Video-Grab von brennendem Haus
APA/AFP/Esn
Chomeinis Haus angezündet?

Neue Eskalation der Proteste im Iran

Im Iran eskalieren seit Wochen die Proteste gegen die Führung der Islamischen Republik. Am Freitag machten nun Berichte samt Videos die Runde, die das Haus ihres verstorbenen Gründers, Ajatollah Ruhollah Chomeini, in Flammen zeigen sollen. Internationale Medien bestätigten die Authentizität der Aufnahmen, in iranischen Berichten war von einer „Lüge“ die Rede. Die Situation im Land ist äußerst angespannt.

Videos in sozialen Netzwerken zeigten ein brennendes Gebäude, laut Kritikern und Kritikerinnen der iranischen Regierung handelte es sich dabei um das Haus Chomeinis, in Brand gesetzt während einer Demonstration in der Stadt Chomein. Die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP nannten die Aufnahmen authentisch.

In Meldungen der halbamtlichen iranischen Nachrichtenagentur Tasnim hieß es dagegen, das Haus des 1989 verstorbenen Revolutionsführers brenne nicht. Eine kleine Zahl von Menschen habe sich vor dem Gebäude versammelt. „Der Bericht ist eine Lüge“, meldete Tasnim. „Die Türen des Hauses des verstorbenen Gründers der großen Revolution stehen der Öffentlichkeit offen.“

Mit Gewalt gegen Proteste

Die Videoaufnahmen zeigten Dutzende Menschen vor dem Gebäude, die jubelten, als dort ein Feuer ausbrach. Wann die Videos aufgenommen wurden, ist unklar. Das regierungskritische Netzwerk 1500Tasvir teilte mit, der Vorfall habe sich am Donnerstagabend in Chomeinis Geburtsstadt Chomein ereignet. Der Ort liegt südlich der Hauptstadt Teheran. Das Haus war in ein Museum umgestaltet worden.

Gemälde von Ayatollah Ruhollah Khomeini
IMAGO/NurPhoto/Morteza Nikoubazl
Die Ikonen der Islamischen Republik sind Ziel von zunehmenden Protesten

Sein Nachfolger Ajatollah Ali Chamenei sieht sich mit anhaltenden Protesten konfrontiert. Im Iran demonstrieren seit Wochen zahlreiche Menschen gegen die Führung. Die Sicherheitskräfte gehen zum Teil mit Gewalt gegen sie vor und versuchen, die Proteste zu unterdrücken.

Mitglieder der Revolutionsgarden getötet

Weitere von Tasvir veröffentlichte Videos zeigen nach Angaben des Netzwerkes Demonstranten in mehreren Städten in der Provinz Sistan-Belutschistan. In deren Hauptstadt Sahedan skandierten Menschen „Tod Chamenei“. In Chabahar entfernten Demonstranten das Straßenschild einer nach Chomeini benannten Allee und traten darauf ein.

Der Agentur Tasnim zufolge gab es in Maschhad im Nordosten des Landes aber auch Kundgebungen für die Regierung. In der Stadt waren am Donnerstag zwei Mitglieder der Basidsch-Miliz getötet worden. Am Donnerstagabend wurden der Website der Revolutionsgarden zufolge zwei Geheimdienstangehörige bei Zusammenstößen mit Demonstranten getötet. Auch in Teheran und der Provinz Kurdistan seien Sicherheitskräfte ums Leben gekommen, hieß es. Wie viele zivile Opfer es gab, ist nicht bekannt.

Proteste nach Tod einer 22-Jährigen eskaliert

Eskaliert waren die aktuellen Proteste nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Die Kurdin war am 16. September in Polizeigewahrsam gestorben. Die Religionspolizei hatte sie festgenommen, weil sie „unangemessen“ gekleidet gewesen sein soll. Inzwischen haben sich die Proteste zur größten Herausforderung für die geistliche Führung des Landes seit 1979 ausgewachsen. Damals wurde im Zuge der Islamischen Revolution der Schah gestürzt, und die Islamischen Republik wurde ausgerufen – mit Chomeini als geistlichem und politischem Oberhaupt.

Proteste gab es am Freitag schließlich auch bei Begräbnissen mutmaßlicher Opfer der iranischen Sicherheitskräfte beim Vorgehen gegen die Proteste, laut Medienberichten in den Städten Iseh, Tabris und Mahabad. Unter anderem sollen ein Neun- und ein 14-Jähriger getötet worden sein.