Michael Takacs beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 20.10.2022
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ÖVP-U-Ausschuss

Schlaglicht auf Posten im Innenministerium

Auch wenn am Rande freilich weiter das Geständnis von Thomas Schmid und dessen Folgen Thema waren, hat der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss Personalbesetzungen im Innenministerium in den Fokus gerückt. Dazu Rede und Antwort stand der nunmehrige Bundespolizeidirektor Michael Takacs. Die Grünen bezeichneten ihn im Vorfeld als „Günstling“ im „Inner Circle der ÖVP“. Erörtert wurden Posten im Innenministerium für Takacs und andere Personen. Die SPÖ erhob unterdessen schwere Vorwürfe gegen Karoline Edtstadler aus ihrer Zeit als Innenministeriumsstaatssekretärin.

Takacs kann jedenfalls auf eine Vielzahl an Funktionen zurückblicken. Er habe mit Großhandelskaufmann „einen ordentlichen Beruf gelernt“, sagte er einleitend. Nach dem Eintritt in den Polizeidienst 1988 war er nach ersten Stationen Pressesprecher im Innenministerium, später Medienberater des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit. 2013 sei er schließlich in einem „politischen Büro gelandet“, wie er sagte.

So war er in Kabinetten etlicher ÖVP-Innenminister, etwa im Kabinett der damaligen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sowie des nunmehrigen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP), als dieser Innenminister war. Später war er stellvertretender Büroleiter bei der damaligen Innenministeriums-Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP), danach wurde er Vizekabinettschef unter dem damaligen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).

Michael Takacs beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 20.10.2022
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In Kabinetten etlicher ÖVP-Innenminister: Takacs bei der Ankunft vor der Befragung

Dazwischen wurde er zunächst stellvertretender Leiter und später Leiter der Landesverkehrsabteilung Wien. Vor seiner Kür zum Bundespolizeidirektor – eine neu geschaffene Stelle in der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit – am 1. Juli dieses Jahres war Takacs zuletzt in seiner Rolle als Flüchtlingskoordinator medial breiter präsent. Dieser durchaus reichhaltige Lebenslauf war im Falle Takacs’ zentrales Thema in den Befragungen.

Fragen über Fragen zu Posten

Verfahrensrichterin Edwards fragte Takacs einleitend, wieso er 2017, ohne – wie vorgeschrieben – Polizeioffizier zu sein, Leiter der Landesverkehrsabteilung Wien wurde. Er sei interimistisch bestellt worden, so Takacs. „Wenn man einen Abschluss hat einer Hochschule, kann man sich jederzeit auf derartige Posten bewerben, auch wenn man die Offiziersausbildung nicht abgeschlossen hat“, so Takacs. Die Besetzung sei rechtens gewesen.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ), Richterin Christa Edwards und Verfahrensanwältin
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Verfahrensrichtern Edwards (r.) im Gespräch mit Ausschussvorsitzender Dagmar Belakowitsch (FPÖ)

Lange dauerte es allerdings nicht bis zur ersten Geschäftsordnungsdebatte. Zur Frage der Verfahrensrichterin nach Takacs’ Wahrnehmungen zu Chats zu Postenbesetzungen in Waidhofen bzw. in Amstetten ersuchte die ÖVP-Mandatarin Corinna Scharzenberger die fragende Verfahrensrichterin, den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand und dem „Projekt Ballhausplatz“ herzustellen. Edwards blieb bei ihrer Rechtsmeinung, wie sie betonte – Takacs musste also antworten.

„Viele Versetzungswünsche entgegengenommen“

Es würden bei „Besuchstagen“ des Innenministers bei Polizeidienststellen nun einmal viele „Wünsche und Anliegen“ an einen Referenten herangetragen, so Takacs, er habe bei den Gesprächen mit den Beamten „viele Versetzungswünsche entgegengenommen“, das habe der Referent gemäß den Vorgaben weitergegeben. Er kenne die Chats nicht, so Takacs, könne sich an den Fall aus Waidhofen nicht erinnern. Die „Interventionsliste“ von Sobotka sei ihm aus den Medien bekannt, ansonsten aber nicht.

SPÖ mit Vorwürfen gegen Edtstadler

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer interessierte sich für Takacs’ Tätigkeiten im Kabinett Edtstadler und in der Verkehrsabteilung, die er gemäß seiner Vita damals gleichzeitig ausgeführt habe. Wie viele Stunden er mit welcher Tätigkeit verbracht habe, wollte Krainer wissen. Er habe einen „ausreichenden Arbeitstag“ gehabt, Details seien „nicht nachvollziehbar“, so Takacs. Dass Edtstadler in ihrer damaligen Tätigkeit für Korruptionsprävention und -bekämpfung zuständig gewesen, bestätigte Takacs auf Frage Krainers.

Der SPÖ-Mandatar legte in der Folge eine Rechnung einer Beratungsagentur vor, die offenbar viele Aufträge aus dem Umfeld der ÖVP bekommen hat – im Konkreten hier für eine Klausur im Innenministerium im November 2018. Schließlich wurde eine Mail an den „lieben Taki“ (es handelt sich um den Spitznamen der Auskunftsperson) erörtert – Krainer fragte, wieso es bei der Klausur um ein „Neues Hauptprojekt: EU-Wahlen“ gegangen war, wie aus dem Schreiben hervorging.

Christian Hafenecker (FPÖ) und Kai Jan Krainer (SPÖ)
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Krainer (hier mit Hafenecker) im U-Ausschuss – die SPÖ brachte Vorwürfe gegen Edtstadler vor

„Hat sich ja damals einem EU-Wahlkampf gestellt“

Und Krainer fragte außerdem, wieso Edtstadler als Innenministeriums-Staatssekretärin für die EU-Wahlen zuständig gewesen sei. Allen sei bekannt, dass sich Edtstadler „ja damals einem EU-Wahlkampf gestellt“ habe, so Takacs. Einen Hintergrund könne er hierbei nicht erörtern, sagte die Auskunftsperson. „Wir brauchen genaue Positionierung, alle ÖVP/Sommer-Daten“ – was da gemeint sei? Takacs fand hier keine Antwort, der Fokus der Klausur sei woanders gelegen.

Ob die Beratungsagentur den Wahlkampf für die ÖVP und Edtstadler gemacht habe, konnte Takacs auf Nachfrage „wirklich nicht sagen“. Die Bezahlung der jeweiligen Klausuren sei Sache der Fachabteilungen gewesen. An späterer Stelle war für Krainer klar: „Bei dieser Klausur ging es zentral darum, den Wahlkampf von Edtstadler vorzubereiten – wie kommen die Steuerzahler, also wir alle, dazu, dafür zu bezahlen?“, empörte sich Krainer lautstark.

Büro Edtstadler: Entschluss zur Kandidatur später

Aus dem Büro der nunmehrigen Verfassungsministerin Edtstadler heißt es auf „Standard“-Anfrage in Reaktion auf die Vorwürfe, dass die damalige Staatssekretärin zum Zeitpunkt der Klausur im November 2018 noch gar nicht damit gerechnet habe, zur EU-Wahl im Mai 2019 anzutreten. Dieser Entschluss sei erst Mitte Jänner 2019 gefallen, heißt es in dem Statement. Bei der Klausur sei es um die Taskforce Strafrecht gegangen, deren Vorsitz Edtstadler als Staatssekretärin im Innenministerium damals innehatte.

Job „nicht für mich geschaffen“

FPÖ-Mandatarin Susanne Fürst fragte Takacs zu seinen Posten als Direktor der Bundespolizei und jenem als Flüchtlingskoordinator. Nach längerer Diskussion über die Zulässigkeit der Frage (laut ÖVP außerhalb bzw. nach Untersuchungszeitraum) wurde die Frage zugelassen. Solche Direktoren habe es auch in anderen Bereichen gegeben, die Installation sei nun auch bei der Bundespolizei erfolgt, so Takacs. Der Job sei jedenfalls nicht für ihn „geschaffen“ worden, versicherte Takacs. Und Flüchtlingskoordinator sei er bis 1. Juli gewesen.

Im Vorfeld sei freilich nicht klar gewesen, dass er sich bewerben würde und den Job bekommen würde, sagte Takacs auf entsprechende Fragen Fürsts. Zwar habe es Gerüchte gegeben, so Takacs, doch habe er sich erst am letzten Tag der Bewerbungsfrist mit seiner Frau pro Bewerbung entschieden, wie die Auskunftsperson angab. Er habe den damaligen Innenminister Karl Nehammer auch erst am letzten Tag der Bewerbungsfrist informiert, so Takacs. Zur Causa zur umstrittenen Bestellung des Vizepräsidenten der Landespolizeidirektion Wien konnte Takacs nichts sagen.

„Zwei Jobs, aber leider nur ein Gehalt“

NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper fragte Takacs zu seinem politischen Engagement, er sei Gemeinderat in seiner Heimatgemeinde Groß Enzersdorf, damit sei er auch Mitglied der ÖVP, so Takacs. Wieso der Website der Gemeinde seine Parteizugehörigkeit nicht ausweise, wisse er nicht, vielleicht sei er aus der Fraktion ausgeschlossen worden, so Takacs. Krisper hatte einige Fragen zur Dauer diverser Tätigkeiten und ob er diese „tatsächlich operativ ausgeführt“ habe.

Stephanie Krisper (NEOS)
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NEOS-Fraktionschefin Krisper fragte Takacs zu seinem Studium an der FH Wiener Neustadt

„Das war manchmal sehr herausfordernd, man hatte zwei Jobs, aber leider nur ein Gehalt“, so Takacs. Die Aufgaben hätten sich aber leicht koordinieren lassen, und ja, man könne die Aufgaben ausführen lassen und habe auch Stellvertreter. Er sei aber durchaus auch operativ tätig gewesen. Krisper interessierte sich auch für Takacs’ Studium „Polizeiliche Führung“ an der FH Wiener Neustadt. Ob ihm seitens des Ministeriums Erleichterungen gewährt worden seien, die anderen nicht zukommen?

„War gleichzeitig externer und interner Student“

Schließlich sei er ja als „externer“ Teilnehmer zugelassen worden – dennoch habe das Ministerium das Studium bezahlt, so Krisper. Das bestätigte Takacs, er wies aber darauf hin, dass das Innenministerium mit der FH einen Vertrag habe, der fix gebuchte Studienplätze vorsah. Wenn Plätze „über bleiben“, könnten andere Stellen – also auch „Externe“ – darauf zugreifen, was in seinem Fall auch so gewesen sei. Er sei also „gleichzeitig externer und interner Student gewesen“, so Takacs.

Wer entschieden habe, dass er dieses Konstrukt (Krisper: „vom Steuerzahler bezahlt“) habe wahrnehmen dürfen? Das gehe mit Zustimmung des Vorgesetzten, so Takacs, aber das Aufnahmeverfahren habe ausschließlich die FH Wiener Neustadt durchgeführt. Er habe wie jeder andere Offizier das Assessment Center der FH durchlaufen müssen. Wieso sich dieser genau für ihn entschieden habe? Das war 2010, mehr könne er nicht angeben, so Takacs. Er habe das Aufnahmeverfahren gemacht, „und ich war dann beim Studium dabei“.

Verweis auf „nautische Ausbildungen“

Gefragt nach Wahrnehmungen zu „unsachlichen Postenbesetzungen“ im Innenministerium im Untersuchungszeitraum, gab Takacs an, dass die Frage „den Vorwurf zum Amtsmissbrauch implementiert“. Er verwies formalisierte Verfahren zu Postenbesetzungen. Gefragt nach seinem Aufsichtsratsmandat in der Via Donau (Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m.b.H., ein Unternehmen unter Aufsicht des Umweltministeriums) verwies Takacs auf „einige nautische Ausbildungen“. Zum Job sei er von einem scheidenden Aufsichtsratsmitglied gefragt worden.

Verkehrspolizist „durch und durch“

Grünen-Fraktionschef David Stögmüller fragte zum Hergang von Takacs’ Jobantritt als Leiter der Landesverkehrsabteilung Wien. Takacs verwies auf seinen Lebenslauf – er sei Verkehrspolizist „durch und durch“. Es könne schon sein, dass er mit jemandem geredet habe, dass er sich um den Posten bewerben werde. Ob er jemals bei einer Begutachtungskommission in Landespolizeidirektionen interveniert habe? Nie, so Takacs – zudem sei er auch nie in einer solchen gesessen.

Auch Stögmüller kam zur bereits von der SPÖ thematisierten Agentur, die offenbar für das Innenministerium tätig war. Den Leiter der Agentur kenne er, so Takacs, seit einer Klausur in einer Therme, wo es zentral um die Sicherheit in Österreich gegangen sei. Auf dem Programm gestanden sei dort auch ein Drohnenflug.

Corinna Scharzenberger (ÖVP)
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Die ÖVP-Mandatarin Scharzenberger im U-Ausschuss

Jobs nach Parteibuch? – „Wird oft unterstellt“

Die ÖVP-Mandatarin Corinna Scharzenberger fragte Takacs nach dem Vorgehen bei nicht ausschreibungspflichtigen Jobs. Als Abteilungsleiter gebe man Empfehlungen weiter, die Dienstbehörde entscheide dann. Man könne zum Beispiel Polizistinnen und Polizisten zuteilen. In Medien werde oft berichtet, dass Menschen mit den richtigen Parteibüchern bevorzugt werden, so Scharzenberger. „Ich hab das auch schon gehört, dass das oft unterstellt wird“, so Takacs – „eine Führungspersönlichkeit interessiert das aber nicht, es wird operativ entschieden“.

Die ÖVP fragte zum „Handy im Wasser“, worauf Chats auf dem Mobiltelefon des damaligen Innenministeriums-Kabinettschefs Michael Kloibmüller ans Licht der Öffentlichkeit gekommen waren. Das Handy war bei einem Kabinettsausflug („einer Kanufahrt“) im Jahr 2017 im Wasser gelandet und vom damaligen Referenten Takacs zur Reparatur an einen IT-Experten im Verfassungsschutz übergeben worden. Dieser soll eine Kopie des Smartphone-Inhalts angefertigt und anschließend verbreitet haben.