Brasilien: Staatsanwalt will gegen Bolsonaro ermitteln

Die brasilianische Generalstaatsanwaltschaft will wegen der Krawalle in Brasilia gegen Ex-Präsident Jair Bolsonaro wegen mutmaßlicher „Anstiftung und geistiger Urheberschaft“ ermitteln. Sie habe den Obersten Gerichtshof gebeten, Bolsonaro auf eine Liste von Menschen zu setzen, gegen die ermittelt werden solle, teilte die Behörde gestern mit. Der Gerichtshof gab der Forderung statt.

Mit der Veröffentlichung eines Videos, das „die Rechtmäßigkeit der Präsidentschaftswahlen 2022 infrage stellt“, habe der Rechtsradikale „öffentlich zur Begehung eines Verbrechens angestiftet“, hieß es in der Erklärung. Das Video wurde zwei Tage nach der gewaltsamen Stürmung des Präsidentenpalasts, des Kongresses und des Obersten Gerichtshofs durch Anhänger Bolsonaros veröffentlicht und später gelöscht.

Die Generalstaatsanwaltschaft erklärte, dass das Video, obwohl es nach den Krawallen aufgenommen wurde, als „beweiskräftiger Zusammenhang“ dienen kann, der „eine globale Untersuchung der Handlungen des Angeklagten vor und nach dem 8. Jänner 2023“ rechtfertigt.

Debatte über Bolsonaros Kreditkartenspesen

Die Offenlegung der Zahlungen des brasilianischen Ex-Staatschefs mit der offiziellen Präsidentenkreditkarte warfen unterdessen Fragen auf. Die Kreditkartenabrechnungen des Präsidenten während seiner vierjährigen Amtszeit wurden auf einer offiziellen Website der Regierung seines Nachfolgers Luiz Inacio Lula da Silva veröffentlicht.

Die Ausgaben gehören zu einer Reihe von Tausenden Dokumenten, über die Bolsonaro eine hundertjährige Geheimhaltung verhängt hatte, die sein Nachfolger für hinfällig erklärt hat. Demzufolge wurden insgesamt 27,6 Millionen Real (rund fünf Millionen Euro) mit der Kreditkarte ausgegeben, auf die neben Bolsonaro noch 21 Mitglieder seines Teams Zugriff hatten.

Beispielsweise wurden rund 217.000 Euro während der offiziellen Weihnachtsurlaube Bolsonaros in den Jahren 2019, 2020 und 2021 ausgegeben. Eine Zahlung von fast 13.000 Euro wurde am 2. Jänner 2022 an einer Tankstelle im südlichen Bundesstaat Santa Catarina getätigt, wo Bolsonaro für Aufsehen gesorgt hatte, als er Jetski fuhr, während mehrere Regionen Brasiliens von Überschwemmungen heimgesucht wurden.

20.000 Euro für Restaurant

Die größte Ausgabe für Lebensmittel ist auch diejenige, die die meisten Fragen aufwirft: rund 20.000 Euro, die auf einen Schlag in einem bescheidenen Restaurant in Boa Vista im nördlichen Amazonas-Staat Roraima ausgegeben wurden. Das reicht aus, um mehr als 2.000 Portionen des teuersten Gerichts auf der Speisekarte, ein mit Maniokmehl gebratenes Huhn, zum Preis von neun Euro zu bestellen.

Die Kreditkarte des Präsidenten wurde auch verwendet, um in vier Jahren insgesamt 65.000 Euro in einer Bäckerei in Rio de Janeiro zu bezahlen, fast 10.000 Euro davon in zeitlicher Nähe zur Hochzeit seines Sohnes Eduardo. In Eisdielen wurden insgesamt rund 1.500 Euro ausgegeben – bei 62 Einkäufen in fünf Betrieben.

Bolsonaro hatte sich während seiner Amtszeit mehrfach damit gebrüstet, im Gegensatz zu seinen Vorgängern „keinen einzigen Cent“ mit der Kreditkarte des Präsidenten ausgegeben zu haben.