Haitis Parlament ab sofort ohne gewählte Vertretung

In Haiti ist das Parlament seit gestern quasi inexistent. Die letzten zehn Senatoren beendeten ihre offizielle Amtszeit um Mitternacht (Ortszeit). Bisher sind Versuche, neue Wahlen abzuhalten, gescheitert bzw. wurden Versprechen, welche abzuhalten, nie umgesetzt.

Haiti wird derzeit von der größten Hungerkrise seit Jahrzehnten heimgesucht. Hinzu kommt, dass nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moise im Juli 2021, der selbst per Dekret regiert hatte, das organisierte Verbrechen praktisch unkontrolliert unterwegs ist. Tausende sterben infolge von Bandenkämpfen in den Straßen.

Das Parlament in Haiti besteht aus dem Senat und dem Unterhaus. Die Amtszeit der ursprünglich 30 Senatoren ist über die vergangenen Jahr hinweg ausgelaufen. Neue Wahlen in den einzelnen Regionen fanden nicht statt. Dasselbe gilt für das Unterhaus, dessen Amtsperiode vor etwa drei Jahren zu Ende gegangen ist. Medienberichten zufolge blieb das Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Port-au-Prince leer, nur am Tor standen Sicherheitskräfte.

Wahlen auf unbestimmte Zeit verschoben

Premierminister Ariel Henry hatte Anfang des Jahres versprochen, einen provisorischen Wahlrat, der einen angemessenen Termin für die Wahlen festlegen sollte, einzusetzen. Zeitplan gab er keinen vor.

Henry bat die Haitianerinnen und Haitianer, einander zu vertrauen und „mich beim Wort zu nehmen, wenn ich sage, dass meine Regierung alles tun wird, um unsere demokratischen Institutionen wiederherzustellen“.

Gegenüber der Nachrichtenagentur sagte der Soziologe Alex Dupuy, dass die Situation derzeit äußerst düster sei. Niemand könne die Regierung kontrollieren, es gebe auch keine Möglichkeit, die Maßnahmen von Henry zu überprüfen. „Solange diese Situation anhält, wird sich Henry wie ein Diktator verhalten.“