Traktor von John Deere
AP/Nati Harnik
„Recht auf Reparatur“

Traktoren als US-Präzedenzfall

In den USA hat ein langer und eher ungewöhnlicher Streit sein vorläufiges Ende gefunden: Kunden des Landmaschinenherstellers John Deere dürfen ihre Maschinen selbst reparieren (lassen), wo und wie sie wollen. Was an und für sich selbstverständlich klingt, war es bisher keineswegs. Als Folge kochte der Konflikt um das „Recht auf Reparatur“ hoch – und er betrifft bei Weitem nicht nur Traktoren.

Was einem gehört, sollte man eigentlich auch selbst so reparieren können, wie man möchte – könnte man meinen. In dieser Frage waren die Ansichten zwischen dem US-Landmaschinenkonzern Deere & Company mit seiner Hauptmarke John Deere und dem ikonischen grün-gelben Design mit dem springenden Hirsch („deer“) und US-Landwirten allerdings lange auseinandergegangen.

Der Grund: Deere & Co., einer der weltweit führenden Landtechnikhersteller, hatte auf geistiges Eigentum und Produktsicherheit gepocht und nur autorisierte Servicestellen und Teile zugelassen. Nun ist der Streit laut US- und britischen Medienberichten beigelegt.

Umstrittenes Monopol soll fallen

Der US-Maschinenbauer mit Sitz im Bundesstaat Illinois gestand seinen Kundinnen und Kunden zu, dass sie ihre Fahrzeuge so warten können, wie sie das möchten, das heißt, auch in (in der Regel günstigeren) Nichtvertragswerkstätten. Der Streit um dieses „Recht auf Reparatur“ („right to repair“) kocht seit Jahren und betrifft keineswegs nur Landmaschinen. In der EU gibt es eine entsprechende Richtlinie, die Produkte über dieses Recht nachhaltiger machen soll.

Traktor von John Deere auf einem Feld in Utah
imago images/VWPics/John G. Fuler
US-Farmer stritten für ihr „Recht auf Reparatur“

Laut der US-Wirtschaftszeitung „Wall Street Journal“ und der britischen BBC unterzeichneten Deere & Co. und die US-Interessenvertretung für Landwirte und Landwirtinnen, die American Farm Bureau Federation (AFBF), am Sonntag eine entsprechende Absichtserklärung nach US-Recht (Memorandum of Understanding, MOA).

Langer Streit

Dieses betreffe die langjährige Debatte zwischen Bauern und Viehzüchtern, in der es um den Zugang zu Technologie und Informationen gehe, und gewährleiste gleichzeitig das geistige Eigentum des Unternehmens und die Produktsicherheit, wurde der Präsident des AFBF, Zippy Duvall, am Montag zitiert. Allerdings würden Techniker mit dem Abkommen zu Verschwiegenheit betreffend technische Informationen und Einhaltung unternehmensspezifischer Sicherheitsfeatures verpflichtet.

Das US-Traditionsunternehmen, dessen Ursprünge bis in das Jahr 1837 zurückliegen, sehe die Zusammenarbeit mit der AFBF positiv, hieß es am Montag, man wolle sicherstellen, dass den Kunden die notwendigen Möglichkeiten zur Wartung und Reparatur ihrer Maschinen zur Verfügung stünden, zitierte die BBC Dave Gilmore, verantwortlich für Vertrieb und Marketing bei Deere & Co.

Vom Traktor bis zum Smartphone

US-Farmer hatten sich unter der „Recht auf Reparatur“-Bewegung organisiert, um entsprechend Druck auf Maschinenhersteller zu machen. 2022 räumte der US-Smartphone-Hersteller Apple seinen Kunden ein, einfache „Self Service“-Reparaturen an seinen Geräten durchzuführen.

Mähdrescher von John Deere
IMAGO/maxpro
Hightech in Landmaschinen lässt Wartungs- und Reparaturlosen steigen

Lange, zitierte die BBC den Wissenschaftlichen Dienst des EU-Parlaments (EPRS), hätten sich Konsumenten nicht nur über eine kürzere Haltbarkeit von Geräten beschwert, sondern auch darüber, dass Instandsetzungskosten viel zu hoch und originale Ersatzteile schwer verfügbar seien. Im letzten Jahr unterzeichnete US-Präsident Joe Biden eine Verfügung für die Federal Trade Commission (FTC) über das „Recht auf Reparatur“.

Maschinen immer komplexer

Die Kosten für Reparaturen waren mit der technologischen Aufrüstung der Fuhrparks in den letzten Jahren stark gestiegen. Kaum eine landwirtschaftliche Maschine der modernsten Generation arbeitet noch ohne komplizierte Elektronik. Deere & Co., hieß es im „Wall Street Journal“, habe versichert, Ersatzteile und Know-how für Reparaturen freizugeben, wehre sich allerdings gegen Änderungen an der Software, die den Betrieb der Maschinen steuert.

Ob die Vereinbarung hält, sei schwer einzuschätzen, sagte der Kampagnenleiter von „Right to Repair“ in der US- bzw. kanadischen Verbraucherschutzorganisation Public Interest Research Group (PIRG), Kevin O’Reilly, im „Wall Street Journal“. Er sprach sich für mehr Druck seitens der Gesetzgebung auf Unternehmen aus. Immerhin aber, hieß es, könnte die Einigung mit Deere & Co. eine Art Präzedenzfall für Gespräche mit anderen Unternehmen werden.