Der Schritt Trumps, eine dritte Kandidatur – noch dazu nach einer Niederlage gegen Joe Biden bei der zweiten – anzukündigen, gilt als ungewöhnlich, wie die BBC schreibt. Die Ankündigung komme in einem Moment, wo durch die Midterm-Wahlen Trump politisch angeschlagen ist, so die „Washington Post“.
Nachdem die von Trump unterstützten Kandidaten und Kandidatinnen bei den Midterms schlecht abgeschnitten hatten, machten die Republikaner Trump ungewöhnlich offen für das unterdurchschnittliche Abschneiden der Partei bei den Zwischenwahlen verantwortlich. Potenzielle Rivalen planten bereits offen, Trump bei den Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl herauszufordern, so die Zeitung weiter.
Der angeschlagene Trump trat mit der Bekanntgabe quasi die Flucht nach vorne an. Mit seinem Vorstoß versuche Trump, ins Rampenlicht zurückzukehren und dadurch die Republikaner unter Druck zu setzen, sich hinter ihn zu stellen, so die „Washington Post“ weiter. Berater hätten einen Großteil des Jahres damit zugebracht, Trump dazu zu bewegen, die Ankündigung bis nach den Midterms zu verschieben. Bei einer noch früheren Ankündigung hatten sie die Befürchtung, dass sie demokratische Wähler und Wählerinnen für die Midterms mobilisiert hätte.

Mängel, Fehler und Versäumnisse helfen Konkurrenz
Vor acht Jahren war Trump noch ein unbeschriebenes Blatt, so die BBC weiter. Er hatte noch nie ein politisches Amt innegehabt, und deshalb hätten die Wähler und Wählerinnen ihre Hoffnungen und Wünsche auf ihn projiziert. Trump habe auch viele Versprechungen machen können, ohne dass Kritikerinnen und Kritiker auf Mängel, Fehler und Versäumnisse hätten hinweisen können, schreibt die BBC. Das sei jedoch jetzt nicht mehr der Fall. Auch parteiintern könnten Rivalen und Rivalinnen auf ein Versagen Trumps in seiner ersten Amtszeit und bei den darauffolgenden Wahlen hinweisen und das ausschlachten.
ORF-Analyse: Chancen für Donald Trump
ORF-Korrespondent Thomas Langpaul über die Chancen für Donald Trump, in seiner Partei für die Präsidentschaftskandidatur in den USA nominiert zu werden.
Einer der Gründe, warum Trump so erpicht darauf sei, einen weiteren Wahlkampf ums Weiße Haus zu starten, sei, dass er dadurch die straf- und zivilrechtlichen Ermittlungen gegen ihn besser als Teil einer größeren politischen Verschwörung, die es auf ihn abgesehen habe, darstellen könne. Das sei allerdings vielleicht für politische Werbezwecke geeignet, nicht jedoch als Abwehr für die tatsächlichen juristischen Kämpfe, so die BBC.
Zahlreiche juristische Probleme
Trump seien weder Chaos noch Gerichte fremd, so die „New York Times“. Kein ernstzunehmender Präsidentschaftskandidat habe allerdings jemals mit einem vergleichbaren juristischen Gepäck eine Kandidatur für das Weiße Haus begonnen. Diese juristischen Probleme würden mit ziemlicher Sicherheit seine Kampagne überschatten und republikanischen Rivalen und Rivalinnen Argumente gegen Trump in die Hand geben.

Trump sei allerdings nicht verurteilt worden. Es sei weiter unklar, ob das Justizministerium jemals in zwei getrennten strafrechtlichen Ermittlungen Anklage gegen ihn erheben wird. Eine Ermittlung betreffe seine Handlungen vor dem Angriff auf das Kapitol am 6. Jänner 2021. Diese liege wie ein Schatten auf dem Ex-Präsidenten. Die andere betreffe seine Aufbewahrung Hunderter sensibler Dokumente in seiner Residenz in Florida.
Laufende Ermittlungen als Hürde für Trump
Donald Trumps Ankündigung, er wolle 2024 erneut für das US-Präsidentschaftsamt antreten, hat bei seiner Anhängerschaft für großen Jubel gesorgt. Seine Kandidatur muss zuvor jedoch bei einer parteiinternen Vorwahl fixiert werden. Hierbei könnten sich die gegen Trump laufenden Ermittlungen des US-Justizministeriums als erheblicher Nachteil erweisen: Eine Ermittlung betrifft seine Handlungen vor dem Angriff auf das Kapitol am 6. Jänner 2021, die andere die Aufbewahrung unzähliger Geheimakten in seiner Residenz in Florida. Die Ermittlungen werden freilich ungeachtet von Trumps Ankündigung fortgesetzt.
Trump wehrt sich derzeit juristisch gegen eine Vorladung vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol. Dazu reichte Trump kürzlich Klage bei einem Bezirksgericht im Bundesstaat Florida ein. Die Vorladung verletze Trumps verfassungsmäßiges Recht auf freie Meinungsäußerung, erklärten seine Anwälte in der Klageschrift. Es handle sich um eine „quasi-kriminelle Untersuchung“. Zudem fehle dem Ausschuss die Befugnis, Zeugenaussagen zu erzwingen. Auch habe das Gremium nicht auf Trumps Angebot reagiert, schriftlich auf bestimmte Fragen zu antworten.
Richter lässt Trump Organization überwachen
Auch Trumps Geschäftsgebaren werden nun juristisch aufgearbeitet. Nach einer Betrugsklage sollen Finanzströme von Trumps Unternehmen überwacht werden. Ein Richter entschied Anfang November in New York, einen unabhängigen Prüfer zur Kontrolle der Trump Organization einzusetzen. Der Richter entsprach damit der Forderung der New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James, die Ende September eine umfangreiche Klage gegen Trump vorgelegt hatte.

Die Entscheidung schränkt die Freiheiten des Unternehmens stark ein. So ist es der Trump Organization künftig etwa verboten, Vermögenswerte zu verkaufen oder Umstrukturierungen vorzunehmen, ohne das Gericht und James’ Büro vorher darüber zu informieren. Der unabhängige Prüfer muss Zugang zu Finanzberichten und anderen wichtigen Informationen erhalten – und das Unternehmen muss den Prüfer selbst bezahlen.
Vorwurf: Firmenwert über Jahre manipuliert
Die Klage der Generalstaatsanwältin richtet sich unter anderem gegen Trump, sein nach ihm benanntes Unternehmen und die drei Kinder Donald Junior, Eric und Ivanka. James wirft ihnen vor, im großen Stil und über Jahre hinweg den Firmenwert der Trump Organization manipuliert zu haben. Sie will unter anderem erreichen, dass die Trumps 250 Millionen Dollar (256 Mio. Euro) als Wiedergutmachung zahlen müssen. Trumps Konzern weist die Vorwürfe zurück; Donald Trump selbst verweigerte bisher die Aussage.
Im Oktober forderte James, einige Finanzströme kontrollieren zu lassen. Sie befürchtete, dass Trump und seine Kinder versuchen könnten, bis zum Gerichtsverfahren Vorkehrungen zu treffen, die sie vor einer möglichen Verurteilung bewahren. Es gebe allen Grund zu der Annahme, dass sich die Angeklagten bis zum Prozess weiterhin ähnlich betrügerisch verhalten würden, sagte sie.
Trump-Kritiker William Kristol über Trumps Kandidatur
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Parteiinterne Auswahl im Sommer
Für Trump, der sich auch während seiner Amtszeit im Dauerwahlkampf befand, gilt es nun bei allen diesen Hürden die republikanischen Vorwahlen zu gewinnen. Dabei wird er sich auch auf stärkere Gegenkandidaten und -kandidatinnen einstellen müssen. Die US-Parteien entscheiden in landesweiten Vorwahlen, den „Primary Eelections“, über ihre Präsidentschaftskandidaten. Die Vorwahlen starten zu Beginn eines Wahljahres, typischerweise im Februar, und ziehen sich über Monate.
In den 50 US-Bundesstaaten, in der Hauptstadt Washington und in den US-Außengebieten stimmen die Wähler darüber ab, welchen Politiker sie als Präsidentschaftskandidaten wollen. Die offizielle Entscheidung fällt dann bei Nominierungsparteitagen von Republikanern und Demokraten im Sommer vor der Wahl am 5. November 2024.

Konkurrenz in den Startlöchern
Gefährlich werden könnte Trump zum Beispiel der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Der 44-Jährige wurde bei den Zwischenwahlen mit einem starken Ergebnis in seinem Amt bestätigt. DeSantis vertritt zwar ähnliche Hardlinerpositionen, wirkt in seiner Außendarstellung aber weniger schrill – ein Trumpismus ohne Trump also. Auch andere Republikaner und Republikanerinnen dürften sich nun dazu ermutigt fühlen, den Schritt aus der Deckung zu wagen.
So ging Trumps Vizepräsident Mike Pence auf Distanz zu ihm und sagte, dass er über eine Kandidatur nachdenke und dann auch bereit wäre, gegen seinen einstigen Chef anzutreten. Aus der gemäßigteren Ecke der Partei könnte sich etwa der Gouverneur von Virginia, Glenn Youngkin, als Kandidat ins Spiel bringen.
Auch die von Trump gehasste Tochter des ehemaligen US-Vizepräsidenten Dick Cheney, Liz Cheney, könnte in die parteiinternen Vorwahlen eintreten, spekulieren US-Medien. Der Ex-Präsident ist bei Teilen der konservativen Basis so populär wie kein anderer Politiker und hat auch fanatische Anhänger.