Maßnahmenvollzug: Erwachsenenvertreter kritisieren Reform

Erwachsenenvertreter kritisieren die für März 2023 geplante Reform des Maßnahmenvollzugs. „Der Reformentwurf bleibt weit hinter den Erwartungen zurück und wird wenig ändern“, sagte Martin Marlovits vom Verein VertretungsNetz in einer Aussendung heute.

Die Anfang November von der Regierung präsentierte Reform des Maßnahmenvollzugs soll im morgigen Justizausschuss des Nationalrats behandelt werden. Die SPÖ wird zustimmen, die FPÖ und NEOS nicht.

Strafschwellen geändert

Kern der Reform ist eine leichte Anhöhung der Strafschwellen bei Prognosetaten, also der Einschätzung der Gefährlichkeit der Personen. Psychisch kranke Rechtsbrecher können nach einem Anlassdelikt, das mit zwischen ein und drei Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, nur bei zwei Fällen potenziell lebenslang in eine Anstalt eingewiesen werden: Das kann geschehen, wenn sich die Prognosetat entweder gegen Leib und Leben richtet und mehr als zwei Jahre Freiheitsstrafe angedroht sind, oder wenn sich die Tat gegen die sexuelle Integrität richtet und mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist.

Verbesserungen soll es für Jugendliche geben. Für sie gab es bisher keine Unterscheidung zu Erwachsenen. Nun kommen sie erst bei einem Kapitalverbrechen (ab zehn Jahren Strafdrohung) in den Maßnahmenvollzug.

Marlovits: Zahl der untergebrachten Personen stark erhöht

Die Zahl der untergebrachten Personen habe sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht, so Marlovits. VertretungsNetz vertritt als gerichtlicher Erwachsenenvertreter Personen, die im Maßnahmenvollzug untergebracht sind und aufgrund ihrer psychischen Erkrankung als unzurechnungsfähig gelten.

Viele davon haben eine intellektuelle Beeinträchtigung oder sind demenziell erkrankt. „Der Maßnahmenvollzug ist ein komplett falsches Setting für diese Personengruppe“, so Marlovits.

Zweck der Unterbringung im Maßnahmenvollzug ist die Behandlung und ein Abbau der Gefährlichkeit beziehungsweise die Vermeidung einer weiteren Tatbegehung. Viele der Menschen würden krankheitsbedingt jedoch gar nicht verstehen, weshalb sie untergebracht seien. Diese hätten keinerlei Perspektive auf Entlassung oder auch nur Lockerungen, was zu extrem langen Unterbringungszeiten führe, kritisierte der Erwachsenenvertreter.