Empfangssalon im Parlamentsgebäude
Parlamentsdirektion/Thomas Topf
„Parlamentsdebatte“

Sobotka, ein Flügel und ein Kurator

Nach der Kostenkontroverse über einen goldgeschmückten Bösendorfer-Flügel gibt es abermals Aufregung über das von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) forcierte Kunst- und Kulturprogramm des Parlaments. Wie der „Standard“ berichtete, wurde der Direktor des Leopold Museums, Hans-Peter Wipplinger, ohne Ausschreibung zum Kunstkurator des Hauses bestellt. Jährliches Honorar: 40.000 Euro. Als „Subunternehmerin“ an Bord sei Wipplingers Lebensgefährtin.

Im frisch sanierten Parlament soll das Kunst- und Kulturprogramm „sowohl räumlich als auch inhaltlich erweitert“ werden, teilte die Parlamentskorrespondenz am 1. Juli mit. In derselben Mitteilung wurde bekanntgegeben, dass Museumsdirektor Wipplinger als „Kurator des Parlaments“ „eingesetzt“ worden sei.

Der Posten des Kurators sei nicht ausgeschrieben worden, berichtete der „Standard“. Wipplingers jährliches Honorar beträgt laut der Zeitung 40.000 Euro. In der Rolle einer Projektmanagerin dabei ist Wipplingers Lebensgefährtin, die Kunsthistorikerin Susanne Längle. Wipplinger sagte dem „Standard“, er sehe darin kein Problem, zumal er sich „hundertprozentig“ auf Längle verlassen könne und man ja vorwiegend an den Wochenenden gemeinsam daran arbeite.

Ausschreibung gesetzlich nicht vorgesehen

Auf Wipplingers Vorschlag wurden mehrere österreichische Künstlerinnen und Künstler eingeladen, Projekte für das renovierte Haus am Ring vorzustellen, berichtete die Parlamentskorrespondenz im Juli. Sie sollten „auf das architektonische Bildprogramm des historischen Parlamentsgebäudes von Theophil Hansen eingehen sowie sich mit der Geschichte und dem Wertekanon demokratischer Strukturen auseinandersetzen“, hieß es.

Leopold Museum Direktor Hans-Peter Wipplinger
IMAGO/SEPA.Media/Martin Juen
Museumsdirektor Wipplinger: Die Umstände seiner Einsetzung als Kunstkurator des Parlaments sorgen für Aufregung

Die projektierten Gesamtkosten wurden mit 1,8 Mio. Euro angegeben. Das entspreche knapp 0,5 Prozent des Gesamtvolumens der Sanierung, wie die Parlamentskorrespondenz damals schrieb. Bei öffentlichen Bauvorhaben sei ein bestimmter Prozentsatz für Kunst vorgesehen, „ein oder zwei Prozent von den Gesamtkosten entsprechen den internationalen Usancen“, teilte die Parlamentsdirektion auch dem „Standard“ mit. Mit 1,8 Mio. Euro liege man deutlich darunter, hieß es mit Verweis auf die Gesamtkosten der Sanierung, die 423 Mio. Euro betragen.

Ein Sprecher Sobotkas wies im Gespräch mit ORF.at darauf hin, dass es keine gesetzliche Bestimmung gebe, die eine Ausschreibung des Postens vorsehe. Wipplinger habe zudem bereits 2014 und 2015 Ausstellungen im Parlament kuratiert. Nationalratspräsidentin war zu dieser Zeit Doris Bures (SPÖ), die aktuell Zweite Präsidentin des Nationalrats ist. Auch in der Vergangenheit sei für den Posten des Kunstkurators nie eine Ausschreibung erfolgt, wie auch die Parlamentsdirektion gegenüber ORF.at bestätigte.

Ein Prestigeprojekt im Rahmen des Kulturprogramms scheiterte am Wiener Magistrat. Der genehmigte das Aufstellen zweier 13 Meter hoher Skulpturen vor bzw. hinter dem Parlamentsgebäude nicht, wie Sobotka bereits im Oktober im Rahmen der Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage mitteilte.

FPÖ empört

Die FPÖ reagierte empört auf den Bericht. Generalsekretär Michael Schnedlitz sprach in einer Aussendung von „egozentrischen Eskapaden“ Sobotkas: „Während Österreich hungert und friert, weil ÖVP und Grüne eine Krise nach der anderen provozieren, umgibt sich ‚Sonnenkönig Sobotka‘ lieber mit Prunk und Glanz.“

Goldverzierter Flügel sorgt für Debatten

Für rege Debatten im Nationalrat sorgte vergangene Woche eine andere Anschaffung. Auf Initiative von Nationalratspräsident Sobotoka wurde ein Bösendorfer-Flügel angeschafft, der künftig im Empfangssalon des Parlaments stehen wird. Die monatlichen Mietkosten des mit 23-karätigem Gold verzierten Instruments belaufen sich auf 3.000 Euro. Aus dem Parlament hieß es auf APA-Anfrage, dass das Klavier schon in den ursprünglichen Plänen von Parlamentsarchitekt Hansen vorgesehen gewesen sei. Dieser hatte das Gebäude Mitte des 19. Jahrhunderts entworfen.

Die Opposition gab sich mit der Erklärung nicht zufrieden. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sah die Anschaffung als Anlass, einmal mehr Neuwahlen zu fordern, alleine, weil es danach einen neuen Nationalratspräsidenten geben würde. Wörtlich sprach er von einer „Wahnsinnsidee“ und verhöhnte den goldbesetzten Flügel als Ausdruck der Bescheidenheit der Politik.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka im Parlament
APA/Helmut Fohringer
Nationalratspräsident Sobotka: Kontroversen gibt es auch über die Anschaffung eines goldverzierten Flügels

SPÖ-Mandatar Christian Drobits verglich die Mietkosten für den Flügel mit armutsgefährdeten Personen. Die Existenzen von drei Menschen mit Mindestsicherung seien gleich viel wert wie die Ausgaben für das Klavier.

NEOS-Mandatar Nikolaus Scherak zählte auf, wofür man das Geld im Sinne des Parlaments auch verwenden könne – etwa für einen Ausbau des Rechts- und Legislativdienstes oder mehr Ressourcen für Mitarbeiter.

Regierungsparteien sehen „billige Polemik“

Die ÖVP sprach von „billiger Polemik“. Die Abgeordnete Bettina Rausch begrüßte, dass das Hohe Haus auch ein Ort für Kulturveranstaltungen sei. Sobotka habe den Umbau mit Umsicht und Weitsicht gestaltet. Kultursprecherin Maria Großbauer meinte gar: „Wir brauchen ein Klavier im Parlament – auf jeden Fall.“

Das sah auch die grüne Kultursprecherin Eva Blimlinger so. Sie sagte, es nehme sie „einigermaßen wunder“, welche Kunstfeindlichkeit die Oppositionsparteien hätten, wenn sie sich über ein Klavier aufregten, das noch dazu ein Kunstwerk sei. Am liebsten wäre Blimlinger sogar ein Parlamentsorchester.