Der unter dem Namen „U siccu“ (sizilianisch für „der Dürre“) bekannte Mafia-Boss war in Abwesenheit für Dutzende von Morden zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Nachrichtenagentur ANSA nennt unter anderem den Mord an dem zwölfjährigen Giuseppe Di Matteo im Jahr 1996, Bombenanschläge von 1993 in Mailand, Florenz und Rom sowie die Ermordung der beiden Mafia-Jäger Giovanni Falcone und Paolo Borsellino als Beispiele.
Messina Denaro tauchte im Jahr 1993 unter. Nachdem zahllose Versuche, ihn zu fassen, gescheitert waren, wurde Messina Denaro am Montag in der im Stadtteil San Lorenzo gelegenen Klinik La Maddalena Spa gefasst. Dort hielt sich Messina Denaro auf, „um sich behandeln zu lassen“, wie Pasquale Angelosanto, der Chef des Spezialkommandos der Carabinieri, sagte. Er soll einen Tumor gehabt haben, berichtete die Zeitung „Corriere della Sera“.
Suche nach Komplizen läuft
Laut ANSA wurde Messina Denaro in der Spezialklinik für Onkologie, laut Bericht eine der führenden des Landes, unter dem falschen Namen „Andre Bonafede“ operiert und chemotherapeutisch behandelt. „Wir hatten keine Ahnung, dass wir Messina Denaro in Behandlung hatten“, sagte ein Arzt der Klinik.
Wie die Ermittlungsbehörden am Montagnachmittag bei einer Pressekonferenz mitteilten, sei die Suche nach Komplizen, die seine langjährige Flucht begünstigt haben sollen, weiter im Gange. Geprüft wird auch, ob in der Klinik jemand über die wahre Identität Messina Denaros informiert sei.
In Hochsicherheitsgefängnis gebracht
Als die Polizei Messina Denaro im Krankenhaus bemerkte, versuchte er zu flüchten, wurde jedoch festgenommen und in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht.
In Privatklinik verhaftet
Er ist der Boss der sizilianischen Cosa Nostra und war der meistgesuchte Verbrecher Italiens: Nach drei Jahrzehnten auf der Flucht ist der Mafioso Matteo Messina Denaro in einer Privatklinik in Palermo verhaftet und abgeführt worden.
Auf einem Handyvideo ist offenbar zu sehen, wie Messina Denaro von Sondereinsatzkräften aus der Klinik abgeführt wird. Auf weiteren, in sozialen Netzwerken veröffentlichten Aufnahmen sei zudem zu sehen, wie Menschen in Palermo applaudieren. Auf einem ersten von den Carabinieri verbreiteten Foto aus einem Auto ist Messina Denaro neben zwei Polizisten zu sehen. Er trägt eine helle Haube und eine Sonnenbrille.
Nachfolger von Riina und Provenzano
Messina Denaro gilt als mächtigster Mann der sizilianischen Mafia und als Nachfolger des am 15. Jänner 1993 in Palermo gefassten und 2017 in einem Hochsicherheitsgefängnis gestorbenen „Bosses der Bosse“ Salvatore „Toto“ Riina. Dessen Corleone-Familie war mit Messina Denaros Vater Ciccio eng verbündet. Italienische Medien zitieren am Tag der Festnahme unter anderem auch aus einem Brief, den Messina Denaro nach den Anschlägen in Rom, Mailand und Florenz an seine damalige Verlobte Angela geschrieben habe: „Du wirst hören, wie die Leute über mich reden, sie werden mich als Teufel darstellen, aber das sind alles Unwahrheiten“.
Jahrelang gab es von Messina Denaro lediglich ein Phantombild aus den frühen 1990er Jahren. Das Bild wurde dann mit einem neuen Computerprogramm aktualisiert, das den Alterungsprozess bis ins kleinste Detail berücksichtigte. Im jüngsten Bild erscheint Messina Dennaro sichtlich gealtert und mit schütterem Haar.
In den vergangenen Jahren war Messina Denaro bei Razzien auf Sizilien der Festnahme knapp entgangen. Der Boss hatte die Cosa Nostra nach der Festnahme des Paten Bernardo Provenzano im Jahr 2006 übernommen. Laut Polizei hatte er zuletzt öfters Auslandsreisen unternommen. Seine Geschäftstätigkeit habe der Mafia-Boss auf Venezuela ausgedehnt.
„Historisch“
Die Festnahme Messina Denaros bezeichnete die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni als großen Sieg für den Staat. Sie dankte den Ermittlern für „die Festnahme des wichtigsten Vertreters der Mafia“. „Die Regierung sorgt dafür, dass der Kampf gegen die Mafia-Kriminalität unvermindert fortgesetzt wird“, so Meloni. Innenminister Matteo Piantedosi nannte die Verhaftung „historisch“.
Der aus Palermo stammende italienische Staatschef Sergio Mattarella, dessen Bruder Piersanti in den 1980er Jahren von der Mafia ermordet wurde, gratulierte den Ermittlern zur Festnahme.
Auch Palermos Bürgermeister Roberto Lagalla kommentierte die Verhaftung: „Die Festnahme des Bosses Messina Denaro ist ein großer Sieg für den Staat und ein Wendepunkt im Kampf der Institutionen und der Strafverfolgungsbehörden gegen die Mafia. Mein herzlicher Dank gilt allen Ermittlern“.