Menschen unter der Bir Hakeim Brücke in Paris
AP/Christophe Ena
Pensionsreform

Frankreich legte umstrittene Pläne vor

Die französische Regierung hat ihre umstrittenen Pläne für eine Pensionsreform vorgelegt. Bis 2030 solle das Eintrittsalter von 62 Jahren auf 64 angehoben werden. Die Reform gilt als Schlüsselprojekt von Präsident Emmanuel Macron, der schon einen Anlauf abbrechen musste. Auch dieses Mal wird mit heftiger Gegenwehr gerechnet.

„Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass eine Änderung unseres Pensionssystems bei den Franzosen Fragen aufwirft und Ängste auslöst“, sagte Ministerpräsidentin Elisabeth Borne am Dienstag. Es sei nun Aufgabe der Regierung, Unterstützung in der Bevölkerung zu gewinnen. „Wenn man mehr arbeitet, können künftige Pensionistinnen und Pensionisten höhere Pensionen erhalten“, startete Borne gleich mit einem Überzeugungsversuch.

Parallel zur Anhebung des Pensionsalters soll die Beitragszeit früher als bisher geplant auf 43 Jahre ansteigen. Zugleich soll die Mindestpension auf 1.200 Euro erhöht werden, möglicherweise auch rückwirkend. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag soll im Rahmen eines Nachtragsbudgets der Sozialversicherung am 23. Jänner ins Kabinett eingebracht und bis zum Sommer verabschiedet werden.

Regierung argumentiert mit längerem Leben

Die Reform steht seit Jahren im Raum, wurde aber nicht umgesetzt. Macron brach einen früheren Anlauf angesichts der Coronavirus-Pandemie ab. Die Franzosen und Französinnen gehen gegenwärtig im Vergleich zu anderen Industriestaaten früh in Pension. Der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zufolge gibt das EU-Land dabei fast 14 Prozent der Wirtschaftsleistung für die Pension aus.

Emmanuel Macron und Elisabeth Borne
AP/Gonzalo Fuentes
Premierministerin Elisabeth Borne stellte das Schlüsselprojekt Macrons vor

Borne meinte bei einer Pressekonferenz, dass das System bis 2030 finanziell ausgeglichen sein werde. Die Regierung argumentierte, dass die Franzosen und Französinnen länger leben als früher und daher länger arbeiten müssen, damit das Pensionssystem finanziell tragfähig blieben kann. Alle französischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erhalten eine staatliche Pension.

Eine Anhebung des Pensionsalters käme für viele einer Kürzung gleich, da der Anteil der arbeitenden Pensionisten und Pensionistinnen in Frankreich relativ gering ist. Deshalb lehnen auch vier von fünf Bürgern bzw. Bürgerinnen einer Odoxa-Umfrage zufolge einen Pensionseintritt mit 64 Jahren ab. Aufrufe zu Streiks könnten dabei mehr Anklang als bisher finden, da die Frustration vieler Franzosen über den Kaufkraftverlust wegen der Inflation tief sitzt.

„Werden uns dieser Reform widersetzen“

Die Gewerkschaften erklärten, die Reform werde „die Gesamtheit der Arbeiter und Arbeiterinnen mit voller Wucht treffen“. Am schwersten betroffen seien diejenigen, die früh zu arbeiten begonnen hätten und deren Lebenserwartung ohnehin niedriger sei als im Rest der Bevölkerung. Eine „derart brutale Reform“ wie jetzt geplant sei „durch nichts gerechtfertigt“. „Wenn es für Macron die wichtigste Reform sein soll, dann wird es für uns der wichtigste Arbeitskampf“, sagte Frederic Souillot von der Gewerkschaft Force ouvriere.

Auch die reformorientierte Gewerkschaft CFDT drohte im Vorfeld mit Protesten: „Wenn das Pensionsalter auf 65 oder 64 Jahre erhöht wird, wird die CFDT tun, was wir versprochen haben. Wir werden uns dieser Reform widersetzen, indem wir die Arbeitnehmer zur Mobilisierung auffordern“, erklärte CFDT-Chef Laurent Berger.

Frankreich hebt Pensionsalter an

Die französische Regierung hat am Dienstag ihre Pensionsreform vorgelegt. Unter anderem soll das Antrittsalter von 62 auf 64 angehoben werden. Nicht nur die Gewerkschaften sind geschlossen dagegen.

Der französische Rat für Pensionsfragen hatte im vergangenen Jahr einen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass das System in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich ein Defizit aufweisen wird. Die Regierung sprach von etwa 20 Milliarden Euro, die man ausgleichen müsse. In den letzten drei Jahrzehnten haben die französischen Regierungen zahlreiche Änderungen vorgenommen, aber jede Reform wurde mit massiven Demonstrationen beantwortet.

Keine Mehrheit im Parlament

Erschwerend für Macron und Borne kommt hinzu, dass sie im Parlament nicht über eine Mehrheit verfügen. Macron könnte versuchen, Abgeordnete der konservativen Republikaner auf seine Seite zu ziehen. Die Rechtspopulisten vom Rassemblement National bezeichneten die Reform als überflüssig, das linke Lager stellte die Pläne als unsozial dar.

Falls sich keine Mehrheit abzeichnet, könnte die Premierministerin den Verfassungsparagrafen 49.3 anwenden, der das Verabschieden eines Gesetzes ohne Abstimmung ermöglicht, wenn die Regierung einen anschließenden Misstrauensantrag übersteht.