Flaggen am Eingang zum COP27
Reuters/Mohamed Abd El Ghany
Kein Abschied von Öl und Gas

COP27 einigt sich auf Klimaschutzabkommen

Die teilnehmenden Länder haben am frühen Sonntag auf dem COP27-Klimagipfel ein hart erkämpftes endgültiges Abkommen verabschiedet, das einen Fonds einrichtet, um armen Ländern zu helfen, die von Klimakatastrophen heimgesucht werden. Die Bemühungen zur Bekämpfung der Emissionen wurden aber nicht verstärkt, was international für Kritik sorgt. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) nannte das Ergebnis „enttäuschend“.

In ihrer Abschlusserklärung bekräftigten die rund 200 Staaten am frühen Sonntagmorgen ihre frühere Entscheidung, schrittweise aus der Kohle auszusteigen. Ein Abschied von Öl und Gas wird aber nicht erwähnt. Damit bleibt die Erklärung hinter den Forderungen vieler Staaten, Klimaaktivisten und Umweltschützerinnen zurück.

„Das war nicht einfach. Wir haben rund um die Uhr gearbeitet“, sagte COP-Präsident Sameh Schoukry Sonntagfrüh zum Ende der Konferenz. „Jegliche Ausrutscher, die es gegeben haben mag, waren nicht beabsichtigt.“ Die Gespräche der Vertreterinnen und Vertreter aus rund 200 Ländern seien teilweise angespannt gewesen, aber „am Ende haben wir geliefert“, sagte Schoukry.

Kohlekraftwerk
Reuters/Dado Ruvic
Kohlekraftwerke soll es in den kommenden Jahren immer weniger geben

Geldtopf für Folgen von Klimaschäden

Die Einigung auf einen neuen Geldtopf für die Folgen von Klimaschäden in ärmeren Ländern gebe Millionen Betroffenen rund um die Welt Hoffnung. Der neue Entschädigungsfonds soll unabwendbare Folgen der Erderhitzung abfedern – etwa immer häufigere Dürren, Überschwemmungen und Stürme, aber auch den steigenden Meeresspiegel und die Wüstenbildung. Die Frage hatte sich als größter Streitpunkt durch die zweiwöchige Konferenz in Scharm al-Scheich gezogen, die um mehr als 36 Stunden verlängert wurde.

Sherry Rehman, pakistanische Ministerin für Klimawandel, deren Leiden unter den Rekordüberschwemmungen im September „sinnbildlich für die Verwüstungen in den Entwicklungsländern wurde“, so der „Guardian“, begrüßte die „historische“ Einigung. In dem Beschluss werden jedoch keine Summen für den neuen Fonds genannt und auch nicht, wer genau einzahlen soll. Das soll später geklärt werden. Begünstigt werden sollen Entwicklungsländer, die besonders gefährdet sind. Auf diese Eingrenzung hatte besonders die EU gepocht.

In der Abschlusserklärung werden die Staaten außerdem aufgefordert, ihre größtenteils unzulänglichen Klimaschutzpläne bis spätestens zur nächsten Klimakonferenz nachzubessern. Diese findet Ende 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Die Nachbesserungen bleiben freiwillig, eine Verpflichtung gibt es nicht.

COP27 einigt sich auf Klimaschutzabkommen

Die teilnehmenden Länder haben am frühen Sonntag auf dem COP27-Klimagipfel ein hart erkämpftes endgültiges Abkommen verabschiedet, das einen Fonds einrichtet, um armen Ländern zu helfen, die von Klimakatastrophen heimgesucht werden. Die Bemühungen zur Bekämpfung der Emissionen wurden aber nicht verstärkt, was international für Kritik sorgt.

Konferenz ging in Verlängerung

Die Konferenz, zu der etwa 34.000 Teilnehmende ans Rote Meer gereist sind, war am Freitagabend in die Verlängerung gegangen. In der Nacht auf Samstag war nach schleppenden und teils chaotischen Abläufen in Verhandlungskreisen Beunruhigung ausgebrochen. Nach zähen Beratungen folgte am frühen Sonntagmorgen schließlich der Durchbruch.

Die USA hatten den neuen Entschädigungsfonds zunächst blockiert, während die als G-77 bekannte Gruppe aus mehr als 130 Entwicklungsländern zusammen mit China Druck aufbaute. Die Europäische Union schwenkte nach anfänglicher Zurückhaltung schließlich um.

Gasverteilerstation
Reuters/Cezary Aszkielowicz
Auf einen Ausstieg aus fossiler Energie – wie etwa Gas – konnte man sich nicht einigen

Umstritten bei dem Thema ist unter anderem die Rolle Chinas. Das Land, das beim Ausstoß klimaschädlicher Emissionen den ersten Platz belegt, will im internationalen Klimaschutz weiter als Entwicklungsland behandelt werden. So wurde es vor 30 Jahren im Kyoto-Protokoll festgelegt. Westliche Staaten wollen das Land wegen seiner Wirtschaftskraft und der Rolle als größter Verursacher von Treibhausgasen aber nicht länger als Empfängerland einstufen. Chinas Unterhändler Xie Zhenhua sagte, Entwicklungsländer sollten das Geld erhalten, räumte „verletzlichen Staaten“ aber Vorrang ein.

Van der Bellen: Ernüchternde Einigung

Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der am Samstag positiv auf das Coronavirus getestet worden war, nannte die Einigung auf der COP27 „ernüchternd“: „Es ist nicht gelungen, sich auf ambitioniertere Ziele im Bereich der Emissionsreduktionen zu einigen. Die Welt ist nicht auf dem richtigen Kurs“, lautete die Einschätzung des Staatsoberhaupts auf Twitter. Den geplanten Fonds zur Entschädigung von Klimaschäden lobte er hingegen, das sei „historisch und ein wichtiger Schritt in Richtung Klimagerechtigkeit“.

Gewessler: Enttäuschendes Ergebnis

„Das Ergebnis der Weltklimakonferenz ist enttäuschend. Denn wir sind bei der Reduzierung von Emissionen im Vergleich zu Glasgow im vergangenen Jahr keinen wesentlichen Schritt vorangekommen. Dabei bräuchte es gerade in diesem Bereich wesentlich mehr Entschlossenheit und Tempo. Denn Klimaschutz ist zu einer Überlebensfrage geworden“, sagte Klimaschutzministerin Gewessler in einem Statement gegenüber der APA.

Jetzt heiße es „weiterkämpfen“. „Österreich hat im Bereich Klimaschutz in den letzten Jahren eine Aufholjagd gestartet, die EU hat sich ambitionierte Ziele gesetzt und in Gesetze gegossen. Wir werden weiter national, auf europäischer Ebene und bei der COP28 für mehr Klimaschutz weiterarbeiten“, so die Ministerin.

Die EU habe sich dazu entschlossen, dem Abschlussdokument der COP27 zuzustimmen, weil es im zweiten zentralen Thema dieser COP Fortschritte gibt: im Bereich „Loss and Damage“, also der Finanzierung von Verlusten und Schäden. „Hier konnten wir uns auf die dringend notwendige Unterstützung für besonders von der Klimakrise betroffene vulnerable Staaten einigen. Dieser Beschluss ist ein wichtiges, dringendes und nötiges Signal der globalen Solidarität“, sagte Gewessler.

Guterres: Zentrale Ziele verfehlt

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres warf der UNO-Klimakonferenz vor, zentrale Ziele verfehlt zu haben. Es sei dort nicht gelungen, die „drastischen Emissionssenkungen“ auf den Weg zu bringen, die notwendig seien, um die Erderwärmung einzudämmen, sagte Guterres am Sonntagmorgen in Sharm al-Scheich.

„Unser Planet ist in der Notaufnahme“, unterstrich der UNO-Generalsekretär die Dramatik der Lage. „Wir müssen die Emissionen drastisch verringern, und das anzugehen, hat die Klimakonferenz versäumt.“

Antonio Guterres
IMAGO/Xinhua
Guterres zeigte sich nicht zufrieden mit dem Ausgang der Konferenz

Timmermans: Kein ausreichender Schritt für Menschheit

Auch EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans übte scharfe Kritik an der nach harten Verhandlungen erzielten Vereinbarung der Weltklimakonferenz in Ägypten. „Das ist das entscheidende Jahrzehnt, aber was uns vorliegt, ist kein ausreichender Schritt nach vorne für die Menschen und den Planeten“, sagte Timmermans, der auch Klimakommissar der Europäischen Union ist, am Sonntag in Scharm al-Scheich. Die Vereinbarung nimmt nach seiner Auffassung große Emittenten nicht in die Pflicht, zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen, um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase stärker und schneller zu reduzieren.

Greenpeace: Weg Richtung Klimahölle vorprogrammiert

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace blickte in einer Reaktion mit gemischten Gefühlen auf die Klimakonferenz in Scharm al-Scheich: „Mit dem aktuellen Ergebnis ist der Weg Richtung Klimahölle vorprogrammiert, denn ein Ende von Öl und Gas ist nicht in Sicht. Damit rückt jedoch auch das 1,5-Grad-Ziel in weite Ferne. Ein Erfolg ist trotzdem zu verzeichnen: Es konnte ein Finanztopf für klimabedingte Schäden und Verluste etabliert werden“, hieß es in einer Aussendung.

Eine Einschätzung der Allianz für Klimagerechtigkeit kam zu einem ähnlichen Schluss. „Anstelle von ziellosen Prozessen braucht es ambitioniertes Handeln bei Emissionsminderungen, Anpassungsrichtlinien, Geschlechtergerechtigkeit und Klimafinanzierung“, hieß es in einer Aussendung.

Auch der WWF Österreich zeigte sich enttäuscht vom Ergebnis auf der diesjährigen Weltklimakonferenz COP27 in Scharm al-Scheich. „Diese Klimakonferenz wird in die Geschichte eingehen – und zwar als jener Moment, in dem die Welt das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels aufgegeben hat“, heißt es in einer Aussendung.