WHO: Hunderte Attacken auf Gesundheitsinfrastruktur

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine mehr als 700 Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur in dem Land registriert. „Das ist ein Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht und die Kriegsregeln“, sagte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge gestern in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

In der Folge seien Hunderte Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen nicht länger voll funktionsfähig, weil es an Brennstoff, Wasser und Strom mangle.

„Das ist die größte Attacke auf die Gesundheitsversorgung auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg“, unterstrich Kluge vor allem im Hinblick auf die russischen Angriffe auf das ukrainische Energiesystem.

„Lebensbedrohlicher Winter“

Den Ukrainerinnen und Ukrainern stehe ein „lebensbedrohlicher Winter“ bevor, sagte Kluge weiter. Hunderttausende Häuser und Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser seien ohne Heizung. Zehn Millionen Menschen seien ohne Strom. Das stelle mit Blick auf den kommenden Winter und Temperaturen bis zu minus 20 Grad Celsius ein dramatisches Gesundheitsrisiko dar. „Kaltes Wetter kann tödlich sein“, sagte Kluge.

Nicht nur drohten Atemwegsinfektionen wie Covid-19, gegen die große Teile der Bevölkerung nicht ausreichend immun seien. Gesundheitsgefahr drohe auch dadurch, dass „verzweifelte Familien versuchen, sich warmzuhalten“ und auf alternative Heizmethoden mit Kohle oder Holz oder die Verwendung von Generatoren zurückgriffen. „Das birgt gesundheitliche Risiken durch giftige Substanzen, die für Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schädlich sind, sowie Verbrennungen und Verletzungen durch Unfälle“, erklärte der WHO-Regionaldirektor.

Stromversorger rechnet mit Abschaltungen bis Ende März

Die Menschen in der Ukraine müssen sich nach Einschätzung der Energieversorger bis mindestens Ende März auf Stromausfälle einstellen. Die Techniker versuchten ihr Möglichstes, die Schäden am Netz zu reparieren, bevor es noch winterlicher werde, so der Chef des Stromversorgers Yasno, Serhij Kowalenko.

Wenn es keine neuen Schäden durch russische Angriffe gebe, könne man den Strommangel über das ganze Land verteilen. Dann seien die Abschaltungen weniger lang. Bei neuen Schäden werde es wieder mehr ungeplante Stromausfälle geben. „Auch wenn es jetzt weniger Ausfälle gibt, möchte ich, dass jeder versteht: Wahrscheinlich werden die Ukrainer mindestens bis Ende März mit Ausfällen leben müssen“, sagte Kowalenko.