COFAG-Geschäftsführer Marc Schimpel
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COFAG-Chef in ÖVP-U-Ausschuss

„Hätte niemals Intervention zugelassen“

In der nun doch nicht letzten Woche des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses beschäftigen sich die Abgeordneten wieder mit der Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG). Von der ÖVP geladen war am Dienstag Marc Schimpel, der operative Geschäftsführer. Er wird auch ohne Parteibuch den Grünen zugeordnet, daher zielten die meisten Fragen der Abgeordneten auf seine Bestellung für den Führungsjob ab. Die Verlängerung des Ausschusses bis Anfang Februar wurde unterdessen fixiert.

Die COFAG wurde im Laufe des U-Ausschusses zu einem Hauptthema der Abgeordneten. Der Rechnungshof (RH) hatte scharfe Kritik an Gebaren, Besetzung und Abläufen geübt. Schimpel war am Dienstag als einzige Auskunftsperson geladen, er gilt auch den Oppositionsparteien als „grünes Pendant“ zu Bernhard Perner, jenem COFAG-Geschäftsführer, der vor rund zwei Wochen im Ausschuss zu Gast war. Ab April 2020 arbeitete auch Schimpel für die COFAG, zunächst war er interimistisch tätig und anschließend nach einer Ausschreibung auch bestellt worden.

Zuvor hatte Schimpel für den grünen Parlamentsklub und das Büro von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) gearbeitet, in der Zwischenzeit war er bei der Beratungsfirma PricewaterhouseCoopers (PWC) beschäftigt – die sich laut FPÖ-Fraktionsvorsitzendem Christian Hafenecker „eine goldene Nase mit der COFAG verdient“ habe. Hafenecker kritisierte die Optik wegen mangelnder Compliance-Regeln: Die Grünen hätten beim Versuch, sich von der ÖVP nicht ausbremsen zu lassen, selbst Postenschacher betrieben, so Hafenecker.

Aufträge an früheren Arbeitgeber

Die FPÖ ging zunächst von rund 400.000 Euro aus, die von der COFAG für Beratungsleistungen an PWC geflossen seien, Schimpel korrigierte nach oben: Es seien gar mit Ende Oktober 2,9 Millionen gewesen. Er habe aber „peinlichst“ darauf geachtet, dass hier keinerlei Konflikte bei den Vergaben möglich seien, so Schimpel.

Auch der Kritik des RH, die COFAG habe viel Geld für externe Beratungsleistungen ausgegeben, gab Schimpel nicht statt. Man habe auf Unterstützung von außerhalb setzen müssen, unter anderem auf eine Rechtsanwaltskanzlei, die laut Grünen in Summe rund eine Million Euro verdient habe. Laut Schimpel sei die Beauftragung aber korrekt gewesen, schließlich habe man die COFAG „von null auf hundert“ auf die Beine stellen müssen, damit die Hilfen fließen konnten. So seien auch die hohen Beratungskosten für die „Big Four“ zu erklären, also die Firmen KPMG (bekam acht Mio. von der COFAG), PWC, Deloitte (2,8 Mio.) und EY.

Diese Kosten hätten sich aber eindeutig rentiert, so Schimpel. Denn diesen Kosten stünden rund 270 Millionen Euro gegenüber, die man durch gute Antragsprüfungen eingespart habe. Das zeige auch die Qualität der Arbeit der COFAG. Bis dato habe man 1,3 Millionen Anträge abgearbeitet, viele davon binnen kurzer Zeit.

Keine „unsachlichen“ Entscheidungen

Zunächst habe es den Anschein gehabt, dass man die COFAG nur etwa ein Jahr lang brauchen werde. Daher habe man nicht viele Personen einstellen wollen, die man danach wieder hätte abbauen müssen. Erst später habe sich herausgestellt, dass man die Agentur wohl länger benötige. Zunächst habe man mittels Recruiting-Firmen Personal gesucht, später habe man das selbst etwa über Anzeigen im Netz erledigt. Zu „unsachlichen“ Entscheidungen sei es dabei nicht gekommen, so Schimpel.

COFAG-Geschäftsführer Marc Schimpel
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Ein kurzer Berfragungstag: Nur Schimpel war am Dienstag geladen

Einflussnahmen habe er nicht mitbekommen, hätte jemand von politischer Seite dazu gedrängt, einen Antrag freizugeben, „hätte ich ziemlich Lärm gemacht“, so Schimpel. „Ich hätte niemals eine Intervention zugelassen.“ Sehr wohl seien aber E-Mails mit Fragen an ihn von vielen Seiten gekommen, dann habe er den Kontakt gesucht.

Weniger Gehalt als Perner

Mit seinem Kogeschäftsführer Perner sei die Zusammenarbeit korrekt gewesen, so Schimpel vor den Abgeordneten. Man habe sich stets gut abgestimmt. Die Arbeitsbelastung für beide sei in den Jahren 2020 und 2021 hoch gewesen, auch Perner habe sich nicht nur abseits anderer Tätigkeiten engagiert. Perner habe schon um fünf Uhr Früh seine Mails abgearbeitet, so Schimpel auf entsprechende Fragen der Grünen. Letztere haben Perner im Verdacht, die Tätigkeit in der COFAG nicht vollständig ausgefüllt zu haben, war er doch zusätzlich auch noch Geschäftsführer der Muttergesellschaft ABBAG und bezog doppeltes Gehalt.

Die grüne Fraktionsvorsitzende Nina Tomaselli betonte auch schon im Vorfeld, dass Schimpel im Gegensatz zu Perner kein Doppelgehalt bekommen und auch um 70.000 Euro weniger verdient habe. Schimpel selbst konnte dazu wenig sagen, er habe die Verträge nicht verglichen. Was die Höhe der Gehälter anbelangt, müsse der Aufsichtsratsvorsitzende befragt werden. Er wisse jedenfalls, dass die Benchmark dafür aus dem Bankensektor kam. Sein Gehalt sei am unteren Rand gewesen, das von Perner im Median. Es obliege aber dem Aufsichtsrat, das zu bestimmen.

Stephanie Krisper
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Krisper wollte erfragen, ob die Besten für die COFAG-Führungsjobs gewählt wurden

Nicht verwandt oder verschwägert

Dass „zufälligerweise“ zwei Geschäftsführer, die den Koalitionsparteien nahestehen, gewählt wurden, wie die NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper sagte, fand Schimpel nicht außergewöhnlich. Beide seien gut geeignet gewesen, so Schimpel. Er sei von den Grünen gefragt worden, ob er den Job übernehmen wolle, so Schimpel, denn dort sei seine Expertise durch seine früheren Tätigkeiten bekannt gewesen. An der Ausschreibung habe er nicht mitgewirkt, auch eine Parteimitgliedschaft habe er nicht.

Auch die Frage des ÖVP-Abgeordneten Peter Weidinger, ob bei den Besetzungen irgendwelche Verwandtschaftsverhältnisse eine Rolle gespielt hätten, verneinte Schimpel. Konkret ging es hier um Josef Meichenitsch – er ist Notenbanker und war für Kogler tätig. Meichenitsch sei ein Studienfreund gewesen, so Schimpel, doch verwandt sei man nicht.

Peter Weidinger
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Weidinger erfragte mögliche Verwandtschaftsverhältnisse in der COFAG – diese Spur wurde aber schnell wieder verworfen

Verlängerung fix

Dass der U-Ausschuss in die Verlängerung gehen würde, hatte sich bereits in den vergangenen Wochen abgezeichnet. NEOS hatte sich zunächst dagegen gesperrt, doch nun sollen für eine weitere Ladung von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid noch Befragungstage angesetzt werden, wie die Fraktionsvorsitzenden von SPÖ, FPÖ und NEOS am Dienstag nun offiziell bekanntgaben. Verlängert wird bis 31.Jänner/1.Februar, wobei die Anzahl der Befragungstage noch offen ist.

Schmid hatte sich bei seiner ersten Befragung Anfang November bei allen Fragen entschlagen – zu Recht, wie kürzlich das Bundesverwaltungsgericht feststellte. Als Begründung gab Schmid damals an, die Erhebungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) seien noch nicht abgeschlossen. Das dürfte inzwischen nicht mehr der Fall sein.

Schmid beantragte laut „Standard“ inzwischen auch offiziell den Kronzeugenstatus. Er habe den Ermittlern neue Tatsachen offenbart, darunter Bestechungsvorwürfe gegen Unternehmer Rene Benko, die Verwendung von Geldern des Finanzministeriums für ÖVP-Workshops sowie mehrere Fälle von Geheimnisverrat sowie „weitere bislang noch von der Akteneinsicht ausgenommene Straftaten“, wie die Zeitung berichtete.

VfGH lehnte Anträge ab

Unter anderem dazu lehnte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Dienstag einige Anträge ab: Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hatte den U-Ausschuss um ein Konsultationsverfahren zu Schmid ersucht. Das sollte dazu dienen, mit den Fraktionen zu vereinbaren, dass Schmid nur zu jenen Teilen befragt wird, zu denen er bei der Staatsanwaltschaft bereits vollständig ausgesagt hat. Andernfalls könnten Ermittlungen gefährdet werden. Dieser Antrag wurde nun zurückgewiesen, weil noch gar keine Meinungsverschiedenheit entstanden sei.

Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag der ÖVP, Chats zwischen Schmid und Personen mit einem Naheverhältnis zur SPÖ oder FPÖ an den Ausschuss zu übermitteln. Zadic hatte das abgelehnt, der VfGH gab der Ministerin hier aber nicht ganz recht. Es sei zwar nicht völlig auszuschließen, „dass auch die Kommunikation von nicht mit der ÖVP verbundenen Personen aufgrund besonderer Konstellationen eine (potenzielle) abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand haben kann“. Allerdings hätten die Abgeordneten der ÖVP ihr Verlangen näher begründen müssen, weswegen ihr Antrag abzuweisen gewesen sei, urteilte der VfGH.

Auch ein ÖVP-Antrag die „Usermail“-Accounts der WKStA betreffend wurde teilweise abgelehnt bzw. teilweise als unzulässig zurückgewiesen. Die ÖVP wollte von der Ministerin, dass diese den Datenbestand der „Usermail“-Accounts der WKStA sowie die gesamte schriftliche und (sonstige) elektronische Kommunikation innerhalb der WKStA, soweit sie mit dem Untersuchungsgegenstand zusammenhängt, erheben und dem Ausschuss vorlegen lässt. Das hatte der U-Ausschuss mehrheitlich abgelehnt und Teile der Anforderung in einen eigenen Antrag übernommen. Das war für den VfGH ausreichend.