Veralteter Maßnahmenvollzug steht vor Reform

Die schon länger diskutierte Reform des Maßnahmenvollzugs soll demnächst stehen. Dem Vernehmen nach sind die Verhandlungen zwischen Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und der ÖVP bereits weit fortgeschritten, hieß es heute aus Regierungskreisen.

Der Abschluss soll kurz bevorstehen. Schwerpunkt sind die Unterbringungsvoraussetzungen – also wann vorbeugende, freiheitsentziehende Maßnahmen gegen bestimmte Täter ergriffen werden dürfen.

50 Jahre altes System

Österreichs aktuelles System des Maßnahmenvollzugs stammt noch aus den 1970er Jahren, als die Unterbringung in „Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher“ eingeführt wurde. Nach viel Kritik, stark steigenden Zahlen der so Untergebrachten und Verurteilungen durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof wurde im Vorjahr ein Entwurf in Begutachtung geschickt.

Der Maßnahmenvollzug (offiziell: „Mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen“) soll dazu dienen, neben bzw. auch über die verhängte Strafe hinaus eine sonst wahrscheinliche Begehung weiterer strafbarer Handlungen durch den Verurteilten zu verhindern.

So können etwa gefährliche Straftäterinnen und Straftäter sowie Personen, die aufgrund mangelnder Schuldfähigkeit nicht verurteilt werden können, bzw. gefährliche Rückfallstäterinnen und -täter in den Maßnahmenvollzug kommen.

Gezieltere Strafen

An den aktuellen Regeln kritisiert wurde, dass immer mehr Menschen wegen minder schwerer Anlasstaten – etwa Nötigung – im Maßnahmenvollzug untergebracht wurden. Diese stellten bereits 2010 erstmals die anteilsmäßig größte Gruppe der Eingewiesenen dar. Das soll sich nun ändern.

Im Begutachtungsentwurf im Vorjahr wurden etwa die Strafschwellen für die Anlasstat erhöht (mit Ausnahmen bei hoher Gefährlichkeit des Täters). So sollen etwa nur jene psychisch kranken Menschen in den Maßnahmenvollzug, bei denen das aufgrund ihrer Gefährlichkeit erforderlich ist – die anderen sollen im regulären Gesundheitssystem behandelt werden.