Bundespräsident Alexander Van der Bellen
APA/HBF/Laura Heinschink
Neujahrsansprache

„Möge es einfacher und schöner werden“

Viele Krisen haben das vergangene Jahr heimgesucht. Trotz aller Befürchtungen rief Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Sonntag dazu auf, kein vorschnelles Urteil über das Jahr 2023 zu fällen. „Möge es besser, einfacher und schöner werden, als Sie es erwarten“, sagte der Staatschef in seiner Neujahrsansprache. Von der Politik erwartet er sich eine „Generalsanierung“.

Van der Bellen ließ zunächst die internationalen und nationalen Krisen Revue passieren: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die daraufhin ausgebrochene Energie- und Teuerungskrise stellten eine Herausforderung für die Gesellschaft dar – „ganz abgesehen von dem menschlichen Leid, das durch die systematischen Angriffe Russlands auf zivile Einrichtungen entsteht“, betonte er. Hinzu kämen die Klimakrise, deren Folgen man nicht ignorieren könne, und die CoV-Pandemie, mit deren Auswirkungen „wir noch immer kämpfen“.

Auch auf die heimische Politik kam der Bundespräsident zu sprechen. „Und innenpolitisch, als ob das alles noch nicht genug wäre, sehen wir uns nach wie vor mit diesem, wie ich es genannt habe, ‚Wasserschaden‘ konfrontiert: dem Zweifel an der Integrität der Politik“, sagte er. Van der Bellen sprach dabei von noch nicht gesetzten Schritten, um diese Zweifel auszuräumen.

Weiter warten auf „Generalsanierung“

Van der Bellen hatte im Oktober angesichts der ÖVP-Affäre und nach Bekanntwerden der Aussagen von Ex-Generalsekretär Thomas Schmid vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) von einem „sichtbaren Wasserschaden (…), der an die Substanz unserer Demokratie geht“, gesprochen.

Neujahrsansprache des Bundespräsidenten

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hielt am ersten Tag des neuen Jahres seine Neujahrsansprache. Darin forderte er von der Politik Maßnahmen gegen die Korruption ein.

Der Bundespräsident forderte damals von den Parteien, „dass in den nächsten Wochen und Monaten Maßnahmen gesetzt werden, um die volle Handlungsfähigkeit aller politisch Verantwortlichen in diesem Land sicherzustellen und um das Vertrauen in die Politik wieder herzustellen“.

Am ersten Tag im neuen Jahr kritisierte das Staatsoberhaupt allerdings, dass eine „Generalsanierung noch immer nicht begonnen“ habe. An die Verantwortlichen richtete er deutliche Worte: „Und so viel möchte ich an dieser Stelle sagen: Die Österreicherinnen und Österreicher warten darauf. Und ich auch.“

Van der Bellen: Lassen uns positiv überraschen

Trotz allem rief der Bundespräsident zur Bereitschaft auf, sich vom kommenden Jahr positiv überraschen zu lassen. „Ich weiß schon, manche finden das naiv. Und manche können es auch nicht mehr hören, wenn ich zum gefühlt 100. Mal ‚Wir kriegen das schon hin‘ sage“, so Van der Bellen. Aber man müsse Hoffnung zulassen, und zulassen, dass „man trotz aller Schwierigkeiten an einen guten Ausgang glaubt. Auch wenn die Rahmenbedingungen höchst herausfordernd sind.“

Van der Bellen nannte wichtige Aufgaben, die in Summe den Erfolg als Gemeinschaft ermöglichten: von Eltern über Menschen in Pflege, von Sozialem und Medizin bis zum Lehrpersonal sowie zu Schülerinnen und Schülern, politisch Engagierten, Journalisten und Journalistinnen, Wirtschaftstreibenden, Pensionisten und Pensionistinnen oder der Exekutive.

„Wenn wir alle unsere täglichen Aufgaben mit Optimismus und gutem Willen erledigen und im Rahmen unserer ganz persönlichen Möglichkeiten unser Bestes geben, Schritt für Schritt für Schritt“, so der Bundespräsident abschließend, „dann wird unser gemeinsames Jahr gut werden. Weil wir einander so am besten helfen.“

Kickl fordert: „Regierung vor die Tür setzen“

„Vergeudete Sendezeit“ ortete FPÖ-Chef Herbert Kickl. „Mit dieser Bundesregierung kann die Integrität der Politik nicht wieder hergestellt werden. Das muss der Bundespräsident wissen – trotzdem versucht er, die Menschen mit seichten Durchhalteparolen zu ‚beglücken‘, um sie bei Laune zu halten.“ Solange die ÖVP in diesem Land etwas zu sagen habe, „wird auch die Korruption ein ständiger Begleiter sein“, glaubt Kickl.

„Wenn es dem Bundespräsidenten mit einer Generalsanierung ernst ist, dann muss er die Reißleine ziehen, diese Regierung vor die Tür setzen und damit den Weg für Neuwahlen frei machen.“ Auch beim drängendsten Thema Teuerung habe es keinerlei Hoffnung aus dem Mund des Staatsoberhauptes gegeben, kritisierte Kickl.