Pressekonferenz auf der UNO Artenschutzkonferenz in Montreal
APA/AFP/Andrej Ivanov
„Historisch“

Artenschutzkonferenz beschließt Erklärung

Die Staatengemeinschaft will bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz stellen. Auf diese weitere Maßnahme einigten sich am Montag die rund 200 Teilnehmerstaaten der Weltnaturkonferenz (COP15) in Montreal. Neben dem Jubel der Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei der Plenarsitzung kam von Nichregierungsorganisationen auch teils heftige Kritik.

Neben dem Schutz von Land- und Meeresflächen nennt das Abkommen auch das Ziel, dass die Staaten mehr Geld für den Schutz der Artenvielfalt ausgeben wollen. Dafür sollen ärmere Länder bis 2025 rund 20 Milliarden Dollar jährlich bekommen, bis 2030 30 Mrd. Dollar. In dem verabschiedeten Dokument wurde unter anderem die Rolle indigener Völker und lokaler Gemeinden in weltweiten Naturschutzbemühungen betont, was viele Beobachter als Erfolg werteten.

Zudem setzt das Papier das Ziel, die Gefährdung von Mensch und Umwelt durch Pestizide bis 2030 zu halbieren. Die 23 in den Abkommen vereinbarten Ziele umfassen weiters den Abbau umweltschädlicher landwirtschaftlicher Subventionen von 500 Mrd. Dollar pro Jahr. Um die Ziele kontrollieren zu können, gibt es erstmals einheitliche Indikatoren zur Überwachung. Ebenso wurden Möglichkeiten geschaffen, um nachzubessern, wenn Länder die Ziele nicht erreichen.

Die chinesische Gipfelpräsidentschaft sprach von einem „historischen Moment“. Nach der Verabschiedung des rechtlich nicht bindenden Dokuments brach bei der Plenarsitzung, die eigentlich bereits für Sonntagabend angesetzt war und wegen anhaltender Verhandlungen zeitlich immer weiter in die Nacht hinein verschoben worden war, Klatschen und lauter Jubel aus.

Organisatoren, Wissenschaftler und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen hatten bis zuletzt gehofft, dass bei dem Treffen noch ein richtungsweisendes globales Abkommen für den Artenschutz verabschiedet werden kann. Bei Vertretern von Nichtregierungsorganisationen stieß das Abkommen auf geteilte Reaktionen.

Heftige Kritik von Greenpeace

Für Greenpeace Österreich stellt das Ergebnis einen faulen Kompromiss dar. Der starke und vollkommene Schutz von Gebieten, die ins 30x30-Ziel (Schutz von 30 Prozent der Land- und Meeresflächen) gezählt werden sollen, blieb demnach auf der Strecke. Zudem sei die Tür für Greenwashing weit geöffnet worden, indem Kompensationszahlungen als mögliche Finanzierungsquelle für den weltweiten Artenschutz akzeptiert seien.

Artenschutzabkommen beschlossen

Bei der Weltnaturschutzkonferenz der Vereinten Nationen konnten sich die Vertreterinnen und Vertreter der 196 Staaten kurz vor Ende auf ein Abkommen zum Artenschutz einigen. Die zunehmende Vernichtung der Vielfalt sei laut Fachleuten eine ähnlich große Bedrohung wie die Erderwärmung.

Greenpeace forderte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) auf, den Artenschutz in Österreich entschieden voranzutreiben. Ein erster Schritt sei die rasche Umsetzung der Biodiversitätsstrategie durch die zuständigen Bundesländer.

Beobachter kritisierten, dass viele Ziele zu weit in die Zukunft gesetzt und zu wenig qualitativ greifbar gemacht worden seien. Vertreter einiger vor allem ärmerer Länder kritisierten, dass zu wenig finanzielle Hilfen der reicheren Länder eingeplant worden seien. Diese Einwände seien nicht ausreichend ernst genommen worden, und die Verabschiedung sei am Ende auch gegen Widerstände durchgepeitscht worden, bemängelte beispielsweise der Vertreter der Demokratischen Republik Kongo.

Das Land steht mit seinem Regenwald für einen erheblichen Teil der Artenvielfalt der Welt und verlangte mehr Hilfe der reicheren Staaten für seinen Schutz. Auch Kamerun und Uganda sprachen von einem erzwungenen Abkommen und wollten die Einschätzung im Protokoll verankern lassen.

Gewessler sieht „historisches Signal“

Für Gewessler selbst sendet die Einigung „ein historisches Signal in die Welt. Wir machen den Schutz unserer Artenvielfalt – unserer Lebensgrundlage – zur Priorität“. Man wolle künftigen Generationen einen intakten und lebenswerten Planeten übergeben. Jetzt beginne aber die Umsetzung. Alle seien gefordert, den notwendigen Beitrag zu leisten, so die Umweltministerin.

Delegierte auf der UNO Artenschutzkonferenz
APA/AFP/Andrej Ivanov
Knapp 5.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen waren bei der zweiwöchigen Konferenz

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Abschlusserklärung ebenfalls als „historisches Ergebnis“. Es gebe für die Weltgemeinschaft nun einen „Fahrplan zum Schutz und zur Wiederherstellung der Natur und zu ihrer nachhaltigen Nutzung – für heutige und künftige Generationen“. In die Natur zu investieren bedeute auch, den Klimawandel zu bekämpfen. Es sei sehr positiv, dass es messbare Ziele ebenso wie Mechanismen gebe, um ihre Umsetzung zu finanzieren. „Jetzt ist es an der Zeit, dass alle Länder ihre Naturziele für 2030 und 2050 erreichen.“

Der Umweltdachverband zeigte sich erfreut, dass eine „künftige weltweite Biodiversitätsstrategie“ beschlossen wurde. Der chinesischen Präsidentschaft sei für diesen Verhandlungserfolg durchaus Respekt zu zollen, so Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes.

WWF: Erfolg mit Schwächen

Der WWF sprach von einem Erfolg mit Schwächen, es sei ein „lückenhaftes, aber in wesentlichen Punkten brauchbares Abkommen“. Das wichtige Ziel, 30 Prozent der Land- und Meeresfläche zu schützen, sei enthalten, so WWF Österreich. „Der Erfolg steht und fällt aber mit dem politischen Willen, dieses Abkommen lückenlos umzusetzen sowie die nötige Finanzierung sicherzustellen“, so Artenschutzexperte Karim Ben Romdhane, der an der Konferenz teilnahm. Zu den Schwachstellen gehören laut WWF unter anderem die Regelungen für die verbleibenden Ökosysteme außerhalb von Schutzgebieten.

Der 15. Weltnaturgipfel hätte ursprünglich schon 2020 in China stattfinden sollen, wurde dann aber wegen der anhaltenden pandemischen Lage dort verschoben und zerteilt. Auch davor wurde schon verhandelt. Der erste Verhandlungsteil fand im vergangenen Oktober hauptsächlich online im chinesischen Kunming statt. Bei der Konferenz in Montreal rangen schließlich knapp 5.000 Delegierte aus 193 Ländern zwei Wochen lang um das Abkommen.

Mit dem Abkommen sollen das Land, die Ozeane und Tiere vor Verschmutzung, Zerfall und Klimakrise geschützt werden. Von den schätzungsweise acht Millionen Tier- und Pflanzenarten auf der Erde sind laut Wissenschaftlern des Weltbiodiversitätsrats IPBES eine Million vom Aussterben bedroht.