US-Präsident Joe Biden
AP/Andrew Harnik
Biden zu Dokumentenfund

„Meine Garage ist abgesperrt“

US-Präsident Joe Biden hat die Aufbewahrung geheimer Regierungsunterlagen in seiner Garage verteidigt. „Meine Corvette ist in einer abgeschlossenen Garage“, sagte Biden am Donnerstag auf den Fund angesprochen. Es sei also nicht so, als seien die Unterlagen auf der Straße gelegen. Ein Sonderermittler soll den Fall untersuchen.

Der Präsident ist stolzer Besitzer eines Oldtimers vom Typ Corvette aus dem Jahr 1967, den er nach seinen Angaben einst als Geschenk zu seiner ersten Hochzeit bekam. Ein Journalist hatte gefragt, wie es sein könne, dass Biden geheimes Material neben seiner Corvette aufbewahre.

Biden räumte außerdem ein, dass Verschlusssachen in seiner „persönlichen Bibliothek“ gefunden worden seien. Er kooperiere in dem Fall mit dem Justizministerium. Die Menschen wüssten, dass er den Umgang mit geheimen Regierungsunterlagen ernst nehme, so Biden. Er kündigte an, sich zu einem späteren Zeitpunkt ausführlicher zu den Funden zu äußern, nannte aber keine Details.

US-Präsident Biden in Bedrängnis

Nach dem Fund von Geheimdokumenten in einem ehemaligen privaten Büro von US-Präsident Biden sind weitere geheime Regierungsunterlagen gefunden worden.

Sonderermittler soll untersuchen

US-Justizminister Merrick Garland setzte den Juristen Robert Hur als unabhängigen Sonderermittler ein, der den Fund der Geheimunterlagen in Bidens Privaträumen untersuchen soll. Das sei im öffentlichen Interesse, sagte Garland am Donnerstag bei einem kurzfristig anberaumten Auftritt in Washington.

Der 50 Jahre alte Hur arbeitete in der Vergangenheit für das Justizministerium – etwa zu den Themen Terrorismusbekämpfung und Unternehmensbetrug. Er war später unter anderem Staatsanwalt im US-Bundesstaat Maryland. Hur wurde für diese Position von dem damaligen Präsidenten Trump nominiert. Zuletzt arbeitete er als Anwalt für eine Kanzlei in Washington. „Wir sind zuversichtlich, dass eine gründliche Überprüfung ergeben wird, dass diese Dokumente versehentlich verlegt wurden und dass der Präsident und seine Anwälte nach der Entdeckung dieses Fehlers sofort gehandelt haben“, sagte der Sonderberater des US-Präsidenten, Richard Sauber.

Weiterere Unterlagen gefunden

Das Weiße Haus hatte zuvor mitgeteilt, dass die Regierungsunterlagen in Bidens Haus in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware entdeckt worden seinen. Die „kleine Anzahl zusätzlicher Unterlagen“ mit Verschlusssachenmarkierungen sei in einem Lager in Bidens Garage gefunden worden, teilte das Weiße Haus am Donnerstag mit. Ein weiteres Dokument sei in einem angrenzenden Raum zwischen gelagerten Materialien entdeckt worden. Die Suche sei am Mittwoch abgeschlossen worden, so Sauber.

Erst am Montag war öffentlich geworden, dass Biden geheime Unterlagen aus seiner Zeit als US-Vize unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama in seinen privaten Büroräumen im Penn Biden Center in der Hauptstadt Washington aufbewahrt hatte. Biden habe die Räumlichkeiten nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Vizepräsidenten 2017 bis etwa 2020 genutzt, hieß es aus dem Weißen Haus. „Dieses Büro war nicht für die Aufbewahrung von Verschlusssachen zugelassen“, so Garland.

Erster Fund schon Anfang November

Die erste Tranche war bereits am 2. November entdeckt worden – kurz vor den wichtigen Kongresswahlen in den USA, die nur wenige Tage später am 8. November stattfanden. Das Weiße Haus betonte, Bidens Anwälte hätten umgehend das Nationalarchiv informiert, das für die Aufbewahrung solcher Dokumente zuständig ist. Als Reaktion auf die erste Entdeckung beim Ausräumen der privaten Büroräume in Washington sollen Mitarbeiter des US-Präsidenten nach weiteren Unterlagen gesucht haben und schließlich in dessen Haus fündig geworden sein, sagte Sauber.

Laut Garland wurde das Justizministerium am 4. November vom Nationalarchiv über den ersten Fund im Penn Biden Center informiert. Daraufhin hätten bei der Bundespolizei FBI und im Justizministerium erste Ermittlungen begonnen. Bereits am 20. Dezember habe Bidens Team das Justizministerium dann über den Fund weiterer Verschlusssachen in der Garage von Bidens Haus in Wilmington informiert – ebenfalls aus dessen Zeit als Vizepräsident, sagte Garland weiter. Am Donnerstag habe das Ministerium von dem weiteren gefundenen Dokument erfahren.

Republikaner empört

Die Situation ist für Biden politisch äußerst heikel, denn mit einem ähnlichen Fall hatte sein Vorgänger Donald Trump im Sommer für einen Skandal gesorgt. Biden hatte Trump daraufhin kritisiert. Dass nun mutmaßlich noch weitere Unterlagen gefunden worden sind, bestärkt die Republikaner in ihren Attacken gegen Biden. Trump teilte auf dem von ihm mitbegründeten Netzwerk Truth Social Berichte über den neuen Fund.

Der Republikaner Kevin McCarthy, der gerade erst zum Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses gewählt wurde, nutzte seine erste reguläre Pressekonferenz im neuen Amt, um gegen Biden zu schießen. Dessen Regierung behandle Menschen aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit unterschiedlich, sagte McCarthy. „Sie versuchen, für ihre eigenen Überzeugungen andere Maßstäbe anzulegen. Das funktioniert in Amerika nicht“, so McCarthy über die Demokraten. Biden habe seit mehr als 40 Jahren politische Ämter inne, und nun stelle sich heraus, dass er Geheimunterlagen an verschiedenen Orten aufbewahre.

Elise Stefanik, Abgeordnete aus der Führung der Republikaner im Repräsentantenhaus, schrieb am Mittwoch auf Twitter: „Wir werden Antworten verlangen, die Politisierung des korrupten FBI und des Justizministeriums stoppen und die Biden-Verbrecherfamilie zur Verantwortung ziehen.“

Bei Trump griff FBI ein

Im Repräsentantenhaus wollen die Republikaner mit ihrer zurückeroberten Mehrheit Biden ohnehin mit Untersuchungen vor sich hertreiben. Sie haben nun etwa die Befugnis, Personen vorzuladen und Dokumente anzufordern. In verschiedenen Gremien soll beleuchtet werden, wie Biden den Abzug aus Afghanistan abgewickelt hat. Auch die Geschäftsbeziehungen von Bidens Sohn Hunter und die nun aufgetauchten Geheimunterlagen werden Thema sein.

„Das FBI hat das Haus des ehemaligen Präsidenten Trump durchsucht. (…) Es gibt einen Sonderermittler, der ermittelt. Wir haben jetzt zwei verschiedene Orte, an denen Joe Biden geheime Dokumente hatte, aber es ist nichts passiert“, sagte der republikanische Vorsitzende des wichtigen Ausschusses für Aufsicht und Reformen, James Comer, am Mittwochabend (Ortszeit) dem Sender ABC. Es gebe eine Doppelmoral im Umgang mit Biden und Trump.

ORF-Analyse zum Fund von Geheimakten

ORF-Korrespondent Christophe Kohl erläutert, wie vergleichbar der Fall Joe Biden mit den Geheimakten ist, die das FBI im Anwesen von Donald Trump gefunden hat.

Trump hatte bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus im großen Stil Regierungsdokumente mit in sein privates Anwesen Mar-a-Lago in Florida genommen, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe. Das FBI hatte das Anwesen in Florida im August durchsucht und diverse Verschlusssachen beschlagnahmt. Garland setzte einen Sonderermittler ein, der klären soll, ob sich Trump eventuell strafbar gemacht hat.

Weißes Haus zurückhaltend

Das Weiße Haus war am Mittwoch kritischen Frage zu dem ersten Fund ausgewichen und hatte lediglich auf eine Erklärung von Montag verwiesen. Sprecherin Karine Jean-Pierre weigerte sich, sich darüber zu äußern, warum das Weiße Haus den Fund nicht selbst und auch deutlich früher öffentlich gemacht hatte. Die Unterlagen waren kurz vor den Zwischenwahlen entdeckt worden.

In den USA müssen Regierungsdokumente in der Regel archiviert und für die Nachwelt aufgehoben werden. Anders als nun bei Biden war in Trumps Fall ein Streit mit dem Nationalarchiv vorausgegangen. Es versuchte monatelang erfolglos, von Trump Papiere aus dessen Amtszeit zu bekommen. Trumps Team hatte dem Nationalarchiv schließlich Dokumente übergeben – aber längst nicht alle, wie sich bei einer Durchsuchung durch das FBI im August herausstellte. Trump tut die Untersuchungen gegen ihn immer wieder als „politische Hexenjagd“ ab. Er hatte im November erklärt, bei der Präsidentschaftswahl 2024 noch einmal antreten zu wollen.