Person übergibt geheime Dokumente
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Korruptionsstrafrecht

Geteilte Reaktionen auf Entwurf

Mit den Plänen, die Strafbarkeit für den Mandatskauf zu erweitern, schlägt die Regierung die richtige Richtung ein. Aber: Die Reform geht nicht weit genug. So lautet grob gesagt die Reaktion auf den am Donnerstag präsentierten Gesetzesentwurf, der laut ÖVP und Grünen „Lücken“ schließen soll, die im Zuge der „Ibiza-Affäre“ sichtbar wurden.

Mit dem Paket zur Bekämpfung von Korruption in der Politik soll künftig der Kauf eines Mandats strafbar werden. Gleiches gelte, wenn Politiker oder Beamte für eine Position kandidieren und für den Fall ihrer Kür Versprechungen gegen Zuwendungen abgeben. Striktere Regeln gibt es auch für Vereine mit Politkontakten.

Die Ministerinnen Alma Zadic (Grüne) und Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigten sich bei der Präsentation des Pakets erfreut. Der Entwurf wurde am Donnerstag in Begutachtung geschickt. Diverse Behörden, Fachleute, Organisationen und auch Privatpersonen haben nun acht Wochen Zeit, Stellungnahmen abzugeben.

SPÖ: Pläne „lassen zu wünschen übrig“

Die Oppositionsparteien sehen im Paket noch einige Mängel bzw. offene Punkte. Zwar bringen die Ankündigungen für SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim „endlich notwendige Verbesserungen“ in der Korruptionsgesetzgebung, sie ließen aber auch „viel zu wünschen übrig“. Das beste Gesetz bringe nichts, „wenn kein Interesse an Aufklärung besteht“, bemängelte Yildirim. Strafverschärfungen ohne Instrumente, um diese Straftaten aufzudecken, würden nicht greifen. Yildirim forderte daher neuerlich die Umsetzung der Bundesstaatsanwaltschaft und des Informationsfreiheitsgesetzes.

Verfassungsminister Karoline Edtstadler (ÖVP) und Justizminister Alma Zadic (Grüne)
APA/Georg Hochmuth
Zadic und Edtstadler stellten am Donnerstag den Gesetzesentwurf zur Korruptionsbekämpfung vor

Die Freiheitlichen sehen die Volkspartei als hauptbetroffen von der Neuregelung. „In Anbetracht der Dutzenden Korruptionsfälle innerhalb der ÖVP, in denen derzeit ermittelt wird, kann diese geplante Verschärfung nur die ÖVP mit voller Härte treffen“, so Christian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsvorsitzender im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss. Der U-Ausschuss habe gezeigt, dass Korruption in der ÖVP „offenbar systemimmanent“ sei.

Wenig Erfreuliches konnte NEOS dem präsentierten Paket abgewinnen. „Ibiza“ sei weiterhin möglich, so NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter: „Der Bundespräsident hat zu Recht von einem massiven Wasserschaden in der Republik Österreich gesprochen. Was die Bundesregierung heute verkündet hat, ist, dass sie nun mit weißer Farbe über diesen Wasserschaden drüberpinseln will. Behoben wird er dadurch aber nicht.“

Kreutner: Sich mit Superlativen zurückhalten

Auch die Initiative „Saubere Hände“ begrüßte zwar die Umsetzung einiger Forderungen des Antikorruptionsvolksgebehrens, die Arbeit sei aber „noch lange nicht“ getan. Nach wie vor fehlten das Informationsfreiheitsgesetz und die Errichtung einer Bundesstaatsanwaltschaft. „Um der Korruption in Österreich nachhaltig Einhalt zu gebieten, müssen ÖVP und Grüne auch die restlichen Forderungen des Antikorruptionsvolksbegehrens noch in dieser Legislaturperiode umsetzen“, forderte Ursula Bittner, Sprecherin der Initiative „Saubere Hände“.

Ähnlich äußerte sich der Antikorruptionsexperte und Proponent des Volksbegehrens, Martin Kreutner. Im Ö1-Mittagsjournal sagte Kreutner, dass er sich den Tag zumindest markieren werde. Es sei ein Schritt in die richtige Richtung gemacht worden. Mit den neuen Regeln könnte der von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angesprochenen „Wasserschaden in der Demokratie“ etwa repariert werden.

Trotzdem werde er sich mit Superlativen noch zurückhalten, wie Kreutner in Bezug auf Edtstadlers „strengstes Antikorruptionsgesetz der Welt“ sagte. Es brauche weiterhin ein Gesamtpaket, das unter anderem das Informationsfreiheitsgesetz umfasst und außerdem die Unabhängigkeit der Justiz stärkt.

„Strengstes Antikorruptionsgesetz der Welt“

Am Donnerstagvormittag hatten Justizministerin Zadic und Kanzleramtsministerin Edtstadler die Eckpunkte der Reform präsentiert. „Korruption ist Gift für die Demokratie“, sagte Zadic zu Beginn der Pressekonferenz. Mit diesen „Verschärfungen“ gehe die Regierung „entschieden gegen all jene vor, die durch Korruption unsere Demokratie nachhaltig schädigen“. Ministerin Edtstadler schlug in dieselbe Kerbe. „Auf allen Ebenen gehört Korruption unterbunden und mit der vollen Härte des Rechtsstaats verfolgt“, sagte sie.

Beide Ministerinnen verwiesen auf Umfragen, laut denen die Bevölkerung ein Korruptionsproblem in der Politik sieht. Deshalb sei die Reform so wichtig. Die Reform wurde schon vor längere Zeit angekündigt, wegen koalitionärer Meinungsverschiedenheiten musste aber länger als geplant verhandelt werden. Edtstadler sagte, dass das nun das „strengste Antikorruptionsgesetz der Welt“ werde. Aber: „Der Unschuldsvermutung muss zum Durchbruch verholfen werden.“

Zadic: „Gift für Demokratie“

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hat am Donnerstag den Gesetzesentwurf gegen Korruption vorgestellt. Korruption sei „Gift für die Demokratie“, sagte sie.

Mandatskauf auch für Dritte strafbar

Konkret sieht die Änderung vor, dass die Strafbarkeit des Mandatskaufs erweitert wird. Künftig soll es auch für Dritte strafbar sein, wenn sie „ihrem Kandidaten“ einen Listenplatz erkaufen. Ausgenommen sind „normale“ Parteispenden. Zadic sagte, dass illegal sei, „wenn sich etwa Oligarchen mit einer geheimen Bargeldzahlung an Parteiverantwortliche einen Wunschabgeordneten für den Nationalrat kaufen“. Die Strafbarkeit an sich beginnt, sobald das Mandat (auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene) angetreten wird.

Mit der Erweiterung der Strafbarkeit will man verhindern, dass sich nicht gewählte Akteure und Akteurinnen Einfluss auf die heimische Gesetzgebung erkaufen. In den Parteien, die den Vorteil annehmen, ist der Verantwortliche für die entsprechende Listenerstellung strafbar. Gleichzeitig soll aber sichergestellt werden, dass die Parteien Listen weiterhin frei erstellen können.

Einen diesbezüglichen Verdacht gab es in der jüngeren Vergangenheit – nämlich, dass ein Mandatar nach Spenden aus dem Ausland vorgereiht wurde und dann auch tatsächlich zu einem Sitz im Nationalrat kam. Nachgewiesen werden konnte das nicht, weshalb auch die strafrechtlichen Ermittlungen eingestellt wurden.

Korruption bereits bei Kandidatur strafbar

Sofort strafbar werden Kandidaten, die einen Vorteil, also im Normalfall Geld, annehmen und dafür ein pflichtwidriges Amtsgeschäft versprechen. Wenn ein Kandidat einen illegalen Vorteil fordert oder sich versprechen lässt, ist das künftig strafbar, sobald er das Amt antritt, unabhängig davon, ob das einschlägige Amtsgeschäft tatsächlich durchgeführt wird. Die Justizministerin sprach in dem Zusammenhang von „Vorab-Korruption“.

Diese Regelung umfasse alle Personen, die sich in einem Wahlkampf befinden – und alle anderen Amtsträger, die sich einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren stellen müssen, also auch Sektionsleiterinnen und Sektionsleiter. In der Unterlage ist auch von Generalsekretären die Rede, diese müssen sich aber bisher keinem Auswahlverfahren stellen. Edtstadler stellte gleichzeitig klar, dass Vorzugsstimmenwahlkämpfe weiter möglich seien. Auch Kandidaten, die innovative Projekte ankündigten, hätten nichts zu befürchten.

Edtstadler: „Strengste Antikorruptionsgesetz“

Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat sich am Donnerstag überzeugt gezeigt, dass Österreich mit dem Entwurf das „strengste Antikorruptionsgesetz der Welt“ haben wird.

Strafen sollen erhöht werden

Zudem sind höhere Strafen bei Korruptionsdelikten vorgesehen. Bei Bestechung/Bestechlichkeit ab einer Summe von 300.000 Euro soll die Höchststrafe 15 Jahre Freiheitsstrafe betragen. Künftig soll auch gelten: Bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Korruptionsdelikts reicht eine rechtskräftige Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von über sechs Monaten, um das Amt zu verlieren.

Im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz werden die Höchstbeträge der Strafrahmen für die Tagsätze von 10.000 Euro auf 30.000 Euro verdreifacht. Damit würde man einer Forderung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nachkommen – „auch Unternehmen dürfen bei Korruptionsdelikten nicht ungestraft davonkommen“, so die Regierung.

Vereine werden ebenfalls strengeren Regeln unterzogen: Fälle, in denen das Wohlwollen von Politikern erkauft werden soll, aber das Geld nicht direkt an sie geht, sondern an einen gemeinnützigen Verein, waren bisher nur strafbar, wenn der Politiker selbst in diesem Verein tonangebend ist. Nunmehr wird dieser Passus auf nahe Angehörige ausgeweitet, so sie „bestimmenden Einfluss“ ausüben. Damit wird Umgehungskonstruktionen, wo etwa Frau oder Mann des Amtsträgers (formal) im Verein eine führende Rolle spielt, der Kampf angesagt.