Menschenrechtler: 700 Festnahmen in Ägypten seit Oktober

In Ägypten sind im Vorfeld und während der laufenden Weltklimakonferenz nach Angaben von Menschenrechtlern fast 700 Menschen festgenommen worden. Darunter seien Journalisten, ein prominenter Anwalt, ein Angehöriger einer neuen Oppositionspartei und Aktivisten, teilte die Organisation Human Rights Watch (HRW) gestern mit. Das lasse Sorgen wachsen, dass Abweichler nach dem Ende der internationalen Konferenz im Land noch schärfere Vergeltungsmaßnahmen fürchten müssten.

Eine offizielle Bestätigung der Festnahmen gab es nicht. Wer die ägyptische Regierung kritisiert – etwa im Hinblick auf die Lage der Menschenrechte, das Militär, die Gewerkschaften oder sensible Umweltthemen – muss mit Festnahmen und langen Haftstrafen rechnen. Seit der Machtübernahme von Präsident Abdel Fattah al-Sisi im Jahr 2013 wurden nach Schätzungen von Menschenrechtlern Zehntausende Abweichler inhaftiert. Die Unterdrückung überschattet die laufende Klimakonferenz im Urlaubsort Scharm al-Scheich.

HRW beruft sich auf Unterlagen der Egyptian Commission for Rights and Freedoms (ECRF), die seit 1. Oktober etwa 700 Festnahmen in allen Teilen des Landes zählte. Dabei seien diejenigen ins Visier der Behörden geraten, die zu regierungskritischen Protesten am 11. November aufgerufen hatten. Die Sicherheit wurde unter anderem in Kairo schon zwei Wochen vor diesem Tag deutlich erhöht, auch Cafes wurden geschlossen. Proteste sind in Ägypten faktisch verboten.

Ägyptens Wirtschaft hat unter anderem an den Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine stark gelitten. Steigende Preise für Energie und Lebensmittel gepaart mit hoher Inflation, die vor allem die Ärmsten in dem 100-Millionen-Land treffen, sorgen für Unmut. Die Landeswährung hat seit Jahresbeginn etwa ein Viertel ihres Werts verloren.