Proteste in Kosovo
Reuters/Laura Hasani
KfZ-Kennzeichen

Neue Spannungen im Kosovo

Im Kosovo haben sich die Spannungen zwischen Vertretern der serbischen Minderheit und der Regierung in Prishtina verstärkt. Nach einem Beschluss der kosovarischen Serben-Partei Srpska Lista vom Samstag haben alle ethnischen Serbinnen und Serben ihre Ämter in kosovarischen Institutionen wie Polizei, Justiz, Parlament und Kommunen niedergelegt. In Nordmitrovica versammelten sich Tausende zu Protesten.

Anlass des Protestes ist der Beschluss der Regierung in Prishtina, ethnische Serbinnen und Serben dazu zu verpflichten, ihre vom Nachbarland Serbien ausgestellten Kfz-Kennzeichen durch kosovarische zu ersetzen. EU, NATO und die internationale Kosovo-Schutztruppe KFOR reagierten besorgt auf die Entwicklungen.

Der Beschluss zur Niederlegung der Ämter fiel am Samstag im nordkosovarischen Ort Zvecan bei einem Treffen der von Belgrad unterstützten Srpska Lista. Unter anderem zogen dabei ethnisch serbische Polizisten ihre kosovarischen Polizeiuniformen aus, unter dem Applaus der Sitzungsteilnehmer.

Entlassung von Polizeichef sorgt für Wirbel

Zuvor hatte die Regierung in Prishtina den für das kosovarische nördliche Serben-Gebiet zuständigen regionalen Polizeichef entlassen. Dieser hatte sich geweigert, Menschen aufzurufen, ihre Kfz-Kennzeichen auszutauschen. Zugleich verlängerte Prishtina die Frist für einen Wechsel bis zum 21. April kommenden Jahres. Bei Verstößen solle es schrittweise Verwarnungen bis hin zu Geldbußen geben.

Tausende nordkosovarische Serbinnen und Serben versammelten sich am Sonntag zu einer Kundgebung in Nordmitrovica. Die Demonstration soll nach Angaben der Serbischen Liste, die in der Regierung von Premier Albin Kurti bisher einen Minister hatte, dazu dienen, die Einheit der Serben zu bekunden.

Auch soll Europa gezeigt werden, dass Serbien die Heimat der im Nordkosovo lebenden Serben sei. Lokale Serben waren bereits am Samstag aufgefordert worden, serbische Flaggen an ihren Wohnhäusern abzuhängen.

Appell von Premierminister

Premier Kurti appellierte laut Medienberichten unterdessen an die Serben, ihre Arbeit in den kosovarischen Institutionen nicht aufzugeben. Sie sollten „nicht zu Opfern politischer Machenschaften und geopolitischer Spiele“ werden, wurde Kurti zitiert.

Die Regierung in Prishtina hatte am Dienstag mit der Umsetzung des Plans gestartet, welcher den Austausch von serbischen Kennzeichen durch die albanischen bis 21. April vorsieht. Serben im Norden des Kosovo weigern sich allerdings, der Anordnung zu folgen.

Belgrad unterstützt Proteste

Die Protestaktionen der Serben im Norden des Kosovo genießen die volle Unterstützung von Belgrad. Die serbischen Behörden beschuldigen Prishtina seit Jahren, sich nicht an die Vereinbarung von Brüssel aus dem Jahre 2013 zu halten. Diese sah die Bildung einer Gemeinschaft der serbischen Gemeinden im Kosovo vor.

Prishtina befürchtet allerdings, dass das ein Schritt wäre, den Einfluss Belgrads im jüngsten Staat Europas zu festigen und ihn funktionsunfähig zu machen.

Borrell: Entwicklungen gefährden jahrelange Arbeit

„Die jüngsten Entwicklungen gefährden die jahrelange Arbeit am Dialog zwischen Belgrad und Prishtina. Ich habe beide Seiten dazu aufgerufen, einseitige Aktionen zu unterlassen, die zu weiteren Spannungen führen können“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

Borrell hatte unter anderem versucht, im Kfz-Kennzeichenstreit zu vermitteln. Ähnliche Aufrufe kamen vom stellvertretenden NATO-Generalsekretär Mircea Geoana, von der Schutztruppe KFOR und vom EU-Sonderbeauftragten für den Dialog zwischen Belgrad und Prishtina, Miroslav Lajcak.

Die vormalige serbische Provinz Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien erkennt das nicht an, anders als die meisten Staaten der Welt. Im UNO-Sicherheitsrat zählt Belgrad seit Jahren auf die Unterstützung der Vetomacht Russland.

FPÖ-Kritik an EU-Mandatar der ÖVP

Kritik des Leiters der EU-Freundschaftsgruppe mit dem Kosovo, Lukas Mandl (ÖVP), an Serbien sorgt unterdessen für Empörung bei der FPÖ.„Die serbische Führung unterstützt nicht die freie Welt, sondern den Krieg Putin-Russlands“, so Mandl am Freitag bei einem Besuch im Kosovo. Gemeinsam mit EU-Abgeordneten anderer Fraktionen, darunter auch dem Grünen Thomas Waitz, nahm Mandl an Gesprächen mit dem kosovarischen Parlament teil.

Der Kosovo-Beauftragte der EVP-Fraktion im Europaparlament betonte in Bezug auf den Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo, dass dieser „nur dann ein Erfolg wird, wenn es zur gegenseitigen Anerkennung der beiden Staaten kommt“. Die fünf EU-Mitgliedsstaaten (Rumänien, Slowakei, Spanien, Griechenland und Zypern), die den Kosovo noch nicht anerkennen, seien „dringend gefordert, mit gutem Beispiel voranzugehen“, forderte Mandl.

Kritik an Mandl übten am Samstag der FPÖ-Europaabgeordnete Harald Vilimsky und der außenpolitische Sprecher der Wiener FPÖ, Maximilian Krauss. „Während Mandl ständig und pauschal Serbien beschimpft, spielt er sich als Cheflobbyist für den Kosovo auf“, hieß es in einer Aussendung. Anstatt in dem für Südosteuropa „heiklen Konflikt eine neutrale Rolle einzunehmen, wird seitens der ÖVP Meinungsmache für den Kosovo betrieben“, so Vilimsky und Krauss. Man fordere die ÖVP auf Regierungsebene auf, „neutral aufzutreten und nicht einseitig Partei zu ergreifen“, hieß es.

Mandl: Serbien als „Wirtschaftsmotor“

Mandl schrieb Sonntagabend auf Twitter, in seiner Rede im Kosovo betont zu haben, dass Serbien „viel positive Verantwortung“ für seine Bürgerinnen und Bürger und die gesamte Region übernehmen könne. Das Land könne ein „Wirtschaftsmotor“ für den Westbalkan werden, so Mandel. Der ÖVP-Europaabgeordnete verwies darauf, dass 50 Prozent der Wertschöpfung in den Westbalkan-Staaten auf Serbien entfallen.