Migration: Meloni wirft Frankreich „aggressive Reaktion“ vor

Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni hat Frankreich eine „aggressive Reaktion“ im Streit um die Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Migrantinnen und Migranten vorgeworfen. Es sei „unbegreiflich und ungerechtfertigt“, dass Frankreich die italienische Regierung kritisiere, weil es dem Rettungsschiff „Ocean Viking“ nicht die Landung auf Sizilien erlaubt habe, kritisierte Meloni heute bei einer Pressekonferenz in Rom.

„Die Ocean Viking mit 234 Menschen an Bord ist das erste Rettungsschiff, das Frankreich in diesem Jahr aufgenommen hat. Italien hat seit Anfang dieses Jahres 90.000 Migranten landen lassen“, so Meloni. Sie beklagte, dass das europäische Umverteilungssystem, an dem sich 13 EU-Länder beteiligen sollten, nicht funktioniere. In diesem Jahr seien lediglich 117 Menschen von anderen EU-Ländern aufgenommen worden, darunter 38 von Frankreich.

„Es ist offenkundig, dass etwas im europäischen EU-Umverteilungssystem nicht funktioniert. Muss Italien der einzige Landehafen für die Migranten im Mittelmeer sein? Das steht in keinem EU-Abkommen. Ich will eine gemeinsame Lösung für die Migrationsproblematik finden“, so die Rechtsaußenpolitikerin.

234 Menschen auf der „Ocean Viking“

In Gesprächen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz in den vergangenen Tagen habe sie eine europäische Mission zur Verhinderung der Abfahrten von Migrantinnen und Migranten vorgeschlagen, erklärte die italienische Regierungschefin. Hotspots in Afrika und Kooperationen zur Entwicklungspolitik sollten weitere Prioritäten Europas sein. „Ich bitte um eine europäische Lösung. Europa soll nicht Italien wegen seiner Flüchtlingspolitik, sondern die Schlepper isolieren“, sagte Meloni.

Neun europäische Länder haben zugesagt, zwei Drittel der 234 Menschen vom Rettungsschiff „Ocean Viking“ aufzunehmen. Dieses traf heute im südfranzösischen Toulon ein. Deutschland werde mehr als 80 Personen aufnehmen, so der französische Innenminister Gerald Darmanin. Auch Kroatien, Rumänien, Bulgarien, Litauen, Malta, Portugal, Luxemburg und Irland würden im Namen der „europäischen Solidarität“ Migrantinnen und Migranten aufnehmen, so Darmanin weiter. Er betonte, dass diejenigen, denen kein Asyl gewährt werden könne, direkt in ihr Herkunftsland geschickt würden.

MSG-Kritik an Italien

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat Italien indes vorgeworfen, im Mittelmeer gerettete Menschen zu „Geiseln der politischen Debatte“ zu machen. „Die Selektion nach dem Gesundheitszustand der Geretteten und die verzögerte Ausschiffung durch die italienischen Behörden sind unmenschlich, inakzeptabel und rechtswidrig“, kritisierte Ärzte ohne Grenzen.