Plenarsaal im renovierten Parlament
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Das Parlament zieht wieder ein

Seit 2017 wird das historische Parlamentsgebäude an der Wiener Ringstraße saniert. Doch so langsam müssen sich die Abgeordneten und die Beschäftigten des Parlaments auf ihre neue alte Heimat einstellen. Denn in wenigen Wochen wird das Hohe Haus wiedereröffnet – auch für Besucher und Besucherinnen. Bis dahin muss allerdings noch einiges geschleppt und gerollt werden.

Gang vor dem Plenarsaal im renovierten Parlament
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Am 12. Jänner 2023 wird das historische Parlamentsgebäude mit einem Festakt wiedereröffnet. Für Besucher und Besucherinnen öffnet das Hohe Haus in den Tagen danach die Tore. Der Staubschutz, der jetzt noch über viele Möbelstücke gelegt ist (siehe Bild oben), wird dann ebenso Geschichte sein wie der Akt der Rückübersiedlung. Dieser findet jetzt statt. Er werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, wie es aus der Parlamentsdirektion bei einer Führung durch das Hohe Haus Mitte November hieß.
Bücher im Lager des Palais Epstein vor dem Transport ins Parlament
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Insgesamt werden 800 Arbeitsplätze übersiedelt. Nach Angaben der Parlamentsdirektion werden allein dafür bis zu 6.400 Umzugskartons gepackt, was acht Kartons pro Arbeitsplatz ausmacht. Tausende Gegenstände wie Möbel, Tresore, Pflanzen, aber auch Monitore müssen von den Ausweichräumlichkeiten in das Parlament am Ring befördert werden. Mehr als 40 Personen kümmern sich um den reibungslosen Ablauf.
Ausweichstelle der Parlametsbibliothek im Palais Epstein
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Zu den Objekten gehören aber auch historische Dokumente und Bücher, die während der fünfjährigen Sanierung im Palais Epstein (Bild) und im Gebäude der ehemaligen Handels- und Gewerbekammer untergebracht waren. Die Rückübersiedlung der Bibliothek und des Archivs nimmt noch etwas mehr Zeit in Anspruch: In sechs Etappen soll bis Februar alles in den Räumlichkeiten des Parlaments untergebracht sein.
Archiv der Parlamentsbibliothek
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Der Umzug erfolgt in sechs Etappen, wobei die letzte Etappe die 2.710 Laufmeter Archiv betrifft. Die Dokumente der gesetzgebenden Organe seit 1861 und Verwaltungsakte der Parlamentsdirektion, die sich über Jahrzehnte angesammelt haben, füllen rund 9.000 Kartons.
Bücherkisten warten auf den Transport ins Parlament
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Der Bibliotheksbestand, der in grauen Kisten abgepackt wird und auf seinen Umzug wartet, umfasst 4.500 Laufmeter und wird bereits seit Oktober übersiedelt. Die Bibliothek wurde 1869 gegründet und besitzt 370.000 Bücher, 48.000 Aufsätze und 260 nationale und internationale Zeitschriften und Zeitungen.
Übersiedlung von Büchern aus den Palais Epstein ins Parlament
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Jene Objekte, die sich im Palais Epstein befinden, werden über einen unterirdischen Tunnel, der direkt ins Parlament führt, befördert. Das hat in erster Linie zeitökonomische Gründe, weil man das Hohe Haus über den Tunnel sehr einfach und schnell erreicht. Zudem sind die teils wertvollen Bücher damit nicht Wind und Wetter ausgesetzt. Zwischen Palais Epstein und Parlament liegen Luftlinie nur ein paar Dutzend Meter, aber für diesen Transport sind Gehsteige und Straßenbahnschienen eher ungeeignet.
Gang unter dem Parlamentsbrunnen
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Mit „Der dritte Mann“ machte Orson Welles die Wiener Kanalisation zur Berühmtheit. Das Tunnelsystem unter dem Parlament hat womöglich den gleichen Charme, ist der Öffentlichkeit aber wohl weniger bekannt. Die Belüftung läuft über die unterirdischen Gänge, die auch unter dem vor dem Parlament stehenden Pallas-Athene-Brunnen (Bild) vorbeiführen. Dem Vernehmen nach war früher das Durchschreiten des Tunnelsystems einfacher als heute: Nun kann hier freilich nicht jede Person durchmarschieren.
Der Lesesaal in der neuen Parlametsbibliothek
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Haben die Bücher den Weg durch den Gang und den Aufzug des Parlaments erreicht, landen sie am Ende in der neuen Bibliothek. Ebenerdig befindet sich die juristische Literatur, die auch für die Arbeit der Abgeordneten relevant ist.
Einschlichten von Büchern in der neuen Parlametsbibliothek
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Die parlamentarischen Materialien ab 1848/49 werden auf der Galerie einsortiert. Der Bestand umfasst zum Beispiel die Protokolle der zwei Kammern des Reichsrats (Abgeordnetenhaus und Herrenhaus).
Schaukästen in der neuen Parlametsbibliothek
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Aus der Bibliothek, die kostenlos benutzt werden kann, können künftig Bücher auch entlehnt werden. Das war bisher nicht möglich, war die Bibliothek ja als Präsenzbibliothek gegründet worden. Diese Möglichkeit besteht auch weiterhin – nun mit 15 Leseplätzen, einer davon ist für blinde und sehbehinderte Personen barrierefrei.
Eingangsbereich des Besucherzentrums im renovierten Parlament
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Die Bibliothek und die anderen Räumlichkeiten, die mit Jänner 2023 öffentlich zugänglich sind, erreichen die Besucher und Besucherinnen über den Eingangsbereich. Dieser wurde wie vieles andere auch neu konzipiert. Die Sanierungskosten wurden 2014 gesetzlich mit 352 Millionen Euro festgelegt. Für alle Fälle wurde eine 20 Prozent hohe Reserve ebenfalls vereinbar – diese wurde im November 2020 aktiviert. Wie hoch die Kosten nun tatsächlich sein werden, wird die Öffentlichkeit Ende 2023 erfahren.
Der historische Sitzungssaal des Parlaments
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Neben der feierlichen Eröffnung Anfang Jänner findet wenige Wochen später die Angelobung des wiedergewählten Bundespräsidenten statt. Das frühere Abgeordnetenhaus des Reichsrats war in Zeiten der Monarchie mit bis zu 516 Abgeordneten aus acht Nationen besetzt. Am 26. Jänner wird dort die Bundesversammlung (Nationalrat und Bundesrat) die Amtszeit von Alexander Van der Bellen um weitere sechs Jahre verlängern. Der Ausbau unter dem Bundesversammlungssaal mit 509 Plätzen war wegen der historischen Bausubstanz aufwendiger und kostspieliger als jener unter dem Nationalratssitzungssaal.
Plenarsaal im renovierten Parlament
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Im Nationalratssaal wurde auch einiges geändert, aber das Grundgerüst blieb gleich: Mit dem Rednerpult als Bühne und einem halbkreisförmigen Auditorium ist der Sitzungsaal im historischen Parlament dem griechischen Theater nachempfunden, an dessen Spitze der Nationalratspräsident sitzt. Dieser hatte zuletzt für Aufregung gesorgt, weil er im Empfangssalon („Blauer Salon“) ein Klavier aufstellen lässt – die Miete beträgt 3.000 Euro monatlich. Der Flügel wurde aus „Flexibilitätsgründen“ gemietet, heißt es offiziell, der Vertrag sei monatlich kündbar. Bedeutet auch, dass sich künftige Parlamentspräsidenten bzw. -präsidentinnen vom Musikinstrument trennen könnten. Der Flügel soll übrigens Ende November geliefert werden – weshalb es noch keine Fotos gibt.
Bundesratssitzungssaal im renovierten Parlament
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Der Bundesratssaal (Bild) wurde zwar mit 128 Sitzplätzen ausgestattet, kann allerdings für Veranstaltungen mehr Leute unterbringen. Während die großen Säle bei ihren ursprünglichen Bezeichnungen bleiben, wurden andere Lokale, in denen etwa Ausschusssitzungen stattfinden, zusätzlich nach bekannten Persönlichkeiten benannt: „Erwin Schrödinger“ (Lokal 1), „Elise Richter“ (Lokal 2), „Theophil Hansen“ (Lokal 3), „Berta von Suttner“ (Lokal 4), „Ludwig Wittgenstein“ (Lokal 5), „Lise Meitner“ (Lokal 6), „Egon Schiele“ (Lokal 7) und „Eugenie Schwarzwald“ (Lokal 8).
Lokal für Untersuchungsausschüsse im renovierten Parlament
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Im dritten Obergeschoß lassen sich die Wintergärten „Romy Schneider“ und „Maria Lassnig“ finden. Die insgesamt sechs Besprechungszimmer werden nach „Viktor Frankl“, „Ella Lingens-Reiner“, „Sigmund Freud“, „Gabriele Possaner“, „Ingeborg Bachmann“ und „Fellerer/Wörle“ benannt. Für Untersuchungsausschüsse (Bild) gibt es im Untergeschoß künftig zwei abhörsichere Räume. Namensgeber sind der Künstler Oskar Kokoschka und der Architekt Adolf Loos – zumindest mit Stand August 2022.
Eingangsbereich des Besucherzentrums im renovierten Parlament
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Damit sich die Abgeordneten und Beschäftigten nicht immer Vor- und Nachnamen zurufen müssen, um zu wissen, wo der nächste Termin im Parlament stattfindet, sollen dem Vernehmen nach die ursprünglichen Nummerierungen („Lokal I“, „Lokal II“, „Lokal III“ etc.) weiter Bestand haben. Besucher und Besucherinnen können sich frühestens Anfang des kommenden Jahres davon ein Bild machen.

Sanierungsarbeiten seit 2017

Fotostrecke mit 10 Bildern

Eindrücke von der Renovierung des Parlaments
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Von 2017 bis 2022 wurde das aus dem 19. Jahrhundert stammende Parlament saniert
Eindrücke von der Parlamentssanierung
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Ursprünglich war gedacht, dass die Bau- und Sanierungsarbeiten im Frühjahr 2020 abgeschlossen sein werden
Eindrücke von der Renovierung des Parlaments
Parlamentsdirektion/Michael Buchner
Geplant war auch, dass die Abgeordneten und Parlamentsmitarbeiter im Sommer 2020 wieder ins Hohe Haus am Ring übersiedeln könnten
Eindrücke von der Renovierung des Parlaments
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Doch diverser Gründe wegen dauerten die Bauarbeiten viel länger
Eindrücke von der Renovierung des Parlaments
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Auf dem 20.000 Quadratmeter großen Grundstück wurden 55.000 Quadratmeter Geschoßflächen, 740 Fenster und rund 600 historische Türen saniert
Eindrücke von der Parlamentssanierung
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Die insgesamt 1.600 Räume im Parlamentsgebäude beinhalten jetzt auch ein 1.500 Quadratmeter großes Besucherzentrum im Erdgeschoß und eine 800 Quadratmeter große Gastronomiefläche
Eindrücke von der Renovierung des Parlaments
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Über 100 Firmen aus ganz Österreich wirkten bisher an der Sanierung des Parlaments mit
Eindrücke von der Renovierung des Parlaments
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Im November 2020 wurde eine nachträgliche Kostenüberschreitung um 20 Prozent beschlossen, da abzusehen war, dass die gesetzlich festgelegten 352,2 Mio. Euro nicht ausreichen werden
Eindrücke von der Renovierung des Parlaments
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Durch den Umbau sei die Nutzfläche im Parlamentsgebäude um 10.000 Quadratmeter gestiegen, zugleich seien aber die Verbindungswege zwischen den Räumlichkeiten der einzelnen Fraktionen kürzer geworden
Eindrücke von der Renovierung des Parlaments
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Das Sanierungskonzept wurde von der Klimaschutzinitiative klimaaktiv und der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen mit dem Status „Gold“ ausgezeichnet