Redwan Hussein, Uhuru Kenyatta und Getachew Reda
AP/Themba Hadebe
Nach zwei Jahren Krieg

Waffenstillstand in Äthiopien beschlossen

Nach zwei Jahren blutigem Krieg gibt es vorsichtige Hoffnung: Die Konfliktparteien im Tigray-Konflikt in Äthiopien haben sich nach Angaben der Afrikanischen Union (AU) auf eine Waffenruhe verständigt. Beide Seiten hätten einer „Einstellung der Feindseligkeiten zugestimmt“, sagte der AU-Vermittler Olusegun Obasanjo am Mittwoch nach tagelangen Friedensgesprächen in Südafrika. Die Kämpfe haben Millionen Menschen vertrieben, Tausende getötet und Teile von Tigray in eine Hungersnot gestürzt.

Die Konfliktparteien haben sich demzufolge zudem auf eine „systematische und koordinierte Entwaffnung“ geeinigt. Die in der äthiopischen Region regierende Tigrayer Volksbefreiungsfront (TPLF) sprach von einem „Neubeginn“ und erklärte, sie habe in den Friedensgesprächen „Zugeständnisse“ gemacht.

Vor laufenden Kameras unterzeichneten die Konfliktparteien am Mittwoch ein entsprechendes Abkommen. In einer gemeinsamen Mitteilung hieß es dazu: „Nach zehn Tagen intensiver Verhandlungen haben (wir) ein Friedensabkommen geschlossen.“ Details dazu, worauf die politische Lösung basiert, gab es am Mittwoch nicht.

„Neue Ära in Äthiopien“

„Beide Parteien haben sich formell auf die Einstellung der Feindseligkeiten sowie (…) auf Abrüstung geeinigt“, erklärte der Vermittler der Afrikanischen Union, der ehemalige nigerianische Präsident Obasanjo. Teil des Abkommens sei eine Vereinbarung, Recht, Ordnung und öffentliche Dienstleistungen wiederherzustellen sowie Zugang zu Hilfsgütern zu ermöglichen, so Obasanjo.

Nun beginne eine neue Ära in Äthiopien. Das von beiden Bürgerkriegsparteien unterzeichnete Abkommen werde den Friedensprozess starten. Damit werde die Rückkehr zu Recht und Gesetz ermöglicht und der Weg für humanitäre Hilfen frei gemacht. Der Vertreter der äthiopischen Regierung forderte, alle müssten sich nun an den Geist des Abkommens halten. Ein Sprecher der Rebellen aus der Provinz Tigray versicherte, man sei bereit, den Weg des Friedens zu gehen.

Mit der Vereinbarung ist eine erste Hürde genommen. Nun sei die schnelle Umsetzung des Abkommens mit all seinen Aspekten „von entscheidender Bedeutung“, sagte Obasanjo. „Dieser Moment ist nicht das Ende des Prozesses, sondern der Anfang davon.“

Zerstörter Panzer in Äthiopien
Reuters/Tiksa Negeri
Ein nach den Kämpfen zerstörter Panzer in der Stadt Kasagita in Äthiopien

Jahrelanger Kampf um Vorherrschaft

Die Friedensgespräche hatten vor rund einer Woche in Südafrika begonnen. Führende afrikanische Staaten hatten wie die USA und die Europäische Union einen Waffenstillstand und die Aufnahme von Verhandlungen gefordert, um weiteres Leid von der Zivilbevölkerung abzuwenden. Die Konfliktparteien hatten mehr als eine Woche hinter verschlossenen Türen verhandelt. Eigentlich sollten die Gespräche nur ein paar Tage dauern.

Ursache der im November 2020 ausgebrochenen Kämpfe sind seit Langem bestehende Rivalitäten regionaler Mächte, die um die Vorherrschaft in Äthiopien streiten. Der Tigray-Konflikt hatte mit einer Offensive der äthiopischen Streitkräfte begonnen, nachdem die TPLF die Autorität der Zentralregierung immer wieder infrage gestellt hatte.

Die Rebellen der TPLF warfen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed vor, die Macht auf Kosten der Regionen Äthiopiens zu zentralisieren. Abiy bestritt das und warf der TPLF im Gegenzug vor, die Macht im Land zurückerobern zu wollen. Die TPLF war bis zur Wahl von Abiy zum Regierungschef 2018 dominierende Kraft im Staat.

Drastische humanitäre Krise ausgelöst

Die Kämpfe lösten eine drastische humanitäre Krise in Äthiopien aus. Mindestens zwei Millionen Menschen wurden vertrieben. Menschenrechtsorganisationen beklagen, dass es auf beiden Seiten zu schwerwiegenden Kriegsverbrechen und ethnischen Säuberungen gekommen sei.

Binnenflüchtlinge in Äthiopien
AP/Ben Curtis
Frauen rösten Kaffeebohnen in dem Klassenzimmer einer Schule, die ihnen als provisorisches Zuhause dient

Der Konflikt ist nach Angaben des Forschungsinstituts International Crisis Group (ICG) „einer der tödlichsten weltweit“. Allein in den vergangenen zwei Monaten sollen laut ICG Zehntausende Menschen getötet worden sein. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, hatte kurz vor Beginn der Friedensgespräche noch gewarnt, die „Situation im Land gerate außer Kontrolle“.

Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge sind von den gut sieben Millionen Menschen in Tigray etwa 5,2 Mio. auf humanitäre Hilfe angewiesen. Laut einer US-Schätzung starben rund eine halbe Million Menschen in dem Konflikt, in Teilen von Tigray herrscht Hungersnot. Eine fünfmonatige Waffenruhe hatte zwischenzeitlich Hoffnungen auf eine Verhandlungslösung genährt, Ende August entflammten die Kämpfe aber erneut.

Waffenstillstand in Äthiopien vereinbart

Nach zwei Jahren blutigem Krieg gibt es vorsichtige Hoffnung: Die Konfliktparteien im Tigray-Konflikt in Äthiopien haben sich nach Angaben der Afrikanischen Union (AU) auf eine Waffenruhe verständigt. Beide Seiten hätten einer „Einstellung der Feindseligkeiten zugestimmt“, sagte der AU-Vermittler Olusegun Obasanjo nach tagelangen Friedensgesprächen in Südafrika. Die Kämpfe haben Millionen Menschen vertrieben, Tausende getötet und Teile von Tigray in eine Hungersnot gestürzt.

Frieden bleibt fragil

Ob die Waffenruhe diesmal halten wird, ist daher fraglich. Selbst die Vermittler betonten am Mittwoch, wie fragil die Situation sei. „Die tief liegenden Gründe für den Konflikt werden ausnahmslos bestehen bleiben, es sei denn, sie werden durch Dialog gelöst“, warnte die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor. Der ehemalige kenianische Präsident Uhuru Kenyatta betonte, die Implementierung der Vereinbarungen werde streng von der AU überwacht werden.

UNO-Sprecher Stephane Dujarric zeigte sich nach Unterzeichnung des Abkommens vorsichtig hoffnungsvoll: Es sei „ein sehr willkommener erster Schritt, von dem wir hoffen, dass er den Millionen von äthiopischen Zivilisten, die während dieses Konflikts wirklich gelitten haben, etwas Trost bringt“.