Passanten auf einer Einkaufsstraße in Wien
Reuters/Lisi Niesner
Wettbewerbsradar

Die CoV-Folgen für Österreichs Wirtschaft

Geht es nach dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), ist Österreich bei der Bewältigung der Folgen der Coronavirus-Krise deutlich langsamer als andere Länder gewesen. Mit Blick auf die Zahlen aus 2019 bis 2021 attestiert der am Mittwoch veröffentlichte Wettbewerbsradar dem Land teils signifikante Rückschritte. Demnach verlor Österreich etwa bei „Armutsgefährdung und der Einkommensverteilung deutlich an Boden“.

Wie aus dem „WIFO-Radar der Wettbewerbsfähigkeit 2022“ hervorgeht, fiel Österreich im Durchschnitt über alle Indikatoren um 4,3 Prozentpunkte zurück. „Damit schnitt Österreich zwar gleich gut oder besser ab als über 60 Prozent der europäischen Vergleichsländer, fiel jedoch weiter hinter das obere Drittel zurück.“

In den Bereichen „Arbeitsmarkt und soziale Lebensverhältnisse“ sowie „Einsatz natürlicher Ressourcen“ liege Österreich im europäischen Mittelfeld. So wie bei realen Einkommen habe das Land aber auch bei der Produktivität und der regionalen Verteilung deutlich an Boden verloren. Die Folgen der CoV-Krise seien im untersuchten Zeitraum schließlich auch an einer „Verschiebung der weltweiten Marktanteile Österreichs erkennbar“. Einbußen gab es hier etwa für den von CoV-Lockdowns empfindlich getroffenen Tourismus.

„Keine Trendumkehr wie in anderen Ländern“

Was die Arbeitslosen- und Beschäftigungsquote betrifft, stagnierte Österreich 2021 auf dem Niveau des Vorjahres. „Im europäischen Vergleich erreichte Österreich 2021 bei der Arbeitslosenquote nur noch den 15. Rang und bei der Beschäftigungsquote den 13. Rang“, wie es dazu im WIFO-Bericht weiter heißt.

Das impliziert in beiden Fällen eine erneute leichte Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr. „Im langfristigen Vergleich ist Österreich deutlich zurückgefallen“, so das WIFO und ergänzt: „Trotz eines starken Wirtschaftswachstums nach der Covid-19-Krise gelang Österreich bei diesen Indikatoren somit keine Trendumkehr wie in anderen europäischen Ländern.“

Dauerbaustelle Vollzeitjobs

Gemessen an der Beschäftigungsquote liegt Österreich laut WIFO-Bericht nur an 23. Stelle von 30 Vergleichsländern. „In den vergangenen zehn Jahren ergab sich bei diesem Indikator ein erheblicher Positionsverlust. Österreichs Beschäftigungsquote in Vollzeitäquivalenten stagniert seit über 20 Jahren, während die Vollzeitbeschäftigung in den meisten anderen europäischen Ländern stetig zugenommen hat.“

Der Indikator zum Gendergap der Beschäftigungsquote der 25- bis 44-Jährigen (in Vollzeitäquivalenten) spiegle für Österreich einen ausgeprägten Unterschied zwischen dem Erwerbsverhalten von Männern und Frauen wider.

Dazu das WIFO unmissverständlich: „Österreich verlor bei der Armutsgefährdung und der Einkommensverteilung zuletzt deutlich an Boden. Insbesondere die Armutsgefährdungsquote war 2021 merklich höher als im Vorjahr.“ Der Indikator der Einkommensverteilung ergebe für Österreich den 12. Rang unter 29 Vergleichsländern.

„Leichter“ Rückschritt bei Klimaschutzzielen

Schlechte Nachrichten gibt es auch für den Klimaschutz. „Dem Ziel einer langfristigen Reduktion der Energieintensität kam im Jahr 2020 nur eine Minderheit der Vergleichsländer näher. In 13 Ländern blieb die Energieintensität gleich, in elf Ländern – darunter Österreich – nahm der Energieeinsatz je BIP-Einheit sogar leicht zu.“ Eine Verbesserung gab es für Österreich aber hinsichtlich der
Energieabhängigkeit sowie der Umweltpatente.

Scharfe Kritik von SPÖ und FPÖ

Geht es nach SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter, sei der WIFO-Wettbewerbsradar ein „vernichtendes Zeugnis“ für die Wirtschaftspolitik der ÖVP-Grünen-Regierung. „In wesentlichen wirtschaftspolitischen Indikatoren liegt Österreich hinter dem europäischen Spitzenfeld und ist in den letzten zwei Jahren weiter zurückgefallen“, wie Matznetter per Aussendung weiter mitteilte.

Geht es nach FPÖ-Bundesparteiobmannstellvertreter Erwin Angerer, haben sich mit dem WIFO-Wettbewerbsradar „unsere Befürchtungen und die Kritik an der Regierung bestätigt“. Eine Entspannung sei laut Angerer nicht in Sicht – vielmehr erwartet der FPÖ-Abgeordnete mit Verweis auf den von Russland zuletzt angekündigten Öllieferstopp ein weiteres „wirtschaftliches Katastrophenjahr für Österreich“.