Celine Dion begins world tour in her hometown
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Wer singt am besten?

„Rolling Stone“-Liste erhitzt die Gemüter

Vor kaum zwei Tagen hat das „Rolling Stone“-Magazin seine Liste der 200 besten Sängerinnen und Sänger des Popbusiness aller Zeiten veröffentlicht – und das Hauen und Stechen könnte nicht schlimmer sein. Viel Theaterdonner gibt es in diversen Medien und sozialen Netzwerken um Fragen wie: „Ozzy, aber Celine nicht?!“ und „Lana – aber keine Madonna?!“ Der „Rolling Stone“ heizt den Streit weiter an.

Man könnte die Sache ganz unaufgeregt angehen – und die Liste von hinten aufzäumen, auf Entdeckungsreise gehen, Lücken in der persönlichen Diskografie füllen. Platz 200 ist etwa die spanische Sängerin und Rapperin Rosalia, die 2022 eines der spannendsten Alben abgeliefert hat, irgendwo zwischen Reggaeton, Trap und Flamenco, mit einer ganz gewaltigen Stimme. Oder man schließt sich der allgemeinen Aufgeregtheit an.

Aufreger Nummer eins: Wie kann es sein, dass sich der kanadische Superstar Celine Dion nicht auf der Liste befindet? Der „Titanic“-Hit „My Heart Will Go On“ wird weder nahe den Top Ten noch fern noch wo auch immer gewürdigt. Die britische „Daily Mail“ fasste den Skandal in einer ihrer wie üblich nicht ganz knappen Headlines wie folgt vollinhaltlich zusammen: „Rolling Stone SNUBS Celine Dion as she is left off its updated list of 200 Greatest Singers of All Time … so how did Ozzy Osbourne and Kurt Cobain make the cut?“

„Gut“ ist nicht gleich „großartig“

Indirekt, oder eigentlich recht direkt, hat der „Rolling Stone“ diese Kritik schon vorweggenommen in einem kurzen Text, der der Liste vorangestellt wurde. Es gehe, heißt es da, eben nicht um die größte Kunstfertigkeit beim Singen. In dieser Kategorie wäre man an Dion wohl nicht vorbeigekommen. Es geht auch nicht um die beste Stimme, so wie jemand aus dem Bereich der Stimmbildung es bewerten würde. Es geht darum, ob jemand mit der Stimme Menschen tief berührt und erreichen kann.

Osbourne wird in diesem Zusammenhang explizit erwähnt: „Ozzy Osbourne hat sicher nicht das, was die meisten Menschen eine gute Stimme nennen würden – aber hey, hat der eine großartige Stimme!“ Das treffe nicht nur auf ihn, sondern gleich auf mehrere Sängerinnen und Sänger auf der Liste zu. Ebenfalls ins Metal-Fach fällt etwa Glenn Danzig mit seiner donnernden Hardcore-Stimme („How the Gods Kill“).

Verdacht der Spotify-Klickraten-Liste

In sozialen Netzwerken findet die Aufregung auch nach zwei Tagen kein Ende. So schreibt etwa eine Twitter-Userin: „Celine Dion soll also nicht so einflussreich oder ikonisch sein wie Taylor Swift? Die Frau, die ‚My Heart Will Go On‘ gesungen hat? Bitte … Hier sollte es um die besten ‚ALLER ZEITEN‘ gehen. Nicht um Spotify-Klickzahlen.“ Swifties, wie eingeschworene Fans von Swift sich nennen, halten selbstredend dagegen.

Ein anderer User meint auch gleich, den Grund für die viel kritisierte Reihung gefunden zu haben: „Es ist ihnen völlig egal – sie verdienen an der ganzen Aufregung rund um die Liste.“ Am meisten diskutiert wird auf den Social-Media-Accounts des „Rolling Stone“ selbst – und das Magazin scheint die Streiterei tatsächlich mit diebischer Freude anzuheizen.

Jon Bon Jovi statt Aretha Franklin?

Seit die Liste online ist, postet der „Rolling Stone“ ständig einzelne Namen, ganz lapidar, etwa: „Rolling Stone names #ArianaGrande as one of The 200 Greatest Singers of All Time.“ Und schon wird wieder eine Künstlerin in der Arena den Löwen vorgeworfen. Wie sehr Musik mit Emotionen zu tun hat, merkt man den Kommentaren an. Dass etwa „Led Zeppelin“-Sänger Robert Plant nicht in der Liste vorkommt, ist nicht etwa „diskutabel“, sondern „völlig krank“.

Was kaum noch jemanden interessiert, sind die großartigen Stimmen, die auf der Liste gewürdigt werden. Kaum jemand freut sich, dass Aretha Franklin („Respect“) die Liste anführt, gefolgt von Whitney Houston, Sam Cooke, Billie Holiday und Mariah Carey. Stattdessen wollen einige Axl Rose und Jon Bon Jovi in den Top Five sehen. Über Geschmack lässt sich eben doch streiten.