Fußballer Boateng lehnt seinen Richter ab

Der deutsche Fußballweltmeister Jerome Boateng lehnt den Richter in seinem Körperverletzungsprozess ab. Seine Verteidiger stellten heute vor dem Landgericht München I einen Befangenheitsantrag gegen Richter Andreas Forstner. Der gebe „zu erkennen, dass sich zulässiges Verteidigungsverhalten strafschärfend auswirken kann und wird“, sagte Boatengs Anwalt Norman Nathan Gelbert. Der Angeklagte müsse darum davon ausgehen, dass „das Urteil schon feststeht“.

Der ehemalige Bayern-München-Spieler Jerome Boateng vor Gericht
APA/AFP/Christof Stache

Forstner hatte die Verteidiger zuvor aufgerufen, das Verfahren nicht mit zahlreichen Beweisanträgen künstlich in die Länge zu ziehen, und gesagt, Prozessverhalten könne sich auf die Strafzumessung im Urteil auswirken. Das Gericht lehnte den Befangenheitsantrag ab. „Der Antrag dient lediglich der Verfahrensverschleppung“, sagte Forstner. „Verfahrensfremde Zwecke“ seien damit beabsichtigt.

„Rügen Sie das in der Revision und gut ist“, sagte Forstner, als die Verteidigung weiter über den Antrag diskutieren wollte. Forstner hatte zuvor betont, er wolle das Verfahren, für das ursprünglich zwei Verhandlungstage angesetzt waren, heute, also am dritten Prozesstag, zu Ende bringen.

Der 34-Jährige ist angeklagt, weil er 2018 seine damalige Partnerin in einem Karibik-Urlaub beleidigt, geschlagen und verletzt haben soll. Das Amtsgericht München hatte ihn im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe von 1,8 Mio. Euro verurteilt. Weil alle Prozessbeteiligten Rechtsmittel gegen dieses Urteil einlegten, startete im Oktober der Berufungsprozess.

Staatsanwaltschaft fordert Freiheitsstrafe

Die Staatsanwaltschaft fordert nun eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren für Boateng. Er sei wegen gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu verurteilen, verlangte Staatsanwältin Stefanie Eckert vor dem Landgericht München I. Diese Freiheitsstrafe könne zur Bewährung ausgesetzt werden, die Bewährungszeit solle auf drei Jahre festgesetzt werden.

Verteidigung fordert Freispruch

Die Verteidigung fordert Freispruch vom Vorwurf der Körperverletzung. Der 34-Jährige sei jemand, „der eigentlich schon verurteilt war, bevor er morgens aufgestanden ist“, sagte sein Anwalt Peter Zuriel. „Eine prominente Person kann sich nicht in derselben Weise verteidigen, wie es ein 08/15-Mensch tun würde.“

Boatengs Ex-Freundin und Mutter der gemeinsamen Zwillingsmädchen habe die Vorwürfe „im Kampf um die Kinder“ erfunden und „instrumentalisiert“, sagen seine Anwälte. Zuriels Kollege Norman Nathan Gelbert wies auf mutmaßliche Widersprüche in der Aussage der Nebenklägerin hin und betonte, dass ein Angeklagter bei Zweifeln freigesprochen werden müsse: „In dubio pro reo.“