Bundespräsident Alexander van der Bellen
ORF/Hans Leitner
Nationalfeiertag

Van der Bellen ruft Politik zu Integrität auf

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Politik in seiner Fernsehansprache zum Nationalfeiertag zu Integrität aufgerufen. Damit Demokratie und Rechtsstaat intakt blieben, müsse die Bevölkerung sich darauf verlassen können, dass Politiker „immer zum Vorteil der Bevölkerung handeln, niemals zum eigenen“, sagte er wohl in Anspielung auf die Vorwürfe gegen hochrangige ÖVP-Politiker. Van der Bellen, der sich in der Rede für Transparenz starkmachte, lud zugleich hinter die Tapetentür.

Nach Ansicht des Bundespräsidenten brauche es strengstmögliche Gesetze und Regeln, es werde auch mehr Präventionsmaßnahmen brauchen. „Und ich werde nicht müde werden, diese einzufordern“, sagte Van der Bellen. Bereits in der Vorwoche zeigte er sich über die aktuellen innenpolitischen Entwicklungen rund um die bekanntgewordenen Vernehmungsprotokolle des ehemaligen Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, erschüttert. Es war die erste Ansprache seit Van der Bellens Wiederwahl.

In seiner Rede zum Nationalfeiertag rief das Staatsoberhaupt die Zuseherinnen und Zuseher auch zu Zuversicht auf. „Die Welt ist instabiler geworden. Die Zeiten stürmischer“, sagte er mit Verweis auf diverse Krisen vergangener Jahre, vom „Ibiza-Skandal“ bis zu globalen Katastrophen wie Pandemie, Ukraine-Krieg, „Klimanotstand“, Teuerung und Energiekrise. Doch wenn die Gesellschaft konstruktiv bleibe und nach vorn schaue, „können wir alles schaffen“.

Die Rede des Bundespräsidenten

Anlässlich des Nationalfeiertags richtet Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine Rede an die österreichische Bevölkerung.

Einladung hinter Tapetentür: Transparenz „schadet nie“

So gebe es etwa bei der Klimakrise – die Van der Bellen auch schon in seiner Vorjahresrede zur Priorität gemacht hatte – nicht die eine große, einfache Antwort, sondern viele kleine Handlungen, die in Summe die Antwort ergeben. Es gehe darum zu probieren, zu lernen, neu zu denken und Uneindeutigkeit auszuhalten.

„Und uns auf die Dinge verlassen, auf denen unsere Gesellschaft gebaut ist. Darum geht es jetzt“, so der Präsident, der in seiner diesjährigen Ansprache die Zuseher und Zuseherinnen zu einem Blick hinter die berühmte Tapetentür einlud – immerhin „schadet Transparenz nie, und diese Räumlichkeiten hier sind vor allem auch Ihre Räumlichkeiten“.

Plädoyer für starken inneren Kompass

In immer weniger berechenbaren Zeiten brauche die Gesellschaft einen starken inneren Kompass in Form von außer Streit stehenden Prinzipien, betonte Van der Bellen. „Und diese Prinzipien haben wir Gott sei Dank.“

Artikel 1 der Menschenrechte („Jeder Mensch ist gleich an Rechten“) sei Grundsatz von Österreichs demokratischen Grundsätzen, in der Bundesverfassung sei klar das politische Zusammenspiel der Republik, das Funktionieren der demokratischen Institutionen und des Rechtsstaats festgelegt. Damit Demokratie und Rechtsstaat intakt bleiben, brauchten diese aber eben auch „integre Politikerinnen und Politiker“, betonte er.

„Wir lassen als Gesellschaft niemanden zurück“

Unter jenen Prinzipien, die der Gesellschaft Orientierung geben, nannte Van der Bellen auch die immerwährende militärische Neutralität und das Prinzip der Solidarität – in Österreich und in ganz Europa. „Wir lassen als Gesellschaft niemanden zurück.“ Das müsse auch für unsere Nachkommen gelten, denen man durch wirksame Klimaschutzmaßnahmen einen Planeten hinterlassen müsse, „der uns allen weiterhin eine Heimat sein kann“.

Van der Bellen rief zur Bereitschaft auf, dazuzulernen und alte Erkenntnisse durch neuere zu ergänzen, konstruktiv zu bleiben – auch in der Wortwahl –, nach vorn zu schauen und den Blick auf die Lösung zu richten. „Wenn wir diese Prinzipien hochhalten und uns daran orientieren, wenn wir alle gemeinsam uns an diese Prinzipien halten, dann sind wir als Gemeinschaft widerstandsfähig und können alles schaffen.“