Sonderverträge etc.: Wirbel um Kanzleramtbesucherzentrum

Die ÖVP plante während der ersten Kanzlerschaft von Sebastian Kurz (ÖVP) ein Besucherzentrum nach internationalem Vorbild. Dort sollten das Besuchermanagement im Bundeskanzleramt, Tage der offenen Tür und Führungen organisiert werden. Doch Entstehungsgeschichte, Kosten und Verwendung werfen Fragen auf.

Einerseits dürfte das zugehörige Referat zumindest zunächst im Büro des Regierungssprechers – damals Peter Launsky-Tieffenthal – angesiedelt worden sein. Gegenüber der „Wiener Zeitung“ dementierte das Kanzleramt gestern derartige Pläne, doch Mails einer Mitarbeiterin legten anderes nahe, so das Blatt. Zudem sei das Referat außerhalb der Organisationsstruktur besetzt worden, also auch abseits der Beamtengehaltsschemata und -bedingungen und abseits jener Abteilung, die ohnehin schon für Veranstaltungen verantwortlich war.

Das habe, so die FPÖ, zur Folge gehabt, dass die Besetzung nicht ausschreibungspflichtig gewesen sei und auch eine Planstellenüberschreitung möglich wäre. Zudem habe man ausgewählte Mitarbeiter per Sondervertrag anstellen können. So leitete der enge Mitarbeiter des damaligen Kanzlers Kurz, Arno M., das Referat und erhielt dafür ein stattliches Gehalt. M. wurde einst als jener ÖVP-Mitarbeiter bekannt, der Festplatten schreddern ließ, ohne zu bezahlen.

Kostspielige Konzepte und Ausstattung

Andererseits habe das Zentrum, das heute quasi nur mehr auf dem Papier besteht, hohe Kosten verursacht. Es seien etwa externe Konzepte eingeholt worden, von denen eines aus dem Dezember 2018 allein 170.000 Euro teuer gewesen sei, so die FPÖ. Auch seien bauliche Maßnahmen und Anschaffungen geschehen, externe Kosten für Hardware wie VR-Brillen hätten sich schon im April 2019 auf 90.000 Euro belaufen.

Mit diesen habe man Planspiele für junge Besucherinnen und Besucher veranstalten und womöglich auch, so die Vermutung der FPÖ, den Schülerinnen und Schülern partei- oder regierungsnahe Inhalte vermitteln wollen, da politische Arbeit an Schulen selbst verboten ist. Details seien zwischen Kurz’ Büro und dem Besuchermanagement „intensiv“ besprochen worden.

Im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss sagte auch der ehemalige Generalsekretär im Bundeskanzleramt, Dieter Kandlhofer, zur Causa aus. Er sagte, er könne sich kaum an die Etablierung eines Zentrums und des dazugehörigen Referats erinnern, obwohl Mails vorlagen, die anderes nahelegten. Für die Fraktionen im Ausschuss ist die Angelegenheit ein Zeichen für die Umfärbung der Verwaltung über Parallelstrukturen der ÖVP.

Heute ist das Referat weiterhin vorhanden, aber vollkommen unbesetzt, wie eine Anfrage des „Standard“ beim Kanzleramt bestätigt. Arno M. ist inzwischen im Kabinett von Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) tätig.