Bolsonaro Unterstützer demonstrieren
Reuters/Adriano Machado
Brasilien

Weltweite Empörung über Ausschreitungen

Der Angriff auf das Regierungsviertel in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia am Sonntag hat international für Entsetzen gesorgt. Noch in der Nacht verurteilten zahlreiche Staaten die Ausschreitungen von Anhängerinnen und Anhängern des abgewählten Präsidenten Jair Bolsonaro.

Als eines der ersten Länder verurteilten am Sonntag die USA die Randale im Kongress, Obersten Gerichtshof und Regierungssitz in der brasilianischen Hauptstadt. US-Präsident Joe Biden nannte die Ereignisse nach Angaben seiner Sprecherin „ungeheuerlich“. Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan twitterte: „Unsere Unterstützung für Brasiliens demokratische Institutionen ist unerschütterlich. Die Vereinigten Staaten verurteilen jeden Versuch, die Demokratie in Brasilien zu untergraben.“

Auch die Spitzen der Europäischen Union brachten Empörung und Solidarität zum Ausdruck. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte die Randale einen „Angriff auf die Demokratie“. Sie schrieb am Montag auf Twitter, ihre ganze Unterstützung gelte dem neuen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva, der frei und fair gewählt worden sei. Fast wortgleich äußerten sich EU-Ratschef Charles Michel und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

„Völlig inakzeptabel“

Ebenso stellten sich Staats- und Regierungschefs mehrerer EU-Länder hinter Lula. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron twitterte am Abend auf Portugiesisch: „Der Wille des brasilianischen Volkes und der demokratischen Institutionen muss respektiert werden!“ Lula könne auf die bedingungslose Unterstützung Frankreichs zählen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf Twitter von einem „Angriff auf die Demokratie, der nicht zu tolerieren ist“.

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez forderte auf Twitter „eine sofortige Rückkehr zur demokratischen Normalität“ in Brasilien. Auch Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bekundete per Tweet Italiens „Solidarität mit den brasilianischen Institutionen“ und betonte: „Was in Brasilien passiert, kann uns nicht gleichgültig lassen.“

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) verurteilte die Erstürmung in einem englischsprachigen Tweet „aufs Schärfste“. Angriffe auf demokratische Institutionen seien „völlig inakzeptabel“. Die Verursacher müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Entsetzen und Solidarität für Lula in Lateinamerika

Empört äußerten sich auch die politischen Vertreter mehrerer lateinamerikanischer Staaten. „Verwerflich und antidemokratisch, der Putschversuch der brasilianischen Konservativen (…)“, schrieb etwa Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador auf Twitter. „Lula ist nicht allein: Er hat die Unterstützung der fortschrittlichen Kräfte seines Landes, Mexikos, des amerikanischen Kontinents und der Welt.“

„Die Rechten haben ihren Pakt der Gewaltlosigkeit nicht halten können“, twitterte Kolumbiens Präsident Gustavo Petro. All seine Solidarität gelte Lula und dem Volk Brasiliens. Argentiniens Staatschef Alberto Fernandez schrieb: „Meine bedingungslose Unterstützung und die des argentinischen Volkes für Lula gegenüber diesem Putschversuch (…).“

Chiles Präsident Gabriel Boric sprach von einem „feigen und gemeinen Angriff auf die Demokratie“. Auch aus anderen lateinamerikanischen Ländern wie Bolivien, Kuba und Uruguay sowie von verschiedenen Organisationen des Kontinents kamen empörte Reaktionen.

Kritische Reaktionen kamen auch aus lateinamerikanischen Staaten mit rechtskonservativen Regierungen. „Wir bedauern und verurteilen die in Brasilien durchgeführten Aktionen, die die Demokratie und die Institutionen untergraben“, schrieb Uruguays Präsident Luis Lacalle Pou auf Twitter. Der paraguayische Präsident Mario Abdo Benitez äußerte sich „besorgt“ über die Ereignisse in Brasilien. „Der Weg muss immer die Achtung der Institutionen, der Demokratie, der Freiheit und der Gewaltlosigkeit sein“, schrieb er auf Twitter.

Bolsonaro weist Verantwortung von sich

Bolsonaro selbst verurteilte den Angriff seiner radikalen Anhänger auf das Regierungsviertel. „Friedliche Demonstrationen sind Teil der Demokratie. Plünderungen und Überfälle auf öffentliche Gebäude, wie sie heute stattgefunden haben, fallen jedoch nicht darunter“, schrieb der ultrarechte Ex-Staatschef auf Twitter. „Während meiner gesamten Amtszeit habe ich mich stets an die Verfassung gehalten und die Gesetze, die Demokratie, die Transparenz und unsere heilige Freiheit geachtet und verteidigt.“

Lula warf Bolsonaro vor, seine Anhänger aufgestachelt zu haben. „Sie nutzten die sonntägliche Stille, als wir noch dabei waren, die Regierung zu bilden, um zu tun, was sie taten. Es gibt mehrere Reden des ehemaligen Präsidenten, in denen er das befürwortet. Das liegt auch in seiner Verantwortung und in der Verantwortung der Parteien, die ihn unterstützt haben“, sagte Lula.

Bolsonaro verbat sich die Anschuldigungen. „Ich weise die Vorwürfe zurück, die der derzeitige Chef der brasilianischen Regierung ohne Beweise erhebt“, schrieb er. Der ultrarechte Präsident war im Oktober dem Linkspolitiker Lula in der Stichwahl unterlegen und zum Jahreswechsel aus dem Amt geschieden.

Bereits vor der Wahl hatte er aber immer wieder Zweifel am Wahlsystem gestreut. Auch nach der Abstimmung räumte er seine Niederlage nie ausdrücklich ein. Seine Anhänger blockierten immer wieder Landstraßen, kampierten vor Kasernen und forderten eine Militärintervention zugunsten des abgewählten Staatschefs. Der Ex-Militär hatte mit seiner Familie Brasilien bereits zwei Tage vor dem Ende seiner Amtszeit verlassen und war in die USA gereist.