Schengen: Nehammer will Entscheidung erst in einem Jahr

Wenige Stunden vor dem entscheidenden EU-Innenministertreffen hat Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) das Nein Österreichs zum Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens bekräftigt.

Bei einem gemeinsamen Presseauftritt mit dem Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, plädierte Nehammer gestern Abend in Wien dafür, die Entscheidung auf den nächsten Herbst zu verschieben. Weber äußerte Verständnis für die Sorgen und Anliegen Österreichs, nicht aber für das Veto.

Nehammer verweist auf Niederlande und Bulgarien

Nehammer bekräftigte bei einem kurzen Presseauftritt am Rande einer EVP-Tagung in einem Wiener Innenstadthotel die Argumente Österreichs, dass der Schengen-Raum nicht funktioniere. Wenn Österreich als Schengen-Binnenland heuer bereits 75.000 nicht registrierte Migranten aufgegriffen habe, sei das eine „Sicherheitsfrage, die wir nicht wegwischen können“, so der Kanzler.

Zugleich trat er dem Eindruck entgegen, Österreich stehe bei diesem Thema alleine da. Beim heutigen Innenministertreffen würden nämlich auch die Niederlande „nicht zustimmen bei Bulgarien“.

EU-Abstimmung über Schengen-Ausdehnung

Die EU-Innenminister stimmen am Donnerstag über die Erweiterung des Schengen-Raums um Rumänien, Bulgarien und Kroatien ab. Die österreichische Bundesregierung will den Beitritt von Rumänien und Bulgarien blockieren, während die EU-Sozialdemokraten voll dafür sind und auch die Europäische Volkspartei teils dafür stimmt.

Österreich verknüpft seine Zustimmung zur Schengen-Erweiterung mit der Umsetzung eines eigenen Fünfpunkteplans unter anderem zur Verstärkung des Außengrenzschutzes. Auf die Frage der APA, in welchem Zeitraum dieser Plan umgesetzt werden könnte, verwies Nehammer auf Aussagen von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).

Dieser habe „einen Zeithorizont aufgezeigt bis in den nächsten Herbst, einen neuen Abstimmungstermin für Rumänien, Bulgarien zu definieren“. Bis dorthin könne man sich anhand von Fakten wie der Höhe der Aufgriffszahlen „orientieren“, auch solle bei den Zurückweisungen und der Durchführung von Asylverfahren in Drittstaaten etwas weitergehen.

Kritik von SPÖ, NEOS und Karas

Kritik an der Haltung Karners kam vor dem EU-Innenministertreffen von SPÖ und NEOS, aber auch von Parteikollege und Vizepräsident des EU-Parlaments Othmar Karas (ÖVP). Eine Schengen-Blockade trage nichts zur Lösung bei den Asylzahlen bei und habe damit auch nichts direkt zu tun. Beides zu vermischen, sei „unverantwortlich und unsäglich“, so Karas.

Der frühere tschechische Außenminister Karel Scharzenberg kritisierte Wiens Blockadehaltung ebenso scharf. Es handle sich um „blanke Innenpolitik. Ich schätze Österreichs Rolle am Balkan. Aber dieses Veto ist ein dummer Streich. Hoffnungslos egozentrisch“, sagte Schwarzenberg aus Anlass seines 85. Geburtstags im Interview mit der „Kleinen Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe).