Brasilien: Ermittlungen gegen Bolsonaro

Nach der gewaltsamen Stürmung des Präsidentenpalasts in Brasília wird in der Sache nun auch gegen Ex-Präsident Jair Bolsonaro ermittelt. Ein Richter von Brasiliens Oberstem Gerichtshof gab der Forderung der Generalstaatsanwaltschaft statt, den Politiker auf eine Liste von Menschen zu setzen, gegen die wegen der Gewalt am 8. Jänner ermittelt werden soll. Bolsonaro hält sich derzeit in den USA auf.

Mit der Veröffentlichung eines Videos, das „die Rechtmäßigkeit der Präsidentschaftswahlen 2022 in Frage stellt“, habe der Rechtsradikale „öffentlich zur Begehung eines Verbrechens angestiftet“, so die Staatsanwaltschaft. Das Video wurde zwei Tage nach der gewaltsamen Stürmung des Präsidentenpalasts, des Kongresses und des Obersten Gerichtshofs durch Anhänger Bolsonaros veröffentlicht und später gelöscht.

Debatte über Bolsonaros Kreditkartenspesen

Riesige Ausgaben nicht nur für Backwaren und Eis: Die Offenlegung der Zahlungen des brasilianischen Ex-Staatschefs mit der offiziellen Präsidentenkreditkarte hat unterdessen Fragen aufgeworfen. Die Kreditkartenabrechnungen Bolsonaros während seiner vierjährigen Amtszeit wurden auf einer offiziellen Website der Regierung seines Nachfolgers Luiz Inacio Lula da Silva veröffentlicht.

Die Ausgaben gehören zu einer Reihe von Tausenden Dokumenten, über die Bolsonaro eine hundertjährige Geheimhaltung verhängt hatte, die sein Nachfolger für hinfällig erklärt hat. Demzufolge wurden insgesamt 27,6 Millionen Real (rund fünf Millionen Euro) mit der Kreditkarte ausgegeben, auf die neben Bolsonaro noch 21 Mitglieder seines Teams Zugriff hatten.

Beispielsweise wurden rund 217.000 Euro während der offiziellen Weihnachtsurlaube Bolsonaros in den Jahren 2019, 2020 und 2021 ausgegeben. Eine Zahlung von fast 13.000 Euro wurde am 2. Jänner 2022 an einer Tankstelle im südlichen Bundesstaat Santa Catarina getätigt, wo Bolsonaro für Aufsehen gesorgt hatte, als er Jetski fuhr, während mehrere Regionen Brasiliens von Überschwemmungen heimgesucht wurden.

20.000 Euro für Restaurant

Die größte Ausgabe für Lebensmittel ist auch diejenige, die die meisten Fragen aufwirft: Rund 20.000 Euro, die auf einen Schlag in einem bescheidenen Restaurant in Boa Vista im nördlichen Amazonasstaat Roraima ausgegeben wurden. Das reicht aus, um mehr als 2.000 Portionen des teuersten Gerichts auf der Speisekarte, ein mit Maniokmehl gebratenes Huhn, zum Preis von neun Euro zu bestellen.

Die Kreditkarte des Präsidenten wurde auch verwendet, um in vier Jahren insgesamt 65.000 Euro in einer Bäckerei in Rio de Janeiro zu bezahlen, fast 10.000 Euro davon in zeitlicher Nähe zur Hochzeit seines Sohnes Eduardo. In Eisdielen wurden insgesamt rund 1.500 Euro ausgegeben – bei 62 Einkäufen in fünf Betrieben.

Bolsonaro hatte sich während seiner Amtszeit mehrfach damit gebrüstet, im Gegensatz zu seinen Vorgängern „keinen einzigen Cent“ mit der Kreditkarte des Präsidenten ausgegeben zu haben.