Amerikanischer Präsident Joe Biden und Chinas Präsident Xi Jinping
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Weißes Haus

Biden und Xi verurteilen Atomdrohungen

US-Präsident Joe Biden und der chinesische Staatschef Xi Jinping haben bei einem Treffen vor dem G-20-Gipfel in Indonesien laut Weißem Haus ihren Widerstand gegen jeglichen Einsatz von Atomwaffen in der Welt betont – auch in der Ukraine. Xi äußerte sich besorgt über die Entwicklung in der Ukraine.

Beide Politiker seien sich „einig“ gewesen, dass ein Atomkrieg niemals stattfinden sollte und niemals gewonnen werden könnte, erklärte das Weiße Haus am Montag nach dem dreistündigen Treffen der beiden Staatschefs auf der indonesischen Insel Bali

In diesem Zusammenhang unterstrichen die beiden Präsidenten den Angaben zufolge auch „ihren Widerstand gegen den Einsatz oder Drohungen mit einem Einsatz von Atomwaffen“. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine hatten Vertreter Moskaus immer wieder mehr oder weniger offen auch einen Einsatz von taktischen Atomwaffen in der Ukraine in Erwägung gezogen.

US-Präsident Joe Biden und Chinas Präsident Xi Jinping
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Der chinesische Präsident Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden mit dem Handschlag vor der Presse zu Beginn ihres Treffens

Xi für Friedensgespräche

Xi habe sich „höchst besorgt über die gegenwärtige Situation in der Ukraine“ geäußert. Xi sagte nach chinesischen Angaben, China unterstütze eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland. Auch sollten die USA, die NATO und die Europäische Union einen umfassenden Dialog mit Russland führen.

Die offizielle chinesische Darstellung des Gesprächs erwähnte die von Biden erwähnte gemeinsame Warnung vor einem Einsatz von Atomwaffen oder der Drohung damit in dem Konflikt allerdings nicht. Erwähnt wurde nur, dass Xi seine früheren Äußerungen wiederholt habe, dass Kriege keine Gewinner hervorbrächten, es keine einfachen Lösungen für komplexe Themen gebe und Konfrontationen zwischen großen Ländern vermieden werden müssten.

Die chinesische und die US-Delegation beim Meeting
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Die US-Delegation und die chinesische sitzen einander gegenüber

Erwähnt wurde allerdings auch nicht die sonst häufig wiederholte chinesische Argumentationslinie, dass Russlands „legitime Sicherheitsinteressen“ berücksichtigt werden müssten. China hat den Einmarsch Russlands in die Ukraine bis heute nicht kritisiert und gibt Präsident Wladimir Putin politisch Rückendeckung.

Chinas Präsident Xi Jinping
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Der chinesische Präsident Xi Jinping beim Treffen der bei den Delegationen

Biden für „verantwortungsvollen Wettbewerb“

Biden habe sich zudem besorgt über ein „provokatives Verhalten“ Nordkoreas geäußert, so das Weiße Haus. Die gesamte internationale Gemeinschaft habe Interesse daran, Nordkorea zu verantwortungsvollem Handeln zu bewegen.

Biden betonte, dass er keinen Konflikt mit China suche. Es gehe vielmehr um verantwortungsvollen Wettbewerb. „Wir werden energisch konkurrieren, aber ich suche keinen Konflikt.“ Zugleich wolle er sicherstellen, dass sich jedes Land an die internationalen Regeln halte.

Amerikanischer Präsident Joe Biden
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Biden bei seiner Pressekonferenz nach dem Treffen mit Xi

Biden hält die politischen Auseinandersetzungen der USA mit China für lösbar. Es müsse keinen „neuen Kalten Krieg“ geben. Sie hätten offen und klar miteinander gesprochen und beide Seiten hätten die Aussage und Meinung des jeweils anderen verstanden. Biden betonte zugleich, er gehe sehr vorsichtig vor, damit es keine Missverständnisse in den Gesprächen gebe. „Das ist die größte Sorge, die ich habe: ein Missverständnis über Absichten oder Handlungen auf einer der Seiten“, sagte Biden.

Wieder Kooperation in Klimapolitik vereinbart

China und die USA wollen ihre Zusammenarbeit in der Klimapolitik nach einer mehrmonatigen Unterbrechung wieder aufnehmen. Biden und Xi verständigten sich nach US-Angaben darauf, die gemeinsame Arbeit an „transnationalen Herausforderungen“ wieder aufzunehmen. Die Klimapolitik solle dabei an erster Stelle stehen.

Das Schweigen zwischen den beiden weltweit größten Emittenten von Treibhausgasen war zuvor zum Hindernis für die weltweite Klimapolitik geworden. China hatte den Dialog zwischen dem US-Klimabeauftragten John Kerry und dem chinesischen Klimagesandten Xie Zhenhua im Streit um die Taiwan-Politik ausgesetzt. Dabei ging es insbesondere um den Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan im Sommer.

Angeschlagenen Beziehungen

Das Treffen zwischen Xi und Biden war das erste persönliche Treffen seit Bidens Amtsantritt vor knapp zwei Jahren. Der Krieg in der Ukraine dürfte eines der beherrschenden Themen beim am Dienstag startenden G-20-Gipfel sein. Allerdings ist der Hauptverantwortliche, Kreml-Chef Putin, nicht persönlich dort. Russland wird auf Bali von Außenminister Sergej Lawrow vertreten.

Die Beziehungen zwischen den USA und China sind auf einem Tiefstand. China wirft den USA vor, seinen Aufstieg in der Welt behindern zu wollen. Die USA sehen China indes zunehmend als Rivalen und Bedrohung ihrer Sicherheit. Die Liste der Streitthemen ist lang: Chinas Rückendeckung für Putin, der Handelskrieg und US-Sanktionen, Chinas Säbelrasseln gegenüber dem demokratischen Taiwan, seine Territorialansprüche im Südchinesischen Meer, die Menschenrechtsverletzungen und die Verfolgung von Minderheiten wie den Uiguren.

Taiwan: Biden warnt Xi

Biden warnte Xi laut Weißem Haus bei dem Treffen vor militärischer Gewalt gegen Taiwan. Nach Angaben des Weißen Hauses sagte Biden, dass sich die amerikanische Ein-China-Politik nicht geändert habe. Doch lehnten die USA jede einseitige Änderung des Status quo ab, sei es durch China, sei es durch Taiwan. Die Welt habe ein Interesse an Frieden und Stabilität in der Meerenge der Taiwan-Straße. „Ich glaube nicht, dass irgendein Versuch von chinesischer Seite für eine Invasion Taiwans bevorsteht“, so Biden.

Peking sieht die demokratische Inselrepublik als Teil der Volksrepublik, während sich Taiwan als unabhängig betrachtet. Am jüngsten Parteitag hatte Xi wieder mit einer Eroberung gedroht, wenn sich die 23 Millionen Taiwaner einer „Vereinigung“ verweigern sollten.

Taiwan begrüßte den Einsatz von Biden für den Status quo der demokratischen Inselrepublik. Regierungssprecher Xavier Chang sagte am Montag in Taipeh, Taiwan sei dankbar, dass Biden seinen Widerstand gegen eine einseitige Änderung des Status quo und eine Untergrabung von Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße bekräftigt habe. Es zeige, dass die Erhaltung des Friedens in der Meerenge ein „gemeinsamer Wunsch“ der Weltgemeinschaft sei.

Xi sieht in Taiwan-Frage „erste rote Linie“ mit USA

Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet, was meist Waffenlieferungen bedeutete. Doch als erster US-Präsident hat Biden deutlich gesagt, dass die USA im Falle eines chinesischen Angriffs auch mit Streitkräften zu Hilfe kommen würden.

„Die Lösung der Taiwan-Frage ist eine Sache für die Chinesen und Chinas interne Angelegenheit“, sagte Xi nach dem Treffen. Es sei die „erste rote Linie, die in den Beziehungen zwischen China und den USA nicht verletzt werden darf“. Es sei der „gemeinsame Wunsch“ des chinesischen Volkes, die „Wiedervereinigung“ zu verwirklichen. Jeder, der versuche, Taiwan von China abzuspalten, verstoße gegen die fundamentalen Interessen der chinesischen Nation, sagte Xi weiter. „Das chinesische Volk wird das auf keinen Fall zulassen.“

„Frieden und Stabilität in der Taiwan-Straße und Taiwans Unabhängigkeit sind unversöhnlich wie Wasser und Feuer“, wandte sich Xi gegen das Verständnis der taiwanischen Regierung, die die demokratische Inselrepublik längst als unabhängig ansieht. Peking betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung, sollten sich die 23 Millionen Taiwaner einer friedlichen „Vereinigung“ widersetzen.

Xi gegen Handels- und Technologiekrieg

Xi kritisierte auch den Handelskrieg der USA mit China scharf. Er wandte sich nach chinesischen Angaben dagegen, Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sowie den Austausch in Wissenschaft und Technik „zu politisieren und als Waffe zu benutzen“.

„Einen Handels- und Technologiekrieg anzufangen, Mauern und Hürden aufzubauen, eine Abkopplung voranzutreiben und Lieferketten zu unterbrechen widerspricht der Marktwirtschaft und untergräbt internationale Handelsregeln“, sagte Xi nach diesen Angaben. „Unterdrückung und Eindämmung werden nur den Willen und die Moral des chinesischen Volkes stärken.“

USA und China „tief miteinander verflochten“

Die USA und China teilten gemeinsame Interessen. „Es ist in unserem gegenseitigen Interesse, Konflikt und Konfrontation zu vermeiden und friedliche Koexistenz zu erreichen.“ Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt seien tief miteinander verflochten. Es sei im gegenseitigen Interesse, von der Entwicklung des jeweils anderen zu profitieren, sagte Chinas Präsident.

Beide Länder liefern einander seit der Präsidentschaft von Bidens Vorgänger Donald Trump einen Handelskrieg mit Strafzöllen auf Importe. Auch beschränkt die US-Regierung den Export von Hochtechnologie nach China und Unterstützung beispielsweise für dessen Halbleiterindustrie. Mehrere Technologieunternehmen wie der chinesische Telekommunikationsriese Huawei sind mit Sanktionen belegt worden, die ihr Geschäft beeinträchtigen.

Sorge wegen Vorgehens in Xinjiang, Tibet und Hongkong

Biden drückte auch seine Sorge über Menschenrechtsverletzungen in China aus. Nach Angaben des Weißen Hauses zeigte sich Biden bei dem Treffen besorgt über das chinesische Vorgehen in der Nordwestregion Xinjiang, in Tibet und in Hongkong. Er habe auch Fälle von US-Bürgern angesprochen, die „fälschlicherweise“ in China inhaftiert seien oder die Volksrepublik nicht verlassen dürften, teilte das Weiße Haus mit.

In Hongkong geht die chinesische Regierung mit weitgehenden „Sicherheitsgesetzen“ gegen die demokratische Oppositionsbewegung vor. Menschenrechtsgruppen werfen den chinesischen Behörden zudem vor, Minderheiten wie die Uiguren in Xinjiang sowie die Tibeter zu unterdrücken.