Abgeordnete von EU-Ländern am 15. Dezember
IMAGO/Xinhua/Zheng Huansong
EU-Spitzentreffen

Neue Sanktionen, weiter kein Preisdeckel

Beim wahrscheinlich letzten Gipfeltreffen des Jahres haben am Donnerstag die EU-Staats- und -Regierungsspitzen einige Hürden überwinden können: So wurden neue Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht, auch für das in letzter Minute von Polen blockierte milliardenschwere Hilfspaket für die Ukraine gibt es nun grünes Licht. Das heikelste Thema wurde jedoch einmal mehr vertagt: Der Gaspreisdeckel soll nun am Montag beschlossen werden – diesmal wirklich.

Eigentlich hatte man mit einer langen Nacht in Brüssel gerechnet – doch dann ging alles schneller als erwartet, wohl auch, weil der größte Streitpunkt erneut ungelöst blieb. EU-Ratspräsident Charles Michel betonte die „Einheit“ der EU in einer Pressekonferenz anschließend an das Treffen. Die Themen auf der Tagesordnung seien „sehr schwierig“ gewesen.

Als größter Erfolg des Abends ist wohl das mittlerweile neunte Sanktionspaket der EU gegen Russland zu sehen. Erst kurz vor Ende verständigten sich die EU-Botschafterinnen und -Botschafter darauf – und legten damit einen tagelangen Streit bei. Streitpunkt waren Ausnahmen, um Agrarexporte zu sichern – dagegen wehrten sich Länder wie Polen und Litauen.

Neben Handels- und Finanzsanktionen umfasst das neunte Paket seit Ende Februar mit Strafmaßnahmen eine Liste mit fast 200 Personen und Einrichtungen. Gegen sie werden Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote verhängt. Schon jetzt hat die EU mehr als 1.200 Einzelpersonen und 118 Organisationen sanktioniert, weil sie territoriale Integrität der Ukraine sowie die Souveränität des Landes unterlaufen. Noch am Freitag könnte das Paket auch offiziell abgesegnet werden und bald in Kraft treten.

Energieministern soll Durchbruch bei Preisdeckel gelingen

Keine Einigung gab es weiter beim Gaspreisdeckel. Schon das letzte Spitzentreffen im Oktober hätte eigentlich Fortschritte bringen sollen, doch auch das letzte Gipfeltreffen des Jahres brachte keinen greifbaren Fortschritt. Gleichzeitig hieß es aus Diplomatenkreisen jedoch, dass man einer Einigung sehr nahe sei.

Ob das stimmt, wird sich am Montag zeigen: Dann treffen die Energieministerinnen und -minister zu ihrem nächsten Treffen zusammen. Sollte es tatsächlich nur noch um technische Details gehen, könnte es spätestens dann grünes Licht für einen Gaspreisdeckel geben. Lange Zeit war nicht einmal klar, wie diese Maßnahme genau ausschauen soll, mittlerweile ist von einem „Preiskorridor“ die Rede. Während etwa Griechenland und Italien eine strenge Obergrenze befürworten, fürchten unter anderem Österreich und Deutschland um die Versorgungssicherheit.

Polen beendete Blockade

Eine Lösung fand sich offenbar auch für die Blockade Polens: Das Land wollte plötzlich einer geplanten weltweiten Mindeststeuer nicht zustimmen – darüber herrschte eigentlich bereits Einigkeit. Kritik aus Warschau kam, weil man die Verbindung mit unterschiedlichen Themenbereichen ablehne – eines dieser Themen war das milliardenschwere Hilfspaket für die Ukraine. Für dieses ist der Weg nun endgültig frei, was Kiew damit rund 18 Mrd. Euro sichern dürfte. Teil dieses Pakets ist auch das Einfrieren der Milliardenhilfe für Ungarn, wofür nun der Weg frei ist

Polnischer Ministerpräsident Mateusz Morawiecki schüttelt hände mit Ratspräsident Charles Michel
Reuters/Yves Herman
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (links) konnte sich doch noch mit den anderen Staaten einigen

Auch Migration und Schengen angesprochen

Für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) war vor allem die Migration das zentrale Thema des Gipfels. Er forderte mehr Grenzbarrieren an den EU-Außengrenzen. „Wir müssen endlich das Tabu Zäune brechen“, so Nehammer im Vorfeld. Die Verstärkung des Zauns in Bulgarien müsste mit finanziellem Mittel der EU unterstützt werden. Sofia brauche nach eigenen Angaben zwei Milliarden Euro dafür. Im Februar soll es einen Sondergipfel geben, bei dem das Thema Migration auf der Tagesordnung stehen soll, so Nehammer.

Auch der nicht zuletzt von Österreich blockierte Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens wurde angesprochen. Rumäniens Präsident Klaus Iohannis schrieb auf Twitter, er habe Rumäniens Schengen-Beitritt angesprochen. Nehammer sagte, „es war deutlich unaufgeregter und unemotionaler“ als zuletzt. 2023 bezeichnete der Kanzler als „Lösungsjahr“. Nehammer sei es „wichtig“ gewesen, dass Bulgarien und Rumänien „wissen, dass wir diese Herausforderung gemeinsam“ angehen müssten.

Bosnien-Herzegowina ist Beitrittskandidat

Gute Nachrichten gibt es für Bosnien-Herzegowina: Das Land wurde nun offiziell in den Kreis der Beitrittskandidaten aufgenommen. Eine entsprechende Empfehlung hatten zuvor bereits die Europaministerinnen und -minister der EU-Staaten abgegeben. Grund war auch die Sorge, dass Bosnien-Herzegowina sich ansonsten verstärkt in Richtung Russland oder China orientieren könnte. Nehammer bezeichnete die Einigung auf den Kandidatenstatus als „enorm wichtig“ für „Österreich als Brückenbauer“.

Die EU-Staaten diskutierten im Rahmen des Gipfels zudem, wie sie auf den U.S. Inflation Reduction Act (IRA) reagieren sollen, der Steuererleichterungen und Subventionen für klimafreundliche Technologien im Umfang von 430 Milliarden Dollar vorsieht. Die EU-Staaten forderten nun die EU-Kommission auf, Vorschläge zur „Mobilisierung der einschlägigen nationalen und EU-Instrumente und zur Verbesserung der Investitionsbedingungen“ zu unterbreiten. Darüber hinaus solle die Brüssler Behörde eine Strategie zur Steigerung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität bis Anfang 2023 vorlegen.