Elon Musk’s Twitterprofil
Reuters/Dado Ruvic
Unzufrieden über Berichte?

Musk sperrt Journalisten auf Twitter

Der US-Kurzbotschaftendienst Twitter hat die Konten mehrerer Journalisten und Journalistinnen gesperrt, die über das Unternehmen und seinen neuen Chef, Multimilliardär Elon Musk, berichtet hatten. Betroffen war am Donnerstag (Ortszeit) mehr als ein halbes Dutzend Journalistinnen und Journalisten, wie US-Medien berichteten. Einige von ihnen hatten noch am Vortag über die Sperrung eines Nutzerkontos berichtet, auf dem alle Flüge Musks dokumentiert wurden.

Andere hatten kritisch über das Vorgehen Musks bei Twitter berichtet, wie etwa die „New York Times“ schreibt. Viele der Journalistinnen und Journalisten hatten Zehntausende Follower auf Twitter, hieß es weiter. Twitter gab keine Gründe an, warum die Konten der Journalistinnen und Journalisten gesperrt wurden. Die Betroffenen arbeiten unter anderem für renommierte Medien wie CNN, die „New York Times“ und die „Washington Post“. Auch frei arbeitende Journalisten und Journalistinnen waren betroffen.

„Die plötzliche und ungerechtfertigte Sperrung von Journalisten inklusive Donie O’Sullivan von CCN ist besorgniserregend – aber nicht überraschend“, erklärte der Fernsehsender. „Twitters zunehmende Instabilität und Volatilität sollte große Bedenken bei jedem auslösen, der die Plattform nutzt.“ CNN fordere eine Erklärung von Twitter und mache davon die Reaktion auf den Vorfall abhängig.

Twitter-Gebäude in San Francisco
Reuters/Carlos Barria
Die Twitter-Zentrale in San Francisco

Konto über Flugbewegungen zuvor gesperrt

Am Mittwoch war das vom Studenten Jack Sweeney angelegte Konto gesperrt worden, der mit Hilfe eines automatisierten Computerbots öffentlich zugängliche Flugdaten auswertete, um die Flugbewegungen von Musks Jets zu ermitteln und zu dokumentieren. Musk schrieb in einem Tweet am Mittwochabend, dass der einige Stunden zuvor deaktivierte Bot-Account gegen die Nutzerrichtlinien der Internetplattform verstoßen habe.

Musk sprach sich auch gegen das Posten von Links, die den Flugverkehr live verfolgen, aus. Insgesamt wurden laut „New York Times“ 25 Konten in dem Fall gesperrt. Musk erwägt zudem offenbar rechtliche Schritte. Dabei hatte der Twitter-Chef noch im November verkündet, er sehe sich der Redefreiheit so sehr verpflichtet, dass er das Konto erlaube, obwohl es ein Risiko für seine Sicherheit darstelle. So wurden laut Medien denn auch Links auf den Twitter-Rivalen Mastodon gesperrt.

Elon Musk
AP/Matt Rourke
Elon Musks Kurs bei Twitter sorgt für Unmut und Besorgnis

EU: „Es gibt rote Linien. Und bald Sanktionen“

Die Europäische Union droht Musk wegen der Sperrung von Journalistenkonten mit Sanktionen. „Die Nachrichten über die willkürliche Suspendierung von Journalisten sind besorgniserregend“, schrieb die EU-Vizekommissionspräsidentin Vera Jourova am Freitag auf Twitter.

Sie verwies auf das Gesetz über digitale Dienste, das die Achtung der Medienfreiheit und der Grundrechte vorsehe. Es war im vergangenen Jahr vom EU-Parlament verabschiedet worden und soll besonders die sehr großen Onlinekonzerne in der EU stärker regulieren. Das Gesetz über digitale Dienste werde durch ein EU-Gesetz zur Medienfreiheit bestärkt. Musk solle sich dessen bewusst sein, so Jourova weiter. „Es gibt rote Linien. Und bald Sanktionen.“

Kritik kam etwa auch aus Deutschland. Das Außenministerium in Berlin kritisierte die Sperrungen am Freitag. Es twitterte Screenshots der gesperrten Accounts und schrieb dazu: „#Pressefreiheit darf nicht nach Belieben ein- und ausgeschaltet werden.“ Die betroffenen Journalisten könnten nun auch dem deutschen Außenministerium nicht mehr folgen, es nicht kritisieren und kommentieren. „Damit haben wir ein Problem @Twitter.“

Gericht: Twitter muss über Sammelklage informieren

Auch in Sachen Kündigungen bei Twitter droht Musk Ungemach. Twitter muss Tausende seit der Übernahme durch Musk entlassene Beschäftigte über die laufende Sammelklage gegen den Kurznachrichtendienst informieren. Es wäre irreführend, von den Betroffenen einen Verzicht auf rechtliche Ansprüche gegen das Unternehmen zu fordern, ohne sie auf dieses Verfahren hinzuweisen, entschied ein US-Richter am Donnerstag.

In der Sammelklage wird Twitter vorgeworfen, gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfristen nicht eingehalten zu haben. Twitter war für einen Kommentar nicht zu erreichen. Musk stürzte Twitter seit der Übernahme Ende Oktober ins Chaos. Er entließ das Spitzenmanagement und rund die Hälfte der Belegschaft und schaltete gesperrte Konten wie jenes des früheren US-Präsidenten Donald Trump wieder frei. Kritiker befürchten, dass unter Musks Führung auf Twitter Hassbotschaften und Falschinformationen rasant zunehmen könnten.

Medien: Gremium gegen Hassbotschaften aufgelöst

US-Medien zufolge löste Twitter ein Gremium auf, das den Kurznachrichtendienst im Umgang mit Hassbotschaften und anderen Problemen auf der Plattform beraten hatte. Mitglieder des „Trust and Safety Council“ sollten sich am Montagabend mit Unternehmensvertretern treffen, wie etwa die Nachrichtenagentur AP und das „Wall Street Journal“ berichteten. Kurz davor habe Twitter den Mitgliedern mitgeteilt, dass das Gremium aufgelöst werde.

Der Beirat war 2016 gegründet worden. Mitglieder waren Vertreter der Zivilgesellschaft, etwa von Menschenrechts- und Jugendschutzorganisationen. Ihre Aufgabe war es, das Unternehmen bei der Weiterentwicklung von Produkten und Regeln zu beraten. Die AP zitierte aus einer E-Mail, wonach Twitter nun prüft, wie „Außenansichten“ am besten eingebracht werden können. Der Beirat sei dafür nicht das richtige Mittel. Twitter werde aber schneller als bisher dafür sorgen, dass die Plattform informativ und sicher sei, hieß es in der Mail.

Tesla-Ladestationen in Kalifornien
Reuters/Sam Mircovich
Der E-Auto-Konzern Tesla musste dieses Jahr starke Kurseinbußen hinnehmen

Seit der Twitter-Übernahme durch Musk war fraglich, was überhaupt die Rolle des Beirates ist. Musk hatte davon gesprochen, ein neues Gremium zum Umgang mit kontroversen Inhalten bilden zu wollen. Es blieb aber immer unklar, wie die Aufgaben der beiden Gruppen abgegrenzt werden sollen.

Musk verkaufte wieder Millionen Tesla-Aktien

Derzeit sieht es auch so aus, als ob Musk Geld braucht: Zwischen Montag und Mittwoch veräußerte er 22 Millionen Tesla-Aktien im Wert von rund 3,6 Milliarden Dollar, wie aus Dokumenten der US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht. Musk hatte Ende Oktober Twitter für 44 Milliarden Dollar gekauft; 27 Milliarden Dollar davon kamen aus seiner eigenen Tasche.

Erst Anfang November hatte Musk Tesla-Aktien im Wert von rund vier Milliarden Dollar veräußert. Seit November 2021 verkaufte er nach Angaben des „Wall Street Journal“ Aktien des Autokonzerns im Wert von mehr als 39 Milliarden Dollar. Der Kurs der Tesla-Aktie ist in diesem Jahr um mehr als die Hälfte gefallen. Investoren werden wegen der Doppelrolle des 51-Jährigen bei Tesla und Twitter zunehmend unzufrieden, zumal der Elektroautokonzern selbst einige operative Probleme hat. Anlegerinnen und Anleger sind besorgt, dass Musk zu viel Zeit für die Umstrukturierung von Twitter aufbringen muss und Tesla deswegen vernachlässigt.

LVMH CEO Bernard Arnault
Reuters/Benoit Tessier
Bernard Arnault gilt nun als reichster Mensch der Welt

Nicht mehr reichster Mensch

Musk fiel indes in den Ranglisten der Superreichen auf Platz zwei zurück. In den Rankings „Bloomberg Billionaires“ und von „Forbes“ belegte der bisherige Spitzenreiter am Mittwoch Platz zwei hinter dem französischen Unternehmer Bernard Arnault vom Luxusgüterkonzern LVMH. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge war Musk bereits im vergangenen Jahr hinter Arnault gerutscht, kletterte dann aber wieder auf den ersten Platz.

Nach Schätzung von Bloomberg ist Musks Privatvermögen seit Jänner um mehr als 100 Milliarden Dollar auf 163,6 Milliarden Dollar (154 Mrd. Euro) gesunken. Das Vermögen Arnaults bezifferte die Agentur auf 170,8 Milliarden Dollar (161 Mrd. Euro). Der 73-Jährige ist Vorsitzender des französischen Luxusimperiums LVMH, zu dem Modeikonen wie Dior und Louis Vuitton und Champagnermarken wie Moet & Chandon gehören.

Auch in der „Forbes“-Liste liegt Musk mit einem geschätzten Vermögen von 176,8 Milliarden Dollar hinter Arnault (188,6 Mrd. Dollar). Die Angaben in den Milliardärscharts basieren zumeist auf öffentlich zugänglichen Informationen zu Vermögenswerten wie Aktien, Immobilien, Kunstobjekten und anderen Luxusgütern. Sie sind nicht exakt und teilweise umstritten. Grund für den Absturz von Musk in den Ranglisten sind laut Bloomberg unter anderem der Kauf von Twitter und der gefallene Aktienwert von Tesla.