Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro
AP/Eraldo Peres
Nach Wahlniederlage

Bolsonaro will sich an Verfassung halten

Lange hat er geschwiegen, doch nun hat sich der ultrarechte brasilianische amtierende Präsident Jair Bolsonaro nach seiner knappen Wahlniederlage gegen den Linkspolitiker Luiz Inacio Lula da Silva doch zu Wort gemeldet, dabei allerdings nicht viel gesagt. Er dankte zunächst für die mehr als 58 Millionen Stimmen, die er erhalten hat, und sagte, er werde sich weiterhin an die Verfassung halten. Seinen siegreichen Gegner erwähnte er nicht.

„Als Präsident der Republik und als Staatsbürger werde ich mich weiterhin an alle Gebote unserer Verfassung halten“, sagte er. Explizit gestand er seine Niederlage aber nicht ein. Sein Stabschef Ciro Nogueira sagte im Anschluss, der Präsident habe die Amtsübergabe an Wahlsieger Lula „autorisiert“.

Medienberichten zufolge hatten am Vortag mehrere Minister und Berater versucht, ihn davon zu überzeugen, seine Niederlage einzuräumen. Bolsonaro hatte bereits vor der Abstimmung immer wieder Zweifel am Wahlsystem gestreut und angedeutet, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen.

Allerdings zeichnete sich mit der Zeit zunehmend ab, dass Bolsonaro wohl kaum Erfolg hätte, würde er das Ergebnis jetzt noch infrage stellen. Viele seiner Verbündeten, darunter der mächtige Parlamentspräsident Artur Lira, erkannten Bolsonaros Niederlage bereits an. Auch zahlreiche Regierungen im Ausland sahen den Wahlausgang schon als Tatsache an: Fast 90 Regierungen gratulierten Lula zu seinem Wahlsieg, wie das Nachrichtenportal UOL berichtete.

Bolsonaro wird Wahl nicht anfechten

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro war nach seiner knappen Niederlage gegen Lula da Silva untergetaucht. Jetzt hat er sich zu Wort gemeldet und zumindest indirekt verkündet, er werde die Wahl nicht anfechten.

Demonstrationen als „Ergebnis der Empörung“

Bolsonaro äußerte sich auch zu den Demonstrationen von Anhängern, die im ganzen Land Straßen blockieren. „Ich möchte zunächst den 58 Millionen Brasilianern danken, die am 30. Oktober für mich gestimmt haben. Die derzeitigen Demonstrationen sind das Ergebnis der Empörung und des Gefühls der Ungerechtigkeit über den Verlauf des Wahlprozesses“, sagte er.

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro
Reuters/Adriano Machado
Bolsonaro meldete sich erst spät zu Wort

„Friedliche Demonstrationen werden immer willkommen sein, aber unsere Methoden können nicht die der Linken sein, die der Bevölkerung immer geschadet haben, wie z. B. die Invasion von Eigentum, die Zerstörung von Kulturgütern und die Beschneidung des Rechts zu kommen und zu gehen“, schloss er. Schon zuvor hatte sein Kommunikationsminister Fabio Faria angekündigt, dass Bolsonaro das Wahlergebnis nicht anfechten wolle.

Blockaden im ganzen Land

Fraglich ist nun, wie Bolsonaros Anhänger auf die Botschaft reagieren. Aus Protest hatten sie an zahlreichen Orten Straßensperren errichtet. Fast alle Bundesstaaten waren bis Dienstag von den Protestaktionen betroffen. Errichtet wurden die Sperren vielfach von Truckern.

Am Dienstag gab es in mindestens 23 der 27 brasilianischen Bundesstaaten insgesamt mehr als 250 teilweise oder vollständige Straßensperren, teilte die Bundesverkehrspolizei (PRF) Dienstagfrüh (Ortszeit) mit. Laut „Guardian“ hätten manche Trucker in sozialen Netzwerken zu einem Militärputsch, der Lulas Amtsantritt verhindern soll, aufgerufen. „Nein zu Lula!“, skandierten Demonstrierende an einer Brücke in Sao Paulo. Dort wurden gleich mehrere Straßen blockiert, darunter eine große Verbindungsstraße, die nach Rio de Janeiro führt.

Straßenblockade durch LKWs in Brasilien
Reuters
Viele Straßen in ganz Brasilien wurden von Lkws blockiert

Am Montagabend sorgte die Blockade von Straßen rund um den Guarulhos-Flughafen in Sao Paulo, den größten internationalen Flughafen des Landes, für die Streichung mehrerer Flüge. Besonders viele Straßensperren wurden aus dem südlichen Bundesstaat Santa Catarina gemeldet, in dem fast 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler für Bolsonaro gestimmt hatten.

Knapper Sieg

Der linksgerichtete Lula hatte die Präsidentschaftswahl am Sonntag in einem dramatisch knappen Rennen gegen den ultrarechten Bolsonaro gewonnen. Lula bekam in der Stichwahl 50,9 Prozent der Stimmen, Bolsonaro 49,1 Prozent. Es ist das engste Ergebnis einer Präsidentschaftswahl in Brasiliens neuerer Geschichte.

Der Präsident des obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, hatte sowohl Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über das Ergebnis informiert. „Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert“, sagte Moraes. Die Beobachtermission der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden nannte die Wahlen frei, fair und transparent und fand keine Hinweise auf Manipulation.

Bolsonaro-Anhänger blockieren Straßen

Aus Protest gegen den knappen Sieg des Linkspolitikers Luiz Inacio Lula da Silva bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien errichten Anhänger des ultrarechten Amtsinhabers Jair Bolsonaro an immer mehr Orten Straßensperren.

Richter ordnete Beendigung der Blockaden an

Die befürchtete Gewalt durch Bolsonaro-Anhänger blieb zwar aus, dennoch beschränkte die Polizei am Dienstag in der Hauptstadt Brasilia den Zugang zur Plaza de los Tres Poderes (dt.: Platz der drei Gewalten). Auf dem Platz befinden sich der Sitz des Präsidenten, das Parlament und Brasiliens Oberster Gerichtshof. Die Einschränkungen seien eine Vorsichtsmaßnahme angesichts von Protestaufrufen im Internet, hieß es.

Ein Richter des Obersten Gerichtshofs ordnete am Montagabend die „sofortige Beendigung der Blockade der öffentlichen Autobahnen und Straßen“ an. Die Bundesverkehrspolizei müsse dazu alle notwendigen Schritte ergreifen.

Sollte ihr Generaldirektor nicht dafür sorgen, drohe ihm eine Geldstrafe oder sogar Ingewahrsamnahme wegen „Ungehorsams“, hieß es in einer Mitteilung des obersten Gerichts. PRF-Chef Silvinei Vasques steht in der Kritik, weil er am Wahltag in einem Instagram-Eintrag zur Stimmabgabe für Bolsonaro aufgerufen hatte.

Lula bereitet sich auf Regierungswechsel vor

Lulas Team bereitete sich unterdessen bereits auf einen Regierungswechsel ohne die Mithilfe des amtierenden Staatschefs vor. „Ich hoffe, dass zum Wohle Brasiliens und des brasilianischen Volkes Normalität Einzug halten wird. Wenn der Präsident, wenn Jair Bolsonaro nicht teilnehmen möchte, o. k.“, sagte die Vorsitzende von Lulas Arbeiterpartei (PT) und Leiterin der Wahlkampagne, Gleisi Hoffmann, am Montag im Fernsehsender Globo News.

Der designierte brasilianische Präsident Lula da Silva
Reuters/Mariana Greif
Wahlsieger Lula schon in den Startlöchern

Zumindest auf der Arbeitsebene gab es erste Kontakte. So sprach Medienberichten zufolge der Kommunikationschef von Lulas Wahlkampagne, Edinho Silva, am Montag mit Bolsonaros Kabinettschef Ciro Nogueira. Zudem telefonierte Lulas künftiger Vizepräsident Geraldo Alckmin mit Bolsonaros Stellvertreter Hamilton Mourao. „Der Regierungswechsel ist gesetzlich geregelt. Das ermöglicht uns, die Machtübergabe zu vollziehen, unabhängig von der Beteiligung des Präsidenten“, sagte PT-Chefin Hoffmann. Lula wird am 1. Jänner 2023 sein Amt antreten.