Eine Frau ohne vorgeschriebenes Kopftuch in der iranischen Hauptstadt Teheran
picturedesk.com/AFP
Kopftuchpflicht

Teheran will Verstöße strikter bestrafen

Angesichts der anhaltenden Proteste im Iran gegen die Unterdrückungsmaßnahmen der islamischen Führung hat die iranische Justiz die Behörden angewiesen, Verstöße gegen die Kopftuchpflicht „strikt zu bestrafen“. Neben Geldstrafen sollen Gerichte die Frauen mit „zusätzlichen Strafen wie Exil, Berufsverbot und Schließung ihrer Arbeitsstätte“ belegen.

Wie die iranische Nachrichtenagentur Mehr am Dienstag berichtete, erließ die Generalstaatsanwaltschaft eine Anweisung an Polizei und Gerichte, rigoroser gegen Verstöße vorzugehen. Die zusätzlichen Strafen gelten nicht nur für die Frauen, sondern für alle Verstöße – auch etwa für Restaurantbesitzer, die eine Frau ohne Kopfbedeckung bewirten. Wegen solcher Vorfälle wurde kürzlich die Schließung mehrerer Cafes und Restaurants angeordnet.

Im Iran gibt es seit Monaten Proteste gegen die islamische Führung. Ausgelöst wurden sie durch den Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini. Sie war am 16. September gestorben, nachdem die Sittenpolizei sie in Teheran wegen eines Verstoßes gegen die strikte islamische Kleiderordnung festgenommen hatte. Aktivisten und Aktivistinnen gehen davon aus, dass Amini von der Polizei misshandelt wurde.

Mehrere Hinrichtungen im Iran

Die iranische Führung geht entschieden gegen die Proteste vor. Hunderte Teilnehmer und Teilnehmerinnen wurden bereits getötet und Tausende weitere festgenommen. Seit Beginn der Proteste hat die iranische Justiz 18 Todesurteile verkündet, von denen vier bereits vollstreckt wurden.

Protest in Teheran im September 2022 nach dem Tod von Mahsa Amini
Reuters/WANA NEWS AGENCY
Seit Monaten gehen Iraner und Iranerinnen auf die Straßen, um gegen das Regime zu protestieren

Zuletzt teilte die Justiz mit, dass ein Mann in der Stadt Nowschar in der nördlich gelegenen Provinz Masandaran wegen „Korruption auf Erden“ zum Tode verurteilt worden sei. Er sei unter anderem für schuldig befunden worden, „eine Gruppe von Randalierern angeführt“ zu haben, hieß es auf der Nachrichtenwebsite der iranischen Justizbehörden, Misan Online.

Die reformorientierte Tageszeitung „Etemad“ berichtete unterdessen, der am Donnerstagabend festgenommene Journalist Mehdi Beikoghli sei nach Angaben seiner Frau gegen Kaution freigelassen worden. Der Leiter der Politikredaktion von „Etemad“ hatte in den vergangenen Wochen mehrere Interviews mit den Angehörigen von Demonstranten und Demonstrantinnen geführt, die wegen ihrer Rolle bei den landesweiten Protesten zum Tode verurteilt worden waren.

Türk: Todesstrafen werden als Waffe eingesetzt

UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk kritisierte, die Hinrichtungen seien eine widerrechtliche Abschreckungsstrategie der islamischen Führung. „Strafrechtsverfahren und die Todesstrafe werden von der iranischen Regierung als Waffe eingesetzt, um Individuen, die an Protesten teilnehmen, zu bestrafen und Angst in der Bevölkerung zu säen, um dadurch Widerspruch auszuschalten“, erklärte Türk am Dienstag.

Analyse von Iran-Expertin Shoura Hashemi

Juristin Shoura Hashemi beobachtet und kommentiert die Proteste im Iran seit September in den sozialen Netzwerken. Sie spricht über die Reaktion Österreichs auf die dramatische Lage im Iran.

Das sei eine „Verletzung internationalen humanitären Rechts“, betonte der Menschenrechtskommissar. Die Organisation von und die Teilnahme an Protesten sei ein Grundrecht, das Vorgehen der iranischen Behörden dagegen komme „staatlich sanktioniertem Töten“ gleich. Die Regierung in Teheran würde „ihren Interessen und denen ihres Volkes besser dienen“, indem sie vom Volk geforderte Reformen in die Wege leite.

Zudem müsse sie Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit sowie „den vollständigen Respekt und Schutz der Frauenrechte in allen Lebensbereichen“ sicherstellen. Türk rief die iranische Führung zu einem „sofortigen Moratorium der Todesstrafe und der Einstellung aller Hinrichtungen“ auf. Laut dem UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte stehen im Iran zwei weitere Hinrichtungen bevor.