Fachkräftemangel: Polaschek prüft neue Auslandsschulen

Acht österreichische Auslandsschulen verteilen sich über den ganzen Globus – künftig sollen es mehr sein. ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek lässt nämlich neue Standorte prüfen, wie er bei einem Hintergrundgespräch ankündigte.

„Wir wollen die Auslandsschulen in eine neue Richtung entwickeln. Ich habe einen entsprechenden Auftrag erteilt, neue Standorte zu prüfen“, sagte Polaschek während eines Arbeitsbesuchs in Albanien, wo er heute die Auslandsschule in Shkodra besuchte. Diese feiert dieses Jahr ihr 15-jähriges Bestehen.

Arbeitsmarktbedarf im Blick

Die acht Auslandsschulen, die sich unter anderem in Guatemala-Stadt, Istanbul und Budapest befinden, sind Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht, in denen ein in der Regel adaptierter österreichischer Lehrplan gilt. Sinn hinter den Auslandsschulen war seit jeher der kulturelle Austausch. Polaschek will die Auslandschulstrategie nun überarbeiten und auch den Arbeitsmarktbedarf in den Blick nehmen.

Mit dem Innenministerium und Außenministerium sei man bereits in enger Abstimmung, um zu klären, welche Länder für Auslandsschulen infrage kommen. „Wir schauen uns an, was Sinn ergibt“, sagte Polaschek. Mögliche Partner würden sich etwa in der Kaukasusregion befinden. Auch auf anderen Kontinenten wären Auslandsschulen vorstellbar – doch beim Thema Fachkräftemangel würde sich eine geografische Nähe anbieten.

HTL Shkodra als Vorbild für künftige Standorte

In Auslandsschulen lernen die Schüler und Schülerinnen Deutsch und die jeweiligen Fachgebiete. Der Standort Shkodra wurde vor 15 Jahren als HTL errichtet. Bis zu 80 Prozent der Absolventen und Absolventinnen würden für das Studium oder eine Arbeit nach Österreich kommen, wurde von Vertretern der Einrichtung gegenüber anwesenden Medien betont. Einige würden auch bei österreichischen Firmen in der Region entsprechend ihrer Ausbildung einer Tätigkeit nachgehen.

Polaschek hielt auf Nachfrage mehrmals entgegen, dass es sich hierbei um eine Kooperation mit den jeweiligen Gastländern handle. Von einem Brain-Drain, den Auslandsschulen womöglich befeuern, will er nicht sprechen. „Die Schüler und Schülerinnen erhalten sowohl einen landesspezifischen als auch einen österreichischen Abschluss. Mit Albanien funktioniert die Kooperation hervorragend“, sagte der Bildungsminister.

WKO und IV begrüßen Vorhaben

Die Wirtschaftskammer (WKO) und die Industriellenvereinigung (IV), die die Delegation nach Albanien begleiteten, begrüßten die Ankündigung Polascheks. „Wir müssen österreichisches Know-How in den Ländern verankern, und wenn die Absolventen wollen, können sie bei uns zum Beispiel mittels Praktika erste Auslandserfahrungen sammeln“, sagte Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der WKO.

Die Gastländer würden ebenfalls von Auslandsschulen profitieren, weil viele Absolventen und Absolventinnen entweder im Heimatland bleiben oder nach einiger Zeit im Ausland wieder dorthin zurückkehren. Auf die ORF.at-Frage, wie man mit kurzfristigen Engagements den Fachkräftemangel in Österreich decken will, sagte Kühnel: „Wir haben nicht mehr einen Fachkräftemangel, sondern einen Arbeitskraftmangel. Wir freuen uns über Arbeitskräfte.“

Fokus auf Berufsausbildung

Derzeit werden in den acht Auslandsschulen 3.300 Kinder und Jugendliche unterrichtet. Nach Angaben des Bildungsministeriums kosten die Institutionen der Republik jährlich 19 Millionen Euro. Durch private Gönner und Gebühren kommt noch zusätzliches Geld für die Schulen hinein. Zwei Auslandsschulen sind berufsbildende höhere Schulen, die anderen sechs sind als allgemeinbildende höhere Schulen konzipiert. Lehrer und Lehrerinnen kommen sowohl aus Österreich als auch aus dem Land, in dem sich die Schule befindet.

Vertreter und Vertreterinnen der Auslandsschule Shkodra betonten, dass Eltern sich hauptsächlich für die HTL entscheiden, um ihren Kindern später ein solides Einkommen zu ermöglichen. Deshalb sei auch Deutsch, das die Kinder und Jugendlichen nach ihrer Zeit in der albanischen Volksschule lernen, wichtig. Die Schule genieße in Albanien einen guten Ruf, heißt es.

Shkodra sei ein „Erfolgsmodell“ und Auslandsschulen ein „Puzzlestein“, wie man dem Fachkräftemangel begegnen könne, sagte Polaschek. Als Schwerpunkte könnten insbesondere die Bereiche IT, Tourismus und Pflege vorgesehen werden. Eine solche Festlegung passiere allerdings nur in enger Abstimmung mit den potenziellen Gastländern – die man erst finden muss.

ORF.at begleitete mit anderen Medien eine knapp 30-köpfige Delegation nach Albanien. Die Reise erfolgte auf Einladung des Bildungsministeriums.