Presserat rügt „Österreich“ für Foto von Opfer und Tatverdächtiger

Der Presserat hat die Tageszeitung „Österreich“ gerügt, da sie zwei Verstorbene – eine Tatverdächtige und ein Opfer – nicht ausreichend anonymisiert hat. Im Zuge der Berichterstattung über zwei in einer Wohnanlage aufgefundene Tote hat „Österreich“ nicht nur die Adresse, sondern auch Porträtfotos veröffentlicht, durch die die Verstorbenen identifiziert werden konnten, begründet der Presserat heute in einer Aussendung den Verstoß gegen den Ehrenkodex.

Konkret geht es um die Artikel „Liebespaar in Wohnung erstochen“ (28. Februar 2022) und „2 Messer-Tote: Frau schnitt Opfer Kehle durch“ (1. März 2022). In ersterem wurde etwa die Frage aufgeworfen, welcher der beiden Verstorbenen den anderen getötet haben könnte, in letzterem berichtet, dass die Tatverdächtige ihren Geliebten wohl aus Eifersucht erstochen und dann Suizid begangen habe. Die Tochter der Tatverdächtigen hatte sich anschließend an den Presserat gewandt.

Fotos ohne Einwilligung aus sozialem Netzwerk

Berichte über Kriminalfälle seien grundsätzlich von Interesse für die Allgemeinheit, aber „das Leid, das die Betroffenen und ihre Angehörigen erfahren, darf durch die Berichterstattung nicht vergrößert werden“, verkündete dieser. Der Senat 1 des Presserats kritisierte etwa, dass ohne Einwilligung der Angehörigen aus den sozialen Netzwerken stammende Porträtfotos übernommen und nur unzureichend verpixelt wurden, wodurch die Personen identifiziert werden konnten.

Auch mit der Veröffentlichung der genauen Adresse samt Stiegen- und Türnummer der Wohnung war der Senat nicht einverstanden. „Überschießend“ sei die genaue Schilderung der Tötungsmethode der Frau gewesen, vor allem wegen der Nachahmungsgefahr.

Entscheidung muss in „Österreich“ veröffentlicht werden

Die Tageszeitung „Österreich“ habe demnach gegen die Punkte Persönlichkeitsschutz, Intimsphäre und Suizidberichterstattung des Ehrenkodex verstoßen. Die Entscheidung müsse "von der „Mediengruppe ‚Österreich‘ GmbH“ in der Rubrik „ÖSTERREICH Aktuell“ in der Tageszeitung „Österreich" veröffentlicht werden“, heißt es in der Aussendung. Da die Medieninhaberin, die Mitglied des Österreichischen Presserats ist, dem nicht fristgerecht nachgekommen sei, sei die Veröffentlichungspflicht gerichtlich vollstreckbar.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Österreichweit und in den Bundesländern gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.