NR: „Vergoldetes Klavier“ lässt Wogen erneut hochgehen

Der Bösendorfer-Flügel, der künftig im Empfangssalon des Parlaments stehen wird, hat im Nationalrat erneut für eine laute Debatte gesorgt. Die Anschaffung des wertvollen Klaviers geht auf Initiative von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zurück. Die monatlichen Mietkosten des mit 23-karätigem Gold verzierten Instruments belaufen sich auf 3.000 Euro.

Die Opposition übte scharfe Kritik am Alleingang von Sobotka. Während der Debatte zum Buchpreisbindungsgesetz sagte SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek, dass man nichts gegen Kultur oder ein Klavier im Parlament habe. „Kunst soll polarisieren“, betonte sie. Aber Sobotka hätte die Parlamentsparteien in diese Entscheidung einbinden sollen.

Es stelle sich nämlich schon die Frage, ob man einen Flügel nicht gleich ankauft. An Sobotka gerichtete, fragte Heinisch-Hosek: „Herr Präsident, könnten Sie sich vorstellen, dass man für Musikschüler und Musikschülerinnen auch Konzerte veranstaltet und diesen vergoldeten Flügel dafür verwendet? Dann hätte das zumindest ein bisschen einen Sinn.“

Blimlinger: Steinway besser für Musiker

Kultursprecherin Eva Blimlinger von den Grünen hatte zuvor von einer „unsäglichen Klavierdebatte“ gesprochen: Sobotkas Alleingang sei „vielleicht nicht klug“ gewesen, aber jetzt die Aggression gegen die Kunst zu richten, sei „lächerlich“, so die Abgeordnete Richtung Heinisch-Hosek, die sich in den Parlamentsreihen lautstark gegen die Vorwürfe wehrte.

Doch Blimlinger fuhr fort: „Ich verstehe das durchaus, dass man sich über den Präsidenten ärgert und über seine Alleingänge, aber das auf dem Rücken der Kunst auszutragen, das ist die Kunstfeindlichkeit.“ Laut der Parlamentarierin wäre aus Sicht eines Musikers ein Steinway-Flügel ohnehin besser gewesen als ein Bösendorfer.

„Klavier ist immer etwas Befruchtendes“

Die ÖVP stimmte im Chor mit ein und kritisierte die SPÖ für ihre Haltung in dieser Angelegenheit. „Ein Klavier ist immer etwas Befruchtendes, und ich glaube, dieses Klavier wird die nächsten 100 Jahre, wenn wir alle vermutlich gar nicht mehr im Hohen Haus sitzen werden, viel Freude machen, Menschen verbinden, bei vielen Veranstaltungen Menschen zum Nachdenken und zum Diskutieren verhelfen“, sagte ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer.

Kunst solle ihrer Meinung nach immer in der Mitte der Gesellschaft stehen, und das Parlament, in dem der Bösendorfer-Flügel eben stehen wird, sei ein offener Raum. Es würden viele Besucher und Besucherinnen in das Parlament kommen, und „vielleicht werden sie auch auf dem Klavier spielen können“, glaubt die Abgeordnete.

Gegen den Vorwurf, man habe etwas gegen Kunst, wehrte sich SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz. „Wir sind gegen Alleingänge des Parlamentspräsidenten. Es ist unser Parlament und nicht nur das Parlament des Parlamentspräsidenten“, so Schatz. Die SPÖ sei hingegen nicht gegen ein Klavier im Parlament, „wir sind nur gegen den Protz, den ein vergoldetes Klavier darstellt und gegen das, was es kostet“.

Verweis auf zwei Picassos im deutschen Bundestag

Daraufhin meldete sich erneut Großbauer zu Wort und bezeichnete die Debatte als „scheinheilig“. Es würden ständig Äpfel mit Birnen miteinander verglichen werden, weshalb sie das nun auch tun werde: Die Stadt Wien gebe nämlich für das Johann-Strauss-Festjahr 2025 rund 20 Mio. Euro aus. „Das sind 2.300 Euro pro Stunde“, so die Politikerin. „Jetzt könnte ich sagen, das ist ganz schön protzig für Johann Strauss, der eh schon weltberühmt ist.“

Aber sie liebe Strauss, und die Feierlichkeiten seien wichtig. Eine solche Debatte bringe niemandem etwas, sagte Großbauer, die auf die Kunst im deutschen Bundestag verwies: „Der deutsche Bundestag hat zwei Picassos in seiner Artothek. Jetzt könnte man sagen: Poah, ganz schön protzig. Braucht man einen Picasso in der Artothek des deutschen Bundestages? Der deutsche Bundestag sagt, das ist Kulturpolitik. Viele schauen gerne nach Deutschland, also kann man sich das auch anschauen.“

Laut Website des deutschen Bundestags befinden sich in der Artothek Picassos Werke „La danseuse sur la table“ und „Passe de cape II“. Der Bösendorfer-Flügel für das Parlament hat einen Wert von 190.000 Euro. Finanziert wird das Klavier aus dem Budget von Kunst und Kultur, das mit knapp 0,5 Prozent der Gesamtkosten des Umbaus dotiert worden sei.