Kleinkind bei einer Untersuchung
Getty Images/iStockphoto/eggeeggjiew
Infektionswelle

Kinderärzte teils an Kapazitätsgrenze

Influenza, CoV, klassische Schnupfenviren und vor allem das Respiratorische Synzytial-Virus (kurz: RSV): Das gleichzeitige und besonders starke Auftreten mehrerer Viren bringt momentan vor allem Kinderstationen und -ärzte in Spitälern an ihre Grenzen. Verschärft wird das durch den akuten Kinderärztemangel sowie Lieferprobleme bei Medikamenten.

Der Wiener Kinderarzt Peter Voitl betont gegenüber ORF.at, was sich derzeitig in seiner und anderen Praxen von Kinderärztinnen und -ärzten abspiele, sei „unglaublich“. „Unzählige Kinder“ würden derzeit in die Praxis kommen – und weil die Kinderabteilungen der Spitäler auch am Limit seien, könne man etliche Kinder „derzeit nur ambulant führen“. Dabei bräuchten sie eigentlich eine entsprechende Behandlung und Überwachung im Krankenhaus, so der Nachsatz.

Verschärft wird laut Voitl die Lage durch den schon länger „akuten Kinderärztemangel“. Kinderärzte könnten derzeit wohl rund um die Uhr arbeiten und ihnen ginge die Arbeit nicht aus: Voitl verweist darauf, dass man derzeit viele Überstunden mache. Seine Gruppenpraxis hat zudem auch am Wochenende geöffnet – zusätzlich zu den drei Praxen für den Wochenenddienst. Nur wenn man am Samstag und Sonntag einen Teil schon abarbeite, könne man derzeit den Montag überhaupt bewältigen, so Voitl.

Grenzen auch bei siebentägiger Öffnung

Aber er betont, dass man selbst bei siebentägiger Öffnung irgendwann an Grenzen stoße. So könne er derzeit auch langjährigen Klientinnen und Klienten teils keinen Termin geben. Und ein rasches Ende der Triple-Welle RSV, Influenza und CoV ist nicht in Sicht.

Die Lage ist derzeit in ganz Österreich ähnlich – Schulklassen und Kindergartengruppen sind dezimiert, die Wartezimmer in Spitalsambulanzen und bei Kinderärzten überfüllt. Mit etwas Verspätung ist das RS-Virus nun auch in Kärnten voll angekommen – mehr dazu in kaernten.ORF.at. In Vorarlberg kann man die Situation aktuell noch bewältigen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Kinderabteilungen voll

In Wien sind die Kinderabteilungen der Spitäler noch immer am Anschlag: In Floridsdorf gab es, laut Nachfrage beim Wiener Gesundheitsverbund, am Montag gerade einmal zwei freie Betten, dabei würden ständig Kinder – meist nach fünf bis zehn Tagen – auch entlassen. Auch die Kinderabteilung der Klinik Favoriten sei voll, ähnlich dürfte es im AKH aussehen. In der Klinik Donaustadt sei die Zahl an Kindern mit RSV binnen Wochenfrist von 27 auf 17 zurückgegangen – dafür gebe es parallel aber mehrere Kinder, die wegen Influenza und Covid stationär behandelt werden müssen.

Medikamente teils nicht lieferbar

Voitl weist auf ein weiteres Problem hin, das die Lage zusätzlich verschärft – nämlich die teils eingeschränkte Verfügbarkeit von Medikamenten. Konkret sei derzeit unter anderem eine bestimmte cortisonhaltige Inhalationslösung für am RS-Virus erkrankte Kinder einfach nicht lieferbar. Das hängt laut Apothekerkammer mit den Lieferkettenproblemen zusammen, die seit der CoV-Pandemie bestehen. Viele Medikamente werden in Asien produziert. Die aktuelle Virenwelle verschärfte die Lage dann noch zusätzlich.

Rasches Ende nicht in Sicht

Die RSV-Welle werde jedenfalls bis Weihnachten andauern, ist Voitl überzeugt. Heuer falle sie „sehr heftig und sehr früh“ aus. Dazu kämen gleichzeitig CoV und die Influenza, die seit letzter Woche in Österreich ebenfalls epidemisch ist. Normalerweise sei der Höhepunkt der RSV-Welle im Jänner nach den Weihnachtsferien, wenn viele Familien vom Skifahren heimkehren.

Da es wegen der Lockdowns in den letzten beiden Jahren wenig Virusaktivität gegeben habe, sei das RSV schon im Vorjahr früh – im September – aufgetreten, und heuer ebenfalls, verglichen mit dem langjährigen Durchschnitt, zu früh dran.

Parallelinfektionen möglich

Voitl appelliert, sich gegen Influenza impfen zu lassen. Denn es seien auch Parallelinfektionen – und damit eine Erkrankung etwa sowohl an RSV als auch Influenza – möglich. Er habe in seiner Praxis bereits mehrerer solcher Fälle gehabt. Auch Karl Zwiauer, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Universitätsklinikum St. Pölten und Mitglied im Nationalen Impfgremium, empfiehlt die Influenzaimpfung – mehr dazu in noe.ORF.at.

Das RS-Virus kann vor allem für Babys bis zu einem Jahr auch lebensbedrohlich werden. Therapeutisch gibt es laut Voitl wenige Optionen, am wichtigsten sei die Gabe von Sauerstoff. Bei etwas größeren Kindern, ab drei Jahren, sei eine RSV-Infektion in der Regel nicht so schlimm. Da reiche eine Behandlung der Symptome, dann sei es nach etwa einer Woche in der Regel vorbei. Bei Schmerzen, hohem Fieber oder Atemnot müsse man jedenfalls rasch zum Arzt oder zur Ärztin, empfiehlt Voitl.

Für Frühgeborene und Kinder mit chronischen Krankheiten gibt es ein Medikament, das präventiv verabreicht wird. Und der Kinderfacharzt betont: Auch wenn die Symptome bei allen drei Infektionen sehr ähnlich seien, könnten Fachleute eine RSV-Infektion an einem typischen, pfeifenden Geräusch bei der Atmung von Kleinkindern meist erkennen.