Kocher: Nur kleine Verbesserungen bei Arbeitslosen

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher will keinen Anlauf mehr unternehmen, mit den Grünen doch noch eine große Reform der Arbeitslosenversicherung herbeizuführen, nachdem die Verhandlungen jüngst gescheitert sind. Mangels Einigung könne keine Regierungsvorlage vorgelegt werden, sagte er heute im Nationalrat in Beantwortung einer Dringlichen Anfrage von NEOS. An einigen Stellschrauben will er aber doch noch drehen.

Kocher wollte einen degressiven Verlauf beim Arbeitslosengeld schaffen (die Nettoersatzrate sollte von anfangs 70 auf später – wie auch jetzt – 55 Prozent sinken), den Zuverdienst einschränken und in den ersten Tagen der Arbeitslosigkeit kein Arbeitslosengeld ausbezahlen. Vor allem an letzteren beiden Punkten stießen sich die Grünen.

„Die Mehrheit der Arbeitssuchenden hätten von einer solchen Reform profitiert“, zeigte sich Kocher überzeugt. Dennoch meinte er, in kleinen Schritten weiter für Verbesserungen sorgen zu können. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt stellt sich aus seiner Sicht positiv dar: Es seien heute um 130.000 Menschen mehr in Beschäftigung als 2019, also vor der CoV-Krise. Heute sei man eher mit einem Arbeits- und Fachkräftemangel konfrontiert. Verbesserungen versprach er auch bei der Vermittlung durch das Arbeitsmarktservice (AMS), etwa durch erneuerte IT-Systeme.

Kritik der Opposition

Zuvor hatte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger „Stillstandsfrust“ kritisiert und das Scheitern von Reformvorhaben im Koalitionsgerangel zwischen ÖVP und Grünen als Armutszeugnis beklagt. Österreich sei spitze beim Anteil der Langzeitarbeitslosen, mit einer Verzwanzigfachung in den vergangenen zehn Jahren. In seiner Anfragebegründung ortete NEOS den akuten und demografisch bedingten Arbeitskräftemangel als größte Herausforderung in den nächsten Jahren. Es brauche daher genau jetzt große Arbeitsmarktreformen, ohne die der Wohlstand nicht aufrechterhalten und der Sozialstaat nicht finanziert werden könne.

Josef Muchitsch (SPÖ) betonte, dass Sand ins Getriebe der Verhandlungen genau in dem Moment gekommen sei, als man die Opposition nicht mehr eingebunden habe. Für die 70 Prozent Nettoersatzrate sei er guter Hoffnung gewesen. Ein degressives Modell dürfe jedenfalls nicht unter die Armutsgrenze führen. Kritischer äußerte sich Peter Wurm (FPÖ). Er sah die Regierung in der Sackgasse, jede weitere Woche des Weitermachens sei ein Schaden für Österreich.

Grüne begründen Weigerung

Markus Koza begründete die Ablehnung der Grünen. Auf den Zuverdienst habe man beharrt, denn man wolle bereits armutsgefährdete Menschen nicht noch ärmer machen. Und: Unverschuldet Gekündigten in den ersten zwei Wochen kein Geld zu geben und damit relativ kurz Arbeitslosen auch noch Verluste zu bescheren, „nein, das sehe ich dezidiert nicht ein“, so Koza. Für kleine Reformschritte zeigte er sich aber offen, ebenso wie ÖVP-Klubchef August Wöginger.