Britischer Sänger Roger Whittaker 1991
IMAGO/teutopress/Imago Stock&people
1936–2023

Roger Whittaker ist tot

Peter-Rapp-Bart, Brille und mit einer Gitarre auf einem Barhocker sitzend, singend und pfeifend: So war Roger Whittaker Dauergast in deutschen TV-Shows in den 70er und 80er Jahren. Wie am Montag bekanntwurde, ist der britische Sänger im Alter von 87 Jahren gestorben. Auf die eines Schnulzensängers lässt sich die Biografie des musikalischen Weltenbummlers nicht reduzieren.

Whittaker starb bereits Mitte der Vorwoche, am 13. September, in einem Spital in Südfrankreich im Beisein seiner engsten Angehörigen. „Mit großer Traurigkeit geben wir den Tod unseres geliebten Roger Whittakers bekannt“, hieß es in der Mitteilung, die das Plattenlabel Sony verbreitete. „Roger war ein ikonischer Künstler, ein wundervoller Ehemann und Vater. Er hat in seinem Leben so viele Herzen mit seiner Musik berührt und wird immer in unseren Erinnerungen weiterleben“, lautete die Mitteilung weiter.

Geboren wurde der Sohn englischer Einwanderer 1936 in Nairobi in der damaligen britischen Kolonie Kenia. Nach dem Militärdienst, einem abgebrochenen Medizinstudium in Kapstadt und einem vorübergehenden Job als Lehrer in Nairobi zog es Whittaker nach Europa. Danach schloss er in Wales noch das Studium der Zoologie, Meeresbiologie und Biochemie mit dem Bachelor of Science ab.

Finanziert hatte er sein Studium mit Auftritten als Sänger in Clubs und Bars – und komponierte nebenbei schon eigene Songs. So führte eins zum anderen. 1962 nahm er seine erste Single „The Charge Of The Light Brigade“ auf, eine pompöse Country-Nummer. Zu seinem eigenen Stil, mit dem er weltweit Erfolge feierte, fand der Musiker erst Ende der 60er Jahre.

Roger Whittaker ist tot

Peter-Rapp-Bart, Brille und mit einer Gitarre auf einem Barhocker sitzend, singend und pfeifend: So war Roger Whittaker Dauergast in deutschen TV-Shows in den 70er und 80er Jahren. Wie am Montag bekanntwurde, ist der britische Sänger im Alter von 87 Jahren gestorben. Auf die eines Schnulzensängers lässt sich die Biografie des musikalischen Weltenbummlers nicht reduzieren.

Pfiffige Hits und ein prominenter Fan

Die komplett gepfiffene Instrumentalnummer „Mexican Whistler“ war 1967 sein erster Hit in Großbritannien. Die Ballade „Durham Town“ markierte zwei Jahre später den großen Durchbruch. Lieder wie „Indian Lady“ machten Roger Whittaker bald auch in anderen Ländern populär. Sein wohl prominentester Fan war der frühere US-Präsident George H. W. Bush, der ihn zu sich einlud und auf dessen Goldener Hochzeit er sang.

Einer von Whittakers größten Hits, „The Last Farewell“, wurde erst vier Jahre nach seinem Erscheinen ein Erfolg. Nachdem es der Song 1975 über Umwege ins amerikanische Radio und die US-Top-20 geschafft hatte, wurde er auch in Europa ein Riesenerfolg. In Großbritannien landete er auf Platz zwei der Hitparade, direkt hinter Rod Stewarts „Sailing“. Später nahm sogar Elvis Presley „The Last Farewell“ auf.

Britischer Sänger Roger Whittaker 1976
IMAGO/Mary Evans/Rights Managed
Dauergast in deutschen TV-Shows, hier aus dem Jahr 1976

Erfolg in Finnland

Sein Erfolg beruhte zu einem Gutteil darauf, dass er sich immer wieder auf die Musikmärkte einzelner Länder und Regionen spezialisierte: Schon Anfang der 70er Jahre nahm Whittaker zunächst den nordeuropäischen Musikmarkt ins Visier. So nahm er etwa 1974 an der finnischen Vorausscheidung zum Song Contest teil. Mit „The Finnish Whistler“ schaffte er es zwar nicht zum Event, der Song machte ihn in Finnland aber populär und diente mehr als zwei Jahrzehnte als Titelsong der Kochsendung „Patakakkonen“. Besondere Beliebtheit errang er auch in Dänemark und in den Niederlanden.

Auch für einen englischen Song-Contest-Vorentscheid steuerte er einmal eine Nummer bei: „Call My Name“ wurde von der Sängerin Eleanor Keenan interpretiert – ebenfalls ohne es zum Bewerb zu schaffen. Wesentlich erfolgreicher war Whittaker, als er die Nummer auch selbst aufnahm und damit in einigen Ländern in die Charts kam.

Plötzlich Schlagersänger

In den deutschsprachigen Raum verschlug es Whittaker erstmals Mitte der 70er Jahre. Später versuchte er sich auch mit deutschen Texten. 1979 erschien „Mein deutsches Album“ – ohne dass der Sänger ein Wort Deutsch konnte. Der Trick: Seine Produzenten schrieben ihm in Lautschrift auf, wie er die Worte zu singen hatte. Und Whittaker kämpfte sich dann durch die Feinheiten der Aussprache, um nicht „Zärtlichkeit“ mit „Tödlichkeit“ zu verwechseln, wie er später erzählte.

In den 80er Jahren wandte er sich dem deutschen Schlager zu. Aus den klebrig-süßen Folk-Balladen wurden Songs mit Texten, die ihn eher in die Schunkelabteilung brachten: „Abschied ist ein scharfes Schwert, das oft so tief ins Herz dir fährt“, heißt es in einem seiner größten Hits. „Einmal geht auch die schönste Zeit vorbei, ooh ooh.“ Maßgeblich beteiligt war daran Produzent Klaus „Nick“ Munro, der auch für die Erfolge von Vicky Leandros verantwortlich war.

Dutzende Platten, viele Coverversionen

Whittakers Erfolgsrezept war jedoch seine auf verschiedene Länder abgestimmten Veröffentlichungen: Allein für den US-Markt veröffentlichte er zu Lebzeiten fast 90 Alben, zu einem Gutteil Best-of-Compilations. Und unter die eigenen Songs mischte er großzügig seine Versionen von Klassikern und Traditionals wie „Those Were The Days“, „Dirty Old Town“ und „Streets of London“. Erfolge feierte er damit neben Europa und den USA auch in Kanada und Neuseeland.

Britischer Sänger Roger Whittaker 2013
IMAGO/BRIGANI-ART/Heinrich
Whittaker bei seiner Abschiedstour 2013

Seine letzte Platte brachte er 2012 heraus – auf Deutsch. Und 2013 verabschiedete er sich auch von seinem Konzertpublikum. Seinem freundlichen Image wurde Whittaker auch privat gerecht. Seit 1964 war der Familienmensch mit seiner Frau Natalie verheiratet, die später auch seine Managerin wurde. Das Paar hat fünf Kinder, mehrere Enkel und Urenkel. Nachdem die Whittakers lange in Irland gelebt hatten, zogen sie 2012 nach Südfrankreich. In die musikalischen Fußstapfen ist sein Sohn Guy getreten: Er ist Bassist beim englischen Sänger und Songwriter Fink.