NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger
ORF
„Pressestunde“

Meinl-Reisinger verteidigt U-Ausschuss-Ende

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ die Haltung ihrer Partei zum Ende des ÖVP-U-Ausschusses gerechtfertigt. Der U-Ausschuss soll trotz allem nicht generell verlängert werden, nur Thomas Schmid soll noch ein letztes Mal geladen werden. Erneut forderte Meinl-Reisinger auch Neuwahlen und sparte nicht an Kritik an der ÖVP. Eine Koalition mit der Volkspartei wollte sie aber dennoch nicht prinzipiell ausschließen.

Die Aufgabe des ÖVP-Untersuchungsausschusses, die politische Aufarbeitung, sei grundsätzlich abgeschlossen, so Meinl-Reisinger. Vieles, was im Ausschuss herausgearbeitet worden sei, sei mittlerweile im Strafrecht angekommen. Das Parlament dürfe sich „aber nicht an der langen Nase ziehen lassen“ durch die jüngste Ladung von Ex-ÖBAG-Chef Schmid in den Ausschuss. Zur Erinnerung: Schmid war diese Woche nach mehreren ignorierten Ladungen doch erschienen, hatte aber eisern geschwiegen. Er stand dort zwar unter Wahrheitspflicht, konnte sich aber aufgrund der aktuellen Ermittlungen entschlagen.

NEOS hatte sich entgegen früherer Aussagen nach Schmids erfolgloser Befragung am Donnerstag doch für eine einmalige Verlängerung des Ausschusses ausgesprochen. Eigentlich ist die letzte Sitzung für den 7. Dezember veranschlagt. Nun dürfte der Ausschuss doch noch einmal verlängert werden, da sich SPÖ, FPÖ und Grüne ohnehin für eine Verlängerung ausgesprochen hatten.

Nach Auffassung von NEOS könne sich Schmid nach Abschluss der Erhebungen nicht mehr der Aussage entschlagen, so Meinl-Reisinger. Prinzipiell aber wisse man bereits, „dass die ÖVP ein Korruptionsproblem hat“. Die politischen Konsequenzen lauteten nun „schärfere Gesetze“, die schon lange vorlägen und Lücken schließen würden, sowie Neuwahlen.

Meinl-Reisinger über den ÖVP-U-Ausschuss

NEOS können sich nach Schmids Auftritt im U-Ausschuss nun doch eine einmalige Verlängerung vorstellen.

Neuwahlen und Koalitionsdenkspiele

Viele Menschen würden sich „mit Grauen und Grausen“ von der Politik abwenden. Es brauche eine Katharsis, eine Läuterung. Dazu müsse jedoch die ÖVP in die Opposition, da jede Partei, die zu lange an der Macht sei, strukturell korrumpiert werde. Vor allem das Finanzministerium müsse „den Klauen der ÖVP“ entrissen werden, sagte die NEOS-Chefin, die mit Kritik an der ÖVP nicht sparsam umging.

Eine potenzielle Dreierkoalition mit der ÖVP im Fall von Neuwahlen wollte Meinl-Reisinger aber nicht generell ausschließen, das hänge von den Inhalten ab. Nur eine Koalition unter Beteiligung der FPÖ schloss sie kategorisch aus, sie sei schlicht nicht regierungsfähig.

Die Zukunft der NEOS

Meinl-Reisinger über mögliche Koalitionen und die Rolle von NEOS dabei.

Wien Energie: „So ein Riesenskandal war es nicht“

Die Kritik, der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) habe von den Finanznöten der Wien Energie – sie hatte in der Energiekrise im Spätsommer dringend Hilfe vom Bund benötigt – die Öffentlichkeit zu spät informiert, wies Meinl-Reisinger zurück. Wie Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in der Causa gehandelt habe, habe ihr nicht gefallen, so Meinl-Reisinger.

Wiederkehr aber habe zunächst nachgefragt und Druck für mehr Transparenz gemacht, damit ein solcher Fall in der Zukunft nicht mehr passiere. Er habe sich für ein Interpellationsrecht bei ausgegliederten Betrieben starkgemacht, der Stadtrechnungshof prüfe, es habe Druck für mehr Kontrolle gegeben. „Was nicht geht, ist die Nichtkommunikationsarbeit“, sagte die NEOS-Chefin. „Aber so ein Riesenskandal war es nicht“, so Meinl-Reisinger. „Deshalb die Koalition sprengen? Ich glaube nicht.“

Debatte über Wien Energie

Die NEOS-Chefin verteidigte das Vorgehen von Vizebürgermeister Wiederkehr in der Causa Wien Energie.

Für leichteren Zugang zu Staatsbürgerschaft

Angesprochen auf die jüngste Forderung der Wiener SPÖ, den Zugang zur Staatsbürgerschaft zu erleichtern, reagierte Meinl-Reisinger gesprächsbereit. Eigentlich müsse man ein gesamtgesellschaftliches Interesse haben, dass sich jemand, der nach Österreich komme, zum Land „und unseren Werten“ bekenne. Dazu sei die Staatsbürgerschaft ein Mittel, die Hürden dafür seien zu hoch. Die Prüfungen dauerten zu lange und am Ende stünde manchmal eine Ablehnung aus absurden Gründen. Einen generellen Wechsel zum „Ius soli“, also einer Einbürgerung durch Geburt im Land, lehne man aber ab.

Zelte als „Armutszeugnis“

Die aktuelle Situation, bei der Geflüchtete in Zelten untergebracht werden, schätzte Meinl-Reisinger als „krasses Missmanagement“ ein. Verantwortlich dafür machte sie Bund wie Länder. Es seien vor allem ÖVP-geführte Bundesländer, die die Aufnahmequote nicht erfüllten. Es gebe aber Unterbringungen – bezahlt vom Steuerzahler –, die leer stünden. Dass nun der Bund Zelte aufstelle, um den Druck zu erhöhen, sei ein Armutszeugnis. Es gäbe ja auch gesetzliche Möglichkeiten oder auch den Finanzausgleich als Vehikel, um die Länder zur Aufnahme zu bewegen.

Diskussionen über Asylquartiere

Der Streit über die Aufnahme Geflüchteter sei nicht gerechtfertigt, so Meinl-Reisinger.

Kritik übte Meinl-Reisinger auch an der Ukraine-Politik Österreichs. Jedes andere Land in Europa habe den völkerrechtswidrigen Einmarsch in die Ukraine als Zeitenwende erkannt, sagte Meinl-Reisinger. Nur Österreich habe die veränderten Gegebenheiten nicht berücksichtigt. Es gebe nun zwar mehr Geld fürs Bundesheer, „aber niemand kennt eine Strategie“. Sie sprach sich für eine Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsstruktur in Europa aus und in Österreich für eine „kooperative Neutralität“, die „mit starken Partnern“ zusammenarbeite.

FPÖ: „Rosarote Scheinheiligkeit“

Von den Freiheitlichen kam am Sonntag Kritik an der NEOS-Obfrau. Meinl-Reisingers Kritik an der ÖVP sei "nur Schall und Rauch, denn auf die Frage, ob sie eine Koalition mit der ÖVP eingehen würde, gab sie keine ablehnende Antwort. Im Gegenteil – sie liebäugelte damit, sich mit den Schwarzen zu verbünden“, sagte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. Die FPÖ hingegen, die „einzig echte Reformpartei“, schließe sie als Koalitionspartner aus. „Da dürfte die schwarze Vergangenheit von Meinl-Reisinger ihre Spuren hinterlassen haben – als so eine Art Stockholm-Syndrom“, so Schnedlitz.