.

Vorwurf: Interventionen in ausgesuchte Finanzämter

Sowohl die SPÖ als auch die FPÖ drückten auch erneut ihren Unmut darüber aus, dass NEOS den U-Ausschuss nicht verlängert. Es gebe durch die Schmid-Aussagen etliche neue Fragen, die der Ausschuss zu behandeln habe. So führte FPÖ-Fraktionsvorsitzender Christian Hafenecker an, dass in den Aussagen nicht nur Neuigkeiten in der Causa rund um ÖVP-Klubchef August Wöginger ersichtlich seien. Wöginger wird vorgeworfen, dass er zugunsten eines ÖVP-Bürgermeisters intervenierte, damit dieser die Leitung des Finanzamts Braunau übernehmen könne.

Hafenecker führte an, genau dieses Finanzamt prüfe nämlich die KTM, deren Chef Stefan Pierer zu den Großspendern der ÖVP gehörte. Zudem habe es laut Schmid Interventionen auch im Finanzamt St. Pölten gegeben. Dieses wiederum prüfe das Alois-Mock-Institut.

Fokus auf Benko

Angesichts der nun knapper werdenden Ausschusstage werde man sich nun aber auf die Causa Benko konzentrieren. Der Unternehmer Rene Benko solle noch geladen werden, ehe der U-Ausschuss am 7. Dezember endet.