der britisch-iranische Ex-Spitzenpolitiker Aliresa Akbari
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Doppelstaatsbürger getötet

London droht Teheran nach Hinrichtung

Nach der Hinrichtung eines britisch-iranischen Doppelstaatsbürgers droht London Teheran mit Konsequenzen. Der frühere Spitzenpolitiker und Vizeminister Aliresa Akbari wurde diese Woche gehängt. Er hatte sich wegen Spionagevorwürfen seit Jahren in Haft befunden. Der britische Premierminister Rishi Sunak sprach von einer feigen Tat, ausgeführt von einem „barbarischen Regime“.

Akbari, der laut aktuellen Medienberichten wegen des Vorwurfs der Spionage für Großbritannien, des Geheimnisverrats und der Korruption zum Tod verurteilt worden war und sich bereits seit 2019 in Haft befunden haben soll, war zwischen 1997 und 2002 stellvertretender iranischer Verteidigungsminister.

Seine Familie wies die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mehrfach vehement zurück. Nach einem Bericht der BBC vom Samstag war seinen Angehörigen am Mittwoch die Möglichkeit eines „letzten Besuchs“ bei Akbari angeboten worden, seine Ehefrau sagte, er habe sich zu diesem Zeitpunkt in Isolationshaft befunden.

„Grausame und feige Tat“

Großbritanniens Regierungschef Sunak reagierte entsetzt auf die Nachricht über die Hinrichtung und nannte diese laut BBC eine „grausame und feige Tat“, ausgeführt von einem „barbarischen Regime“. Die politisch Verantwortlichen in der Islamischen Republik zeigten „keinen Respekt vor den Menschenrechten ihres eigenen Volkes“. Seine Gedanken seien „bei Aliresas Freunden und Familie“. Der britische Außenminister James Cleverly erklärte, die Hinrichtung werde nicht ohne Folgen bleiben.

Die iranische Nachrichtenagentur Mizan berichtete, Akbari sei gehängt worden, ohne jedoch einen Zeitpunkt der Hinrichtung zu nennen. Zuvor war laut BBC ein Video veröffentlicht worden, das ein mutmaßlich erpresstes Geständnis des britisch-iranischen Doppelstaatsbürgers gezeigt habe. Das iranische Regime habe ihn als „einen der wichtigsten Agenten des britischen Geheimdienstes“ im Land bezeichnet.

„3.500 Stunden gefoltert“

In einer Audiobotschaft habe der frühere Spitzenpolitiker die Vorwürfe gegen ihn bestritten und von einem durch Folter erpressten Geständnis vor der Kamera gesprochen. Als er seinerzeit im Ausland gelebt habe, sei er von einem iranischen Spitzendiplomaten, der auch in die Atomverhandlungen mit der internationalen Gemeinschaft eingebunden gewesen sei, zu einem Besuch in seine Heimat eingeladen worden. Einmal dort, sei er mit den Spionagevorwürfen konfrontiert, verhört und „über mehr als 3.500 Stunden gefoltert“ worden – physisch und psychisch.

Sein Wille sei gebrochen, er „in den Wahnsinn getrieben“ und dazu gezwungen worden, „zu tun, was immer sie wollten“. Mit vorgehaltener Waffe und Todesdrohungen sei er zu falschen Geständnissen gezwungen worden. Akbari habe auch von seiner bevorstehenden Hinrichtung als einem Akt der Rache an Großbritannien gesprochen.

An Atomverhandlungen in Wien beteiligt

Die iranische Nachrichtenagentur Mizan berichtete am Samstag, der 61-jährige frühere Spitzenpolitiker sei wegen „Korruption“ und „Gefährdung der inneren und der äußeren Sicherheit des Landes wegen der Weitergabe von Informationen“ an das Vereinigte Königreich zum Tode verurteilt worden. Er sei ein Spion für den britischen Auslandsgeheimdienst MI6 gewesen und habe für seine Arbeit rund zwei Mio. Dollar (rund 1,84 Mio. Euro) erhalten.

Zwischen 1997 und 2002 war Akbari Vizeverteidigungsminister im Iran. Minister war damals Ali Schamchani, der inzwischen Sekretär des Sicherheitsrats ist, des wichtigsten Entscheidungsgremiums des Landes. Zwischen 2014 und 2015 hatte Akbari als militärischer Berater die Iran-Delegation zu den Atomverhandlungen in Wien begleitet.

Dutzende Doppelstaatsbürger in Haft

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilte die Hinrichtung Akbaris im Onlinedienst Twitter als „abscheulichen Angriff“ Teherans auf das „Recht auf Leben“. Sie forderte die britische Regierung auf, die Vorwürfe der Folter, der Akbari ausgesetzt gewesen sein soll, „vollständig zu untersuchen“.

Derzeit befinden sich laut BBC im Iran Dutzende Personen mit Doppelstaatsbürgerschaft in Haft, zumeist wegen des Vorwurfs der Spionage. London hatte wegen des repressiven Vorgehens Teherans gegen Oppositionelle Sanktionen gegen die Islamische Republik verhängt.

Auch Frankreich verurteilte die Hinrichtung auf das Schärfste. Der iranische Botschafter sei erneut einbestellt worden, um ihm die französische Empörung zum Ausdruck zu bringen, teilte das Außenministerium in Paris mit. Die wiederholten Verstöße des Iran gegen das Völkerrecht dürften nicht unbeantwortet bleiben, insbesondere was die Behandlung ausländischer Staatsangehöriger betrifft. Nach französischen Angaben werden vom Iran derzeit sieben Franzosen festgehalten. Deutschland protestierte ebenfalls scharf und bestellte den iranischen Botschafter für Montag in das Auswärtige Amt.

Kritik für Iran „bedeutungslos“

Nach den Protesten in London bestellte das Außenministerium in Teheran seinerseits den britischen Botschafter ein. Die britischen Einmischungen und Äußerungen bezüglich des wegen Spionage hingerichteten Ex-Politikers seien bedeutungslos, da laut iranischen Gesetzen die Doppelstaatsbürgerschaft im Land nicht anerkannt sei. Anstatt einen Spion zu unterstützen, sollte die britische Regierung die „unkonventionellen Kontakte“ mit iranischen Offiziellen und somit auch die Gefährdung der nationalen Sicherheit des Iran erklären, hieß es.